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19. 03. 2024
Denkmale in Erfurt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Matthias Stier   
27. 02. 2007
Beitragsinhalt
Überblick
Vor 1400
1401 - 1500
1501 - 1600
1601 - 1806
1806 - 1814
1814 - 1870
1870 - 1900
1901 - 1919
1919 - 1933
1933 - 1945
1945 - 1949
1949 - 1990
1990 - heute
Legende-Literatur

1945 - 1949

 
Beate-Gedenktafel

Standort: Kurt-Beate-Straße, o Ecke Einmündung in Ernst-Toller-Straße
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Beate-Gedenktafel
Kurt-Beate-Straße
Kurt-Beate-Straße

Beate, Kurt, geb. 21.03.1906 Erfurt, gest. 25.02.1933 Erfurt; Heizungsmonteur in der Kesselfabrik Hagans, Mitglied des Metallarbeiterverbandes und sei 1931 der KPD, aktiver Sportler.
„Am Abend des 19. Februar 1933 befanden sich einige Sportler auf dem Heimweg von einer Veranstaltung, als sie an der Ecke Blücher-/Bülowstraße (heute Breitscheid-/ Josef-Ries-Str.) von entgegenkommenden SA-Männern angepöbelt wurden,  weil sie Arbeiterlieder gesungen hatten. Ein SA-Mann zog dabei eine Waffe und schoss. Der parteilose Friseur Werner Uhlworm war sofort tot, Kurt Beate verstarb sechs Tage später an den Folgen seiner Verletzungen. Die Morde wurden nicht juristisch verfolgt.“ (DT, 5, 8)

Weitere Ehrungen für Kurt Beate:
Kurt-Beate-Straße (1945),
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984), erste Namenstafel (von links)

 

Bebel-Gedenktafel

Standort: Bebelstraße, n Ecke Einmündung in Magdeburger Allee
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Bebel-Gedenktafel
Bebelstraße
Bebelstraße

Bebel, August, geb. 22.02.1840 Köln, gest. 13.08.1913 Passug (Schweiz), Mitbegründer und Führer der Sozialdemokratie, Drechslermeister, schloss sich 1861 in Leipzig der Arbeiterbewegung an, 1866 gründete er mit W. Liebknecht die Sächsische Volkspartei und wurde im selben Jahr in den Reichstag des Norddeutschen Bundes gewählt. Unter dem Einfluss Liebknechts wandte er sich dem Marxismus zu und wurde zum scharfen Kritiker Lasalles und des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV). In Vorbereitung des Eisenacher Parteitages sprach Bebel am 14.06.1869 im Erfurter Ratskeller. Seine Rede dort zur sozialen und wirtschaftlichen Lage, in der er die Notwendigkeit der Vereinigung der verschiedenen Richtungen der deutschen Arbeiterbewegung betonte, fand die Zustimmung der Erfurter Arbeiter. Ihm ist zu verdanken, dass sämtliche Mitgliedschaften des Erfurter ADAV der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands beitraten.
Vom 15.-21.10.1891 fand unter Leitung von Bebel und Liebknecht im „Kaisersaal“ in der Futterstraße der Erfurter Parteitag statt, auf dem das Erfurter Programm beschlossen wurde, an dessen Ausarbeitung Bebel maßgeblich beteiligt war.
„Bebel als einer der beiden Vorsitzenden des sozialdemokratischen Parteivorstandes, hatte am 23.11.1897 im 'Kaisersaal' auf einer Wahlversammlung die volksfeindliche Politik der herrschenden Klassen – auch mit konkreten Bezug auf die bürgerlichen Parteien in Erfurt – scharf gebrandmarkt. Hieraus wurde vom politischen Gegner versucht, der Sozialdemokratischen Partei die Schuld an der sogenannten 'Erfurter Aufruhr“ vom 24.-27.5.1898 zuzuweisen, was Bebel als Verleumdung der Sozialdemokratie am 15.12.1898 im Reichstag entschieden zurückwies. (DT, 5)
Bebelstraße 1945

 

Breitscheid-Gedenktafel

Standort: Breitscheidstraße, gegenüber Einmündung Josef-Ries-Straße
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Breitscheid-Gedenktafel
Breitscheidstraße
Breitscheidstraße

Breitscheid, Rudolf, geb. 02.11.1874 Köln, gest. 24.08.1944 an den Folgen seiner während eines Bombenangriffs auf das KZ Buchenwald erlittenen Verletzungen; sozialdemokratischer Politiker, Mitglied der SPD seit 1912, war von November 1918 bis Januar 1919 preußischer Innenminister, von 1920 bis 1933 Mitglied des Reichstages und außenpolitischer Sprecher der SPD, 1926 bis 1930 Mitglied der deutschen Völkerbundkommission. 1933 ging er über die Schweiz nach Frankreich ins Exil, 1940 lieferte ihn das Vichyregime an die Gestapo aus. (DT, 5)

Weitere Ehrungen für Rudolf Breitscheid:
Breitscheidstraße (1945)

 

Büchner-Gedenktafel

Standort: Fritz-Büchner-Straße, n Ecke Einmündung in Stauffenbergallee
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Büchner-Gedenktafel
Fritz-Büchner-Straße
Fritz-Büchner-Straße

Büchner, Fritz (Friedrich), geb. 02.02 1889 Erfurt, gest. 05.12.1933 Erfurt; antifaschistischer Widerstandkämpfer, seit 1919 Mitglied der KPD, Betriebsratsmitglied bei der Firma Topf & Söhne, wegen seiner Teilnahme an den Abwehrkämpfen der Arbeiter in Mitteldeutschland entlassen, nutzte er seine spätere Tätigkeit als Kraftfahrer für die illegale Arbeit. 1933 leitete er eine Widerstandsgruppe, er wurde deshalb verhaftet und auf dem Petersberg ermordet. (DT, 5)

