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19. 03. 2024
Denkmale in Erfurt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Matthias Stier   
27. 02. 2007
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Legende-Literatur

1806 - 1814

 
Napoleon-Obelisk, Napoleon-Säule, nicht erhalten

Standort: no Ende Anger
Schöpfer: Erfurter Handwerker
Einweihung: 20. März 1811. Am 06. Januar 1814 in Brand gesetzt und zerstört.

Zerstörung des Napoleonobelisken
Zerstörung des Napoleonobelisken auf dem Anger am 6. Januar 1814Aquarell von J.S.Beck

Am no Ende des Anger vor dem damaligen Gasthof „Römischer Kaiser“, etwa an der Stelle wo sich heute der Neue Angerbrunnen befindet, errichtete die Erfurter Bevölkerung zum Andenken an die Geburt des Sohnes Napoleons I. in aller Eile eine provisorische sehr stattliche „Ehrensäule“. „Der Chronist Constantin Beyer (1761–1829) nennt sie ein 'Denkmal speichelleckerischer Schmeichelei' “. Angefertigt wurde der Obelisk auf Veranlassung der französischen Domänenkammer, die Kosten dafür wurden der Stadt Erfurt aufgebürdet. Die Säule hatte eine Höhe von 70 Fuß, also etwa 21 m. Sie bestand aus Balken, Gips, im Sockelbereich mit Leinwand bespannten Feldern, an zwei Seiten mit den   Widmungsinschriften 'Napoleon dem Großen' bzw. '20. März 1811' und war marmorierend gefaßt. Etwas unterhalb der Mittelhöhe steht ein „N“. Von dem Obelisken existieren mindestens vier zeitgenössische und weitere spätere Abbildungen, die ihn sehr schlank und haushoch wiedergeben.
Den Beginn vom Ende zeigt ein Aquarell mit dem Durchzug der geschlagenen französischen Truppen nach der Leipziger Völkerschlacht. „Von den durch das Krämpfer- und Schmidtstedter Tor hereinströmenden Truppen verschiedener Waffengattungen lassen sich einige Soldaten erschöpft [unterhalb des kreisförmig eingezäunten Obelisken] auf dem Anger nieder. Verwundete werden auf Pferdewagen in die eiligst errichteten Hospitäler transportiert …
Die preußischen Truppen und ihre Verbündeten nahmen die Verfolgung der kläglichen Reste der einstigen „Grande Armee“ auf und schlossen die Franzosen auf der Festung Petersberg ein“. Erfurt wurde eine zwischen zwei Besatzern geteilte Stadt mit doppelter Belastung. Nach dem Bombardement am 6. November 1813, wo die Doppeltürme der Peterskirche zerstört, die Kirche selbst ausbrannte und die Nordbebauung des Domplatzes vernichtet wurden, „erfolgten Verhandlungen über einen Waffenstillstand, der mehrmals verlängert wurde. In der Zeit vom 1. bis 17. November 1813 starben 400 Bürger und 1472 Soldaten. Bis zur Befreiung von der Franzosenherrschaft hatte die Erfurter Bevölkerung noch viele Repressalien, Demütigungen und Opfer zu beklagen.
Endlich am 6. Januar 1814 war der ersehnte Tag gekommen, die leidvolle Belagerung durch die verbündeten Truppen beendet. Die französischen Besatzungstruppen übergaben die Stadt an die Preußen und zogen sich zunächst auf die Citadelle Petersberg und die Cyriaksburg zurück. Unter Glockengeläut und Jubel der Bevölkerung marschierten die preußischen Truppen durch das Schmidtstedter Tor in die Stadt ein... Als der Zug den Packhof (Angermuseum) erreicht hatte, fielen aus Richtung Ursulinenkloster einige Schüsse. Ein französischer Offizier befahl einer noch nicht abgelösten Wache, das Feuer auf eine Gruppe von Bürgern zu eröffnen. Der Offizier wurde von der erzürnten Menge niedergeworfen und von einem Kaufmannsdiener erstochen. Das sofortige Eingreifen preußischer Offiziere verhinderte weiteres Blutvergießen. In der Folge zerstörten einige Bürger den Napoleon-Obelisken. Dieses symbolhafte Ereignis wurde in zwei Bildern festgehalten. Der Erfurter Maler H. Beck zeigt in seinem zeitgenössischen Aquarell eine Ansicht des Anger mit Blick nach Osten mit dem bereits brennenden Obelisken im Mittelpunkt, aus dem Flammen am Sockel und an der Spitze steigen. Der Vordergrund ist in ganzer Breite mit jubelnden Bürgern und Soldaten ausgefüllt. Das Ganze wird von der damaligen Bebauung umrahmt mit Kaufmannskirche und ummauerten Kirchhof sowie „Römischen Kaiser“ im Hintergrund. Noch eindringlicher ist die Szene auf dem Schlußbild der 1882 eingeweihten historischen Galerie im Rathausfestsaal „Die Zerstörung des Napoleon-Obelisken auf dem Anger“ dargestellt. Vor dem Sockel des hölzernen Obelisken, der den größten Teil des Bildes einnimmt, hat der Maler Prof. Peter Janssen auf der einen Bildhälfte eine Gruppe Bürger dargestellt, die die Bespannung entfernen, um sich Zugang zum Inneren des Obelisken zu verschaffen und es befeuern. Auf der anderen Hälfte spiegeln ein Handwerker mit Schürze - in seiner ausgestreckten Hand eine brennende Fackel mit dem „Feuer der Befreiung“ - und zu seinen Füßen der erstochene       französische Offizier, deutlich wieder. Der Volkszorn konnte sich nach den durchmachten Repressalien der Besatzungszeit endlich Luft verschaffen. Ein Zeitzeuge schreibt dazu: „Die Menge auf dem Anger machte sich über die Napoleonsäule her. Sie zerschlugen mit Äxten die Inschriften des Denkmals und steckten die Säule in Brand. Nachmittags fünf Uhr war nur noch ein rauchender Trümmerhaufen davon übrig.“
Der Obelisk teilte das Schicksal des Kaisers, dem er gewidmet war, und seiner Armee, er wurde vernichtet, noch bevor aus dem provisorischen ein dauerhaftes steinernes Monument werden konnte. (DT, 7, Wolfgang Scharf, leicht verändert)