Weitere Ehrungen für Fritz Büchner:
Fritz-Büchner-Straße (1945),
Opfer des Faschismus-Ehrenmal I (1946), Urnengedenkstein,
Schutzhaft-Lager-Gedenktafel, Feldstraße 18,
Antifaschisten-Gedenktafel, Petersberg,
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984), erste Namenstafel (von links)

 

Eiling-Gedenktafel

Standort: Richard-Eiling-Straße, w Ecke Einmündung in Schillerstraße
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Eiling-Gedenktafel
Eiling-Straße
Eiling-Straße

Eiling, Richard, geb. 25.11.1889 Kleinwerther, Kreis Nordhausen, gest. 16.03.1943 Zuchthaus Brandenburg; Schriftsetzer, zunächst in der SPD organisiert, seit 1919 Mitglied der KPD, während der Novemberrevolution Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates in Erfurt, maßgeblich beteiligt am Aufbau des Organs der KPD für Großthüringen und den Regierungsbezirk Erfurt „Das rote Echo“, erster Geschäftsführer des Thüringer Volksverlages GmbH Erfurt. Eiling organisierte 1931 den Aufbau der Druckerei der Kommunistischen Partei in Oslo, wurde 1933 aus Norwegen ausgewiesen und war danach illegaler Parteikurier zwischen Berlin, dem Saarland und der Schweiz, emigrierte nach Frankreich, wo er 1940 interniert und nach Einmarsch der deutschen Truppen an die Gestapo ausgeliefert wurde. Er wurde zu einer langjährigen Zuchthausstrafe verurteilt, die er im Zuchthaus Brandenburg verbüßte, wo er 1943 starb. (DT, 5)

Weitere Ehrungen für Richard Eiling:
Richard-Eiling-Straße (1945),
Opfer des Faschismus-Ehrenmal I (1946), Urnengedenkstein,
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984), erste Namenstafel (von links)

 

Liebknecht-Gedenktafel

Standort: Liebknechtstraße, n Ecke Einmündung in Fritz-Büchner-Straße; auf gegenüberliegender Seite der Kreuzung weiter in n Richtung als Rosa-Luxemburg-Straße
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Liebknecht-Gedenktafel
Liebknechtstraße
Liebknechtstraße

Liebknecht, Karl, geb. 13.08.1871 Leipzig, gest. 15.01.1919 Berlin, Sohn des Mitbegründers der Sozialdemokratie Wilhelm Liebknecht (1826 bis 1900); führender linker Sozialdemokrat, Mit Mitbegründer der KPD. Liebknecht lebte seit 1899 als Rechtsanwalt in Berlin. Seit 1912 war er Mitglied es Reichstages, er lehnte als zunächst einziger Reichstagsabgeordneter 1914 die Kriegskredite ab. 1919 wurde er gemeinsam mit Rosa Luxemburg von Freikorpsangehörigen ermordet. (DT, 5)

Weitere Ehrungen für  Karl Liebknecht:
Liebknechtstraße (1945)

 

Luxemburg-Gedenktafel

Standort: Rosa-Luxemburg-Straße, o Ecke Einmündung in Fritz-Büchner-Straße; auf gegenüberliegender Seite der Kreuzung weiter in so Richtung als Liebknechtstraße
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Luxemburg-Gedenktafel
Rosa-Luxemburg-Straße
Rosa-Luxemburg-Straße

Luxemburg, Rosa, geb. 03.03.1871 Zamosc (Polen), gest. 15.01.1919 Berlin; führende linke Sozialdemokratin und marxistische Theoretikerin, Mitbegründerin des Spartakusbundes und der KPD, 1919 von konterrevolutionären Offizieren ermordet. (DT, 5)

Weitere Ehrungen für Rosa Luxemburg:
Rosa-Luxemburg-Straße (1945)

 

Ries-Gedenktafel

Standort: Josef-Ries-Straße, o Ecke Ernst-Toller-Straße, Einmündung in Liebknechtstraße
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Ries-Gedenktafel
Josef-Ries-Straße
Josef-Ries-Straße

Ries, Josef, geb. 07.11.1900 Bochum, gest. 28.06.1933 Erfurt; Buchhändler, Redakteur. Ries arbeitete nach Abschluss seiner Lehre in der Buchhandlung Villaret in Erfurt. 1919 war er Mitbegründer des Verlages „Der Aufgang“ und Herausgeber der gleichnamigen Zeitschrift, von der nur ein Jahrgang erschien. 1921 wurde er Mitglied des KJVD und 1923 der KPD. Ab 1928 war Ries Redakteur kommunistischer Zeitungen in Thüringen. Seine letzte öffentliche Rede hielt er am 23.02.1933 am Grabe des von der SA ermordeten Arbeitersportler Werner Uhlworm.
Josef Ries, Heinz Sendhoff und Chaim Wulf (Waldemar) Schapiro wurden von den Nazis im Auftrag des Polizeipräsidenten Werner von Fichte ermordet.
Am 09.03.1933 wurde Ries verhaftet, in Schutzhaft genommen und am 28.06.1933 zusammen mit noch vier weiteren Kameraden an die SA zum „Verhör“ übergeben. Auf dem Gelände des Polizeihundevereins im Blumenthal wurden alle fünf aufs grausamste misshandelt. Die Schreie der Gemarterten konnte weit im Umkreis gehört werden. Nachdem Ries bereits bewusstlos zusammen gebrochen war, wurde er mit zwei Schüssen  vollends getötet. Diese Schreckenstat war aber nur die Einleitung zu massenhaften Folterungen an wehrlosen Gefangenen. Wöchentlich zweimal, mittwochs und sonnabends, wurden aus dem Lager in der Feldstraße und vom Petersberg eine Anzahl Inhaftierter zum SA-“Verhör“ geführt.
Sendhoff und Schapiro wurden in der ersten Julihälfte 1933 in einem Garten im Steigerwald (an der Arnstädter Chaussee zwischen Hubertus und Waldschlößchen) ermordet.
Bis dahin wurden 40-50 Gefangene gefoltert (auch Frauen). Einige von ihnen wurden zu Krüppeln geschlagen. Diese Morde und Folterungen erfolgten unter persönlicher Leitung des berüchtigten SA-Sturmführers Walter Laudien. (DT, 5)

Weitere Ehrungen für Josef Ries:
Josef-Ries-Straße (1945),
Opfer des Faschismus-Ehrenmal I (1946), Urnengedenkstein,
Schutzhaft-Lager-Gedenktafel, Feldstraße 18,
Antifaschisten-Gedenktafel , Petersberg,
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984), erste Namenstafel (von links)

 

Sailer-Gedenktafel

Standort: Hans-Sailer-Straße, o Ecke Einmündung in Papiermühlenweg
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Sailer-Gedenktafel
Sailerstraße
Sailerstraße

Sailer, Hans, geb. 11.05.1878, gest. 24.10.1944 Ichtershausen; Mitglied der SPD, Gewerkschaftssekretär, 1933 nach dem Verbot der Gewerkschaften verhaftet, 1944 im Gefängnis Ichtershausen ermordet. (DT, 5)

Weitere Ehrungen für Hans Sailer:
Hans-Sailer-Straße (1945),
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984), erste Namenstafel (von links)

 

Schapiro-Gedenktafel

Standort: Schapirostraße, n Ecke Einmündung in Stauffenbergallee
Einweihung: vermutlich 1945 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Schapiro-Gedenktafel
Schapirostraße
Schapirostraße

Schapiro, Chaim Wulf (nannte sich später Waldemar), geb. 26.06.1893 Ropis (Russland) als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie, gest. 15.07.1933 Erfurt. Schapiro war das erste jüdische Opfer nach 1933 in Erfurt. Er hatte vor dem I. Weltkrieg in Heidelberg Medizin studiert und war nach Kriegsausbruch als Bürger eines feindlichen Staates interniert worden. Nach dem I.Weltkrieg heiratete er die Erfurterin Lucia Reinhardt und eröffnete in Erfurt einen Papier- und Bürowarenhandel. Er hatte bereits in den 1920er Jahren Verbindung zur KPD, ohne selbst Mitglied zu sein. Er unterstützte die KPD in Erfurt bei der illegalen Herausgabe des verbotenen „Thüringer Volksblattes“ durch die Lieferung von Papier und Wachsmatrizen. Im April 1933 wurde er verhaftet und am 15.07.1933 nach grausamen Folterungen durch den berüchtigten SA-Sturm Laudin im Steigerwald (auf demselben Gartengrundstück wie Sendhoff) erschlagen. Ihn ließen die Mörder einfach liegen. Von Spaziergängern wurde die Leiche gefunden und in der Leichenhalle abgegeben. (siehe auch unter Ries-Gedenktafel) (DT, 5)

Weitere Ehrungen für Schapiro:
Schapirostraße (1945),
Opfer des Faschismus-Ehrenmal I (1946), Urnengedenkstein,
Schutzhaft-Lager-Gedenktafel , Feldstraße 18,
Antifaschisten-Gedenktafel, Petersberg,
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984), erste Namenstafel (von links)

 

Bombenopfer Frühjahr 1945 Ehrenhain

Standort: Südpark, Friedrich-Ebert-Straße, o Steigerwaldstadion
Einweihung: nach 1945
Inschrift des Gedenksteines: „Hier ruhen / Bombenopfer des Frühjahrs 1945“