 

Napoleon-Tempel, nicht erhalten

Standort: N-Abhang Steigerwald, ehem. Napoleonshöhe
Schöpfer: Bildhauer Friedrich Wilhelm Eugen Döll, Gotha (Napoleon-Büste)
Einweihung:14. August 1811. Am 1. November 1813 in Brand gesetzt und zerstört.

Napoleonstempel
Die 1811 geschaffene Napoleonshöhe mit Napoleonstempel im Erfurter Steiger
Ölgemälde "Die Napoleonshöhe im Steiger bei Erturt" (Ausschnitt)
von N.H.Dornheim

Dem Tempel war die wohl kürzeste Existenz, als Denkmal in Erfurt beschieden mit nur etwas mehr als zwei Jahren während der französischen Besatzungszeit.
Der bedeutendste Erfurter Maler jener Zeit Heinrich Dornheim (1772-1830) gibt uns eine Vorstellung vom Aussehen dieses Huldigungstempels auf Napoleon I in seinem Ölgemälde „Die Napoleonshöhe im Steiger von Erfurt“, das 1812 anlässlich der Errichtung 1811 entstand. Der dichte Steigerwald im Hintergrund des Tempels öffnet den Blick in die Ferne und die im Talkessel liegende Stadt mit ihren Wahrzeichen Dom (noch mit flachem Notdach nach dem letzten großen Brand), St. Severi sowie rechts die Citadelle (noch) mit intakter Peterskirche und ihren Doppeltürmen.
Auf Anweisung des Präsidenten Resch wurde durch Baumrodung und Terassierung die sogenannte 'Napoleonshöhe' angelegt.
Ein Rundtempel im griechischen Stil erhöht über einer ebenen Fläche mit einem kleinen Terrassenvorbau ruht auf acht Säulen und wird von einer Siegesgöttin mit Schild, Schwert und Lanze gekrönt. Im Mittelpunkt steht eine überlebensgroße Büste des Kaisers auf einem Sockel, die vom Bildhauer Friedrich Wilhelm Eugen Döll (1750-1816) aus Gotha angefertigt war. Die Anlage verfügte weiter über eine Grotte mit Springbrunnen und schönen Blumenbeeten. Das große Wasserbecken (lavoratorium) aus dem ehemaligen Peterskloster wurde hierzu verwendet. Dort war das sechspassförmige auf 1239 datierte und 3,2 t schwere Brunnenbecken aus Sandstein über eine bereits seit 1136 (!) belegte, drei Kilometer lange Wasserleitung aus dem Peterborn mit Frischwasser versorgt worden.
Am Einweihungstag bewegte sich, nach vorangegangener Feierstunde unter der Leitung des berühmten Komponisten Louis Spohr (1784-1859) in der Predigerkirche, eine große Menschenmenge in den Steiger. Gegen 8 Uhr wurde die Weihe durchgeführt, und Präsident Resch hielt eine Lobrede auf Napoleon und seine großen Taten. Ein Zeitgenosse und Teilnehmer an dieser Feier schrieb dazu: „Als der Redner nun zum Schluß seiner Rede kam, endete er mit den Worten: 'Es lebe Napoleon der Große und das erhabene Kaiserhaus'. In das Hoch stimmte aber niemand ein als ein paar besoldete Anhänger des französischen Systems.“
Neben der genauen Ausarbeitung der Topografie stellt Dornheim auf seinem berühmtesten Gemälde, und dies war sonst selten, wichtige städtische Persönlichkeiten dar, wie den Universitätsprofessor Johann Jakob Dominikus und den Hofrat Johann Friedrich von Weißenborn. Eigentlich „eine Auftragsarbeit für die französischen Behörden in Erfurt, blieb Dornheim selbst auf dem Werk sitzen. Seine Auftraggeber boten ihm statt der 60 geforderten Taler den Posten als Direktor der Kunst- und Handwerksschule an. Weil er den amtierenden und seine 14-köpfige Familie nicht mittellos machen wollte, lehnte er ab.
So blieb uns im Bild erhalten, was zum Ende der leidensvollen Besatzungszeit in der Realität verloren ging, Napoleon-Tempel und Anlagen wurden durch die Belagerer (Verbündete) und Erfurter Bevölkerung 1814 zerstört. Dazu Chronist Constantin Beyer (1761-1829): „Plötzlich stand auf der Steigerhöhe der Napoleontempel in lichten Flammen und brannte bis auf das Gewölbe, das ihm zur Grundlage diente, ab. Nicht ohne Freude im Herzen begrüßten die Patrioten Erfurts den Fall dieses Denkmals aus der Zeit erbärmlichster Kriecherei vor dem Zwingherrn.“

Ein Element des untergegangenen Ensembles auf der Napoleonshöhe bliebt dann doch erhalten - das Brunnenbecken aus dem Peterskloster. Es gelangte 1922 in das Angermuseum, steht heute im Foyer gleich linker Hand vom Eingang und kann als ein besonderes Zeugnis einer langen wechselvollen Stadtgeschichte gewürdigt werden (DT, 7, Kathrin Steinke, leicht verändert)



Letzte Aktualisierung ( 05. 02. 2020 )
 
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