Gedenkstein
Ehrenhain
Ehrenhain für die letzten Kriegsopfer 1945 im Südpark

Hier ruhen 108 deutsche Tote in Einzelgräbern. Die meisten davon sind Opfer alliierter Luftangriffe vom 29. bis 31. März 1945 auf Erfurt.
Unter den hier Ruhenden befinden sich auch Opfer der letzten Kriegshandlungen durch Artilleriebeschuss im April 1945, denen nicht nur ihr Sterbedatum auf den Grabsteinen, sondern auch die tragischen letzten Stunden und der Ort gemeinsam sind, deren Schicksal hier erzählt sein soll:
Am 10. April 1945 bewegten sich US-Truppen, begleitet von Kanonendonner, aus Richtung SW auf Erfurt zu. „Feindalarm“ wurde mittags ausgelöst, Hausbewohner suchten in bereits eingespielten Abläufen die Schutzräume auf. Aber zu Bombardierungen kam es zum Glück nicht mehr, weil die Amerikaner bereits zu weit an die Stadt heran vorgerückt waren.
Dagegen brachte der Morgen des darauffolgenden Mittwoch, den 11. April intensiv geführten Artilleriebeschuss auf die Stadt, der stellenweise mit Unterbrechungen 24 Stunden andauerte. Dabei waren letztmalig in Erfurt Kriegsverluste an Menschen und Zerstörungen zu beklagen. Beim längsten Beschuss auf die Kommandozentrale auf dem Petersberg wurden auch Gebäude des Olympia-Werkes (Büromaschinen) und das NW Angereck zerstört.
Ein anderes Ziel bildete der Erfurter Süden. Im Steigerwald wurden von US-Aufklärern von der Bergkaserne über „Stern“ bis an den sw Waldrand viel Kriegsgerät und Munitionskisten ausgemacht. So ging die US-Armeeführung berechtigterweise von einer möglichen erhöhten Gegenwehr in diesem Bereich aus. In der Folge richteten die US-Truppen ihre Haubitzen mittleren Kalibers an jenem 11. April auch auf das Dichterviertel, rund um den Hopfenberg, zwischen Goethe- und Grimmstraße.
Zehn Einschläge wurden gezählt, die sich fast nur auf Gebäudeschäden ohne Verletzte beschränkten. Bis auf einen. Der „Volltreffer“ in die Waschküche des damaligen Hauses Nr. 31 in der Grimmstraße, von Zeitzeugen als besonders tragisch geschildert. Der dramatische Ausgang, den das unglücksvolle Geschehen nahm, offenbart exemplarisch die ganze grausame Sinnlosigkeit des Krieges. Ausgerechnet hier suchten vier Frauen, eine mit eigenen Baby wie am Vortag wieder Schutz. Aber der gehofft schützende Raum wurde zur Todesfalle. Eine Granate, von den Höhen des Steigerwaldes abgefeuert, schlug genau in diese Waschküche ein und explodierte. Die vier Frauen Amhaus, Tschauner, Esser und als junge Mutter Ohlesch starben dabei. Und was war mit dem Baby der getöteten Mutter? In Decken eingehüllt, in eine Zinkbadewanne in der hintersten Ecke des Kellers gelegt, überlebte es wie durch ein Wunder! Eine Familie aus dem Hause nahm sich des verwaisten Kleinstkindes an und pflegte es einige Monate. Danach verlor sich seine Spur mit unbekanntem Schicksal. In selbstloser Hilfe von Nachbarn, wie Herrn Godehardt, der Erste Hilfe leistete und die Toten barg, wurden die vier leblosen Frauen mangels Fahrzeug auf einem vom Hauptbahnhof besorgten Leiterwagen für Gepäcktransport auf den ehemaligen Südfriedhof gebracht und in aller Stille beerdigt. Sie sind auf dem später eingerichteten Ehrenhain im heutigen Südpark, wie in den letzten Atemzügen ihres Lebens, auch noch im Tode vereint. (DT, Gottfried Grünzig, 11.4.2002, gekürzt, verändert) (DT)

 

Polnischer Ehrenhain

Standort: Südpark, Friedrich-Ebert-Straße, o Steigerwaldstadion
Einweihung: nach 1945 / Neueinweihung 8.5.1995
Inschrift: „Hier ruhen polnische Staatsangehörige / die in faschistischen Lagern gestorben sind / [polnische Übersetzung] / 1941 - 1945“

Polnischer Gedenkstein
Polnischer Ehrenhain
Polnischer Ehrenhain

In dem Sammelgrab für polnische Opfer aus umliegenden NS-Lagern ruhen 173 namentlich genannte sowie 118 unbekannte polnische Bürger. Die Inschrift des Gedenksteines lautet: "Hier ruhen polnische Staatsangehörige die in faschistischen Lagern gestorben sind".
Die feierliche Einweihung des restaurierten Ehrenhaines erfolgte am 8. Mai 1995 aus Anlass des 50-jährigen Jahrestages des Kriegsendes durch den ersten Präsidenten des Thüringer Landtages und Vorsitzenden des Landesverbandes Thüringen im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Herrn Dr. Gottfried Müller im Beisein weiterer Repräsentanten des öffentlichen Lebens, Bürgern Erfurts und Angehörigen der Opfer. (DT)

 

Külz-Gedenktafel

Standort: Wilhelm-Külz-Straße, sw Ecke Kreuzung Dalbergsweg
Einweihung: vermutlich 1948 mit der gleichnamigen Straße oder etwas später

Külz-GedenktafelKülz, Wilhelm, geb. 18.02.1875 Borna, gest. 10.04.1948 Berlin; Jurist, Politiker, 1920/23 Abgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei, 1929 Vorsitzender der Partei. Külz war 1922 aktiv an der Abfassung des Rapallo-Vertrages beteiligt. 1926 wurde er Reichsinnenminister, 1930 Oberbürgermeister von Dresden, 1933 von den Faschisten seines Amtes enthoben, nach 1945 einer der Mitbegründer und erster Vorsitzender der LDPD. (DT, 5)

Weitere Ehrungen für Wilhelm Külz:
Wilhelm-Külz-Straße (1948)

 

Opfer des Faschismus-Ehrenmal I

Standort: Hauptfriedhof
Schöpfer: Max Brockert
Einweihung: 1946

Odf I1946 schuf der Erfurter Architekt Max Brockert (1870-1962) eine Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus (OdF).
Max Brockert, Schüler des Architekten Alfred Messel (1853-1909), war mit einer Jüdin verheiratet, die dem Tod im Konzentrationslager Theresienstadt nur mit Mühe entrinnen konnte. Brockert erhielt nach 1933 Berufsverbot. Das Ehrenmal bedeutete dem 76-Jährigen Wiederbeginn und Ende baukünstlerischen Schaffens.

Nach der Wende 1989/90 wurde an der Pylonenbasis der ursprüngliche Vermerk "Opfer des Faschismus" durch den Text "Auch diese Opfer des 1. und 2. Weltkrieges fanden hier ihre Ruhe" ausgetauscht. Darunter setzte man auf drei neuen Schrifttafeln die Namen von 116 gefallenen Soldaten. (RM)

Gedenkstein Unbekannte OdF In der Mitte der o Seite wird eigens auf einem Gedenkstein der Unbekannten Opfer gedacht:
Inschrift: ,,Wir gedenken / der unbekannten / Opfer des Faschismus / 1933-1945."
Ein von steinernen Urnen beidseitig regelmäßig flankierter Ehrenhain führt auf einen Pylonen mit kupferner Feuerschale hin. 26 dicht aneinander gereihte mit Urnen besetzte Gedenksteine tragen die Namen einzelner Opfer, darunter Josef Ries, Waldemar Schapiro und Kurt Beate, die 1933 zu den ersten Opfern des Naziterrors gehörten. An einige wird  auch an weiteren Orten im Stadtbild erinnert, so etwa auf der Schutzhaft-Lager-Gedenktafel in der Feldstraße 18, auf der Antifaschisten-Gedenktafel auf dem Petersberg oder durch Straßenbenennungen, die in der Nachkriegszeit häufig mit einer Gedenktafel verbunden waren. Dazu zeigt die folgende Auswahl Gedenksteine des Ehrenhains im Bild:

 

Buechner-Gedenkstein
Buechner-Gedenkstein
Weitere Ehrungen für Fritz Büchner:
Büchner-Gedenktafel in Fritz-Büchner-Straße
Schutzhaft-Lager-Gedenktafel, Feldstraße 18
Antifaschisten-Gedenktafel, Petersberg,
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984),
erste Namenstafel (von links)
Ries-Gedenkstein
Ries-Gedenkstein
Weitere Ehrungen für Josef Ries:
Ries-Gedenktafel in Josef-Ries-Straße
Schutzhaft-Lager-Gedenktafel, Feldstraße 18
Antifaschisten-Gedenktafel, Petersberg,
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984),
erste Namenstafel (von links)
Uhlworm-Gedenkstein
Uhlworm-Gedenkstein
Weitere Ehrungen für Werner Uhlworm:
Werner-Uhlworm-Straße,
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984),
erste Namenstafel (von links)

 

 

Eiling-Gedenkstein
Eiling-Gedenkstein
Weitere Ehrungen für Richard Eiling:
Eiling-Gedenktafel in Richard-Eiling-Straße
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984),
erste Namenstafel (von links)
Noack-Gedenkstein
Noack-Gedenkstein
Weitere Ehrungen für Fritz Noack:
Zusatzschild Fritz-Noack-Straße
Antifaschisten-Gedenktafel, Petersberg
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984),
erste Namenstafel (von links)
Schapiro-Gedenkstein
Schapiro-Gedenkstein
Weitere Ehrungen für Schapiro:
Schapiro-Gedenktafel in Schapirostraße
Schutzhaft-Lager-Gedenktafel , Feldstraße 18
Antifaschisten-Gedenktafel, Petersberg
Opfer des Faschismus-Ehrenmal II (1984),
erste Namenstafel (von links)

 

 

Jüdischer Friedhof-Gedenkstele

Standort: N-Rand Steigerwald, Werner-Seelenbinder-Straße, o Thüringenhalle
Schöpfer: Sebastian Carow
Einweihung: 1948

Jüdischer Friedhof-GedenksteleJüdischer Friedhof

Auf dem Jüdischen Friedhof am nördlichen Steigerrand erinnert ein Gedenkstein an die 850 Erfurter Juden, die während des nationalsozialistischen Terrors den Tod fanden. Eine vergoldete Widmung "In stillem Gedenken an unsere ermordeten Brüder und Schwestern 1933-1945" breitet sich über die Mitte des oval gewölbten, von Säulen begrenzten Denkmals aus.
Initiiert hat diese Ehrung Max Cars (1894–1961). Er gehörte zu den 15 Erfurter Juden, die nach 1945 in ihre Heimat zurückkehrten und sich an der Wiedergründung der Synagogengemeinde im Jahre 1946 beteiligten. Zu ihrem 1. Vorsitzenden gewählt, zählte Max Cars wie Günter Singer und andere wenige, die den Konzentrationslagern entrinnen konnten, zum harten Kern der zunächst recht kleinen Gemeinde. Sie alle und ihre Gäste nahmen am 12. September 1948 an der Einweihung des Gedenksteins teil. Die Stadt hatte Arbeits- und Materialkosten übernommen und der Steinmetz Sebastian Carow in der Werkstatt seines Bildhauerei- und Grabsteingeschäfts die handwerkliche Arbeit geleistet. Durch den Beschluss des Erfurter Rates vom 31. Mai 1946 war die offizielle Rückgabe des Friedhofs in der damaligen Schützenhausstraße an die Synagogengemeinde erfolgt.
Eröffnet worden war er am 10. September 1878, nachdem sich die 1808 an der Cyriakstraße angelegte Begräbnisstätte für die gewachsene Gemeinde als zu klein erwiesen hatte. 1942 eingeebnet, wurden erhaltene Grabsteine nach 1945 auf den neuen Friedhof überführt, der seiner geplanten Liquidierung nur durch eskalierende Kriegsereignisse entgangen war. (RM)

 

Revolutionsopfer 1848-Gedenktafel

Standort: Anger / Ecke Bahnhofstraße (Angermuseum)
Einweihung: 24. November 1948
Inschrift: „IM VERLAUF DER KÄMPFE AM / 24. NOV. 1848 / DIE HIER AUF DEM ANGER  / UND IN DER BAHNHOFSTRASSE / STATTFANDEN , STARBEN / FÜR DIE FREIHEIT UND EINHEIT / DEUTSCHLANDS / aus Erfurt: / DER SCHNEIDER SPECK / DER TÜNCHER HUHN / DER MÜLLER SCHWANENGEL / DER TÜNCHER MARTIN / DER MÜLLER SCHMIDT / DER TISCHLER ENGEL / DER MAURER WELLNER / DER STEINDRUCKER AUGSBURG / DER TISCHLER BENDHAUS / DER ARBEITER BRÄUTIGAM / aus Hochheim: / DER WEBER HELM / aus Arnstadt: / DER GERBER MÜLLER / aus Königsberg: DER SCHNEIDER STANGE / Zur Ehrung ihres Gedächtnisses wurde diese Tafel / am 24. Nov. 1948 vom Rat der Stadt Erfurt gestiftet

Revolutionsopfer 1848-GedenktafelDie siegreiche Februarrevolution 1848 in Frankreich rief auch in den deutschen  Staaten revolutionäre Volkserhebungen hervor, die in Thüringen bereits in den ersten Märztagen einsetzten. Es folgte die deutsche Bürgerlich-demokratische Revolution von 1848/49.
Ihre objektive Aufgabe bestand

  • in der Vernichtung des reaktionären adligen und junkerlichen Herrschaftssystems,
  • in der Errichtung einer bürgerlich-demokratischen Ordnung und
  • in der historisch längst überfälligen Überwindung der feudalstaatlichen Zersplitterung durch die Bildung eines einheitlichen bürgerlichen Nationalstaates.

Die zur Führung der Revolution berufene Bourgeoisie wollte jedoch die endgültige Durchsetzung ihrer kapitalistischen Gesellschaftsordnung nicht auf revolutionär-demokratischen Wege sondern durch konservativ-liberale Reformen innerhalb der alten Staatsgewalten herbeiführen und brachte damit die Revolution zum Scheitern.

In Erfurt bildeten sich 1848 bald politische Vereine, mit denen die Angehörigen der verschiedenen Klassen und Schichten ihre Interessen und Forderungen Geltung verschaffen wollten. Dabei standen sich die Lager der revolutionären Demokraten und der konservativen Reaktionäre unversöhnlich gegenüber. Als führende Köpfe in den jeweiligen Bewegungen traten hervor:

  • bei den Demokraten die Publizisten und Zeitungsmacher Hermann Alexander Berlepsch (1813-1883) und Goswin Krackrügge (1803-1881), die in ihren Erfurter Blättern bereits frühzeitig die Pariser Februarrevolution ausführlich besprachen und ihr ein Übergreifen auf Deutschland vorhersagten, sowie
  • seitens der Reaktion Generalleutnant Ferdinand von Voß, Festungskommandant von Erfurt und Oberregierungsrat Wilhelm Frhr. von Tettau, Stellvertretender Regierungspräsident.

Bereits Mitte April 1848 bildete sich, maßgeblich befördert durch die Buchhändler und Zeitungsmacher Berlepsch, Conrad Wilhelm Straube und Franz Loes, der „Schutzbürgerverein“, durch den vornehmlich die unteren Schichten, das Proletariat und Kleinbürgertum, die im allgemeinen nicht im Besitz des Bürgerrechts und damit des Wahlrechts waren, den ihnen gebührenden Anteil an der Revolution erhalten sollten. Der Verein erlebte einen rasanten Mitgliederzuwachs, und wurde zur wirksamsten Kraft aus dem demokratisch und republikanisch gesinnten Lager. Vereinszweck war die „Erstrebung größtmöglicher Freiheit innerhalb der gesetzlichen Schranken, Hebung und Förderung des Arbeiterstandes und Vertretung aller Menschenrechte“.
Daneben bestand noch der aus vorrevolutionärer Zeit der heterogene Bürgerhilfsverein. Während dessen Vorsitzender Krackrügge eine Annäherung oder gar einen Zusammenschluss beider Vereine anstrebte, er trat denn auch den „Schutzbürgern“ bei, bemühte sich die Führung des Schutzbürgervereins, Mitglieder aus dem Bürgerhilfsverein zu sich herüberzuziehen. Die Annäherung verlief jedenfalls soweit, dass es zu gemeinsamen Aktionen beider Vereine kam. Am 26. September schloss der Schutzbürgerverein seine ideologische Entwicklung ab, als er auf Antrag von Krackrügge den Namen „Demokratischer Verein“ annahm.

Auf der Gegenseite hatte sich im konservativ-reaktionären und preußisch orientierten Lager ein mit Stöcken bewaffneter „Bürger-Sicherheitsverein“ gebildet, von den Demokraten nur abfällig „Knüppelgarde“ genannt. Er rekrutierte sich aus Vertretern des Offizierskorps und der Staatsbeamtenschaft sowie Liberalen. Ihnen stand wiederum die Bourgeoisie nahe. Dazu gesellte sich Ende Juli der „Verein für konstitutionelle Monarchie“ als Sammelbecken der Erfurter Konservativen, die die Restauration vorrevolutionärer Zustände anstrebten und deshalb von seinen Gegnern prägnant „Absolutistenverein“ genannt wurde. Am 10. Juni 1848 trat als Ableger des Bürger-Sicherheitsvereins noch die militärisch organisierte Bürgerwehr unter dem Befehl von Tettau hinzu.

Ganz wesentlich für den politisch-organisatorischen Bildungsprozess (im doppelten Sinne) der demokratischen Kräfte, um überhaupt erfolgversprechend in das revolutionäre Geschehen eingreifen zu können, war die in Erfurt besonders ausgeprägte Konstellation, dass ihre führenden Köpfe zugleich als Zeitungsmacher publizistisch einen starken Einfluss ausübten. So konnten Krackrügge („Der deutsche Stadt- u. Landbote“), Berlepsch („Thüringer Zeitung“), Straube und Loes („Der Telegraph“, ab Mai 1848) ihre Gefolgschaft umgehend erreichen, über aktuelle Entwicklungen in der Stadt und darüber hinaus informieren sowie Orientierung geben. Als Korrespondenten wurden sie ab Juli 1848 zudem für die führende deutsche Arbeiterzeitung der Revolution, die von Marx und Engels redigierte „Neue Rheinische Zeitung“ tätig, in der dann etwa 50 Artikel zu Erfurt erschienen, so wie auch umgekehrt von dort Artikel in die hiesigen Blätter übernommen wurden.

Im Verlauf der revolutionären Ereignisse 1848 in Erfurt kam es zu drei größeren bewaffneten Auseinandersetzungen, denen die städtische Polizei machtlos gegenüberstand und wohl oft erst gar nicht eingriff.
Den blutigen Auftakt bildeten vom 13.-15. März Unruhen, die vom gestiegenen Bierpreis ausgingen. Als die zur Auflösung der Demonstration beorderte Kompanie des 31. Infanterie-Regiments mit Steinen beworfen wurde, antwortete diese mit gezieltem Feuer und tötete zwei Demonstranten.
Am 3./4. Juni wurden auf dem Anger demonstrierende Arbeiter durch die „Knüppelgarde“ zunächst in ihr Wohnviertel, den 2. Stadtbezirk an der Auguststraße (heute Bahnhofstraße) zurückgedrängt, vermochten jedoch nicht, die am damaligen Geraübergang (heute Juri-Gagarin-Ring) und am Neuerbe errichteten Straßenbarrikaden zu überwinden, die dann vom Militär gestürmt werden mussten.
Zu einer weiteren Zuspitzung der Lage führte die Order vom preußischen Innenministerium, dass die „anarchistischen Zustände in Erfurt“ notwendig mit militärischen Mitteln zu bekämpfen seien. Dem diente auch die Einberufung der Landwehr in Preußen, deren Verhinderung nun zum Hauptziel der Erfurter Demokraten wurde.

Straßenkampf auf dem Anger 1848
Straßenkampf auf dem Anger am 24. November 1848 Farbige Lithographie von H.Jäger nach einer Zeichnung von H.Kruspe

Nachdem die erste Einberufung des Erfurter Landwehrbataillons erfolgreich gestört werden konnte, schafften es die Demokraten unter Berlepsch auch bei der erneuten Einberufung zum 24. November, durch geschickte Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit, dass sich die Mehrzahl der Einberufenen dem Befehlsgehorsam verweigerte. Der Rest wurde zum Landwehrzeughaus (heute Angermuseum), Ecke Anger/Auguststraße zur Einkleidung geführt, wo sich bereits eine große, mit kampftauglichem Gerät „bewaffnete“ Menschenmenge eingefunden hatte, dies zu verhindern. Die alarmierte Bürgerwehr, als „schnelle Eingreiftruppe“ der Reaktion gedacht, war bereits dabei, sich unter dem  demokratischen Einfluss zu wandeln und wurde in dem Getümmel durch die sich zahlreich unter sie mischenden Arbeiter wirkungslos. Damit war die Blockade des Zeughauses durch eine unübersichtlich zusammengesetzte Menschenmenge nur mehr mit militärischen Mitteln aufzulösen. Als dann noch der Ruf „Es lebe die Republik!“ aus der Menge ertönte, sah sich Generalleutnant von Voß veranlasst, über „die Stadt und Festung Erfurt nebst dazugehörigem Rayon“ [nicht den Landkreis] den Belagerungszustand zu verhängen und das Militär gegen die Demonstranten einzusetzen.
Gegen 10 Uhr rückte eine zur Verstärkung heran beorderte Abteilung des 8. Kürassier-Regiments Langensalza gegen die Menge vor. Aus umliegenden Häusern, und wohl auch von der Straße aus, wurden erste Schüsse auf die Kürassiere abgegeben, wobei vier von ihnen fielen. H. Kruspe gab die dramatische Szenerie in einer Zeichnung wieder, auf der aus zwei oberen Fenstern zur Auguststraße (gegenüber dem Zeughaus) und auf dem Anger (vor dem Zeughaus und dort von einem Republikanischen mit schwarz-rot-goldener Armbinde) auf das Militär gefeuert wird – Opfer auf beiden Seiten zu beklagen sind. In der Folge griffen vier Kompanien des 31. Infanterie-Regiments, das bereits im März zum Einsatz kam, in die Kampfhandlungen ein. Es entwickelte sich ein erbitterter Straßenkampf. Nach Warnschüssen wurde in die demonstrierende Menge geschossen, die sich dem beugend, wie Anfang Juni wieder in ihr Quartier an der Auguststraße zurückzog, Barrikaden errichtete, die durch das Militär letztlich gestürmt wurden. Gleiches Schicksal ereilte eine dreiseitige Barrikade in der Johannesstraße / Einmündung Futterstraße vor dem Haus von Berlepsch, dem jedoch die glückliche Flucht gelang und der später wie Staube und Loes ins Exil ging.
Noch vor Eintritt der Dunkelheit war der Volksaufstand des 24. November beendet. Die beiderseits opferreiche Bilanz: Bei den Demokraten waren 13 Tote zu beklagen, beim Militär sieben Soldaten – junge Männer zwischen 19 und 23 Jahren – gefallen. Später wurden sieben Aufständische standrechtlich zum Tode verurteilt.
Die gefallenen Aufständischen wurden „in der Stille der Erde übergeben, weil die hiesige Geistlichkeit ihnen das kirchliche Begräbnis verweigerte.“
Im Zuge des Balagerungszustandes in Erfurt wurden politische Vereine, Ansammlungen von mehr als zehn Personen und die fortschrittlichen Zeitungen „Deutscher Stadt- u. Landbote“, „Thüringer Zeitung“, „Der Telegraph“ und „Der demokratische Raisonneur“ am 28. November 1848 verboten. „Der Belagerungszustand wurde erst am 9. Juli 1849 aufgehoben, als der letzte Funke der Revolution ausgetreten war.“

Das Scheitern der Revolution von 1848 und die Restaurierung des feudal-bürokratischen Systems bringt Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit nicht nur bei den Unterschichten, sondern auch bei den kleinen und mittleren Gewerbetreibenden, und fördert den Entschluß, die Heimat zu verlassen. Auf eine Verbesserung der Zustände in Deutschland wird von vielen nicht mehr gehofft. Die Auswanderung erscheint nun als "das letzte Rettungsmittel der Freiheit" und wird zu einer nicht zu übersehenden Protestbewegung gegen die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse. Die Erfurter Auswanderungszahlen vervierfachen sich 1848/49 im Vergleich zu den Jahren 1845/46. Über zwei Personen pro 1000 Einwohner verlassen für immer die Stadt. Es kommt verstärkt zu Gruppenauswandeungen. Gibt es in den thüringischen Kleinstaaten infolge der Revolutionsniederlage keine politisch motivierten Prozesse, so verstärkt jedoch im preußischen Thüringen die Verfolgung der "1848er" die Emigration. Für Erfurt sind diesbezügliche Auswanderungen nachweisbar. [...] Grundsätzlich werden in Erfurt nach der Niederschlagung der revolutionären Bewegung Ausreisewillige dahingehend überprüft, ob sie an revolutionären Ereignissen teilgenommen und "in gerichtlicher Untersuchung gestanden hatten". (Horst Moritz: "Und kann als Mensch mich hier nicht mehr ernähren..." Erfurter Auswanderungen im 19. Jahrhundert im Thüringer Kontext. In: Erfurter Beiträge, Heft 1, 1998 , S. 107-122)

Angermuseum Ecke Bahnhofstraße
Angermuseum Ecke Bahnhofstraße

1948, genau 100 Jahre nach dem Aufstand vom 24. November, ließ die Stadt Erfurt durch OB Boock am Angermuseum / Ecke Bahnhofstraße, dem Hauptschauplatz des damaligen Geschehens eine Gedenktafel enthüllen. Auf ihr werden die 13 getöteten Aufständischen namentlich mit ihrem Herkunftsort aufgeführt. Keine Erwähnung finden die sieben zum Tode Verurteilten, noch die sieben gefallenen Soldaten, was aus heutiger Sicht unverständlich erscheint.
Der Bezug auf die Einheit Deutschlands war in den damaligen Nachkriegsjahren im Osten nicht ungewöhnlich, denn die staatliche Einheit galt hier noch bis in die 1950er Jahre zu den großen Zielen und Losungen. (DT, 6)
→ Onlineprojekt Gefallenendenkmäler:
http://www.denkmalprojekt.org/2010/erfurt_angermuseum_1848_thuer.htm

 

Schutzhaft-Lager-Gedenktafel

Standort: Feldstraße 18, Vorderhaus (Straße)
Einweihung: ca. 50er
Inschrift: „Im Hintergebäude dieses Hauses wurde / im April 1933 das erste sogenannte / Schutzhaftlager der Stadt Erfurt errichtet. / In ihm waren etwa 100 Antifaschisten / eingekerkert. Unter ihnen befanden sich / auch die Erfurter Widerstandskämpfer  / Heinz Sendhoff / Josef Ries / Waldemar Schapiro / Fritz Büchner / die im Stadtgebiet von Erfurt durch die  / Faschisten bestialisch ermordet wurden. /  Ihr Leben ist uns Vorbild und / Verpflichtung."

Schutzhaft-Lager-GedenktafelIm Frühjahr 1933 - nach der Machtübernahme Hitlers - kam es überall in Deutschland zur Einrichtung so genannter "Schutzhaftlager", in denen die Nationalsozialisten politische Gegner inhaftierten. Die Einrichtungen der Polizei, wie das Gefängnis auf dem Petersberg, konnten die hohe Zahl der Verhafteten schon bald nicht mehr aufnehmen. Eines dieser frühen improvisierten Lager, die später von den großen Konzentrationslagern (Sachsenhausen, Buchenwald, Dachau) abgelöst wurden, befand sich in einem leer stehenden Fabrikgebäude im Hinterhof der Erfurter Feldstraße 18.
Dort wurden aktive Kommunisten und Sozialdemokraten festgehalten. Für den 1. Mai 1933, den die Faschisten als „Feiertag der nationalen Arbeit“ für ihre Zwecke vereinnahmen wollten, organisierte das Lagerkomitee im KZ in der Feldstraße einen Hungerstreik.

Als erstes Erfurter Opfer wurde der genannte Redakteur des kommunistischen „Volksblattes", Josef Ries, von der SA auf dem Gelände des Hundesportvereins im Blumenthal am 28. Juni 1933 erschossen, nachdem man ihn zuvor brutal gefoltert hatte. So wie Ries kehrten eine Reihe von "Schutzhäftlingen" nach ,,Verhören" durch die SA oder Gestapo nicht wieder in die Feldstraße zurück, wo der Terror der NS-Diktatur inmitten eines Wohngebietes seine Heimstatt gefunden hatte. (SR)

 



Letzte Aktualisierung ( 05. 02. 2020 )
 
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