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19. 03. 2024
Denkmale in Erfurt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Matthias Stier   
27. 02. 2007
Beitragsinhalt
Überblick
Vor 1400
1401 - 1500
1501 - 1600
1601 - 1806
1806 - 1814
1814 - 1870
1870 - 1900
1901 - 1919
1919 - 1933
1933 - 1945
1945 - 1949
1949 - 1990
1990 - heute
Legende-Literatur

1901 - 1919

 
Bismarckturm

Standort: NO-Rand Steigerwald, Am Tannwäldchen
Schöpfer: Architekt Wilhelm Kreis, Maurermeister Carl Haddenbrock
Einweihung: 1.9.1901

BismarckturmDer monumentalste Erinnerungsort an "Reichsgründer" Otto von Bismarck (1815-1898) ist der 1901 errichtete Bismarckturm im Steiger. Nach dem Aufruf der Deutschen Studentenschaft von 1898, im ganzen Land Bismarcksäulen zu errichten, wurde am 23. März 1900 ein Erfurter Bismarcksäulen-Verein gegründet. Unterzeichnet von Oberbürgermeister Hermann Schmidt (1851-1921) und zahlreichen Honoratioren verkündete ein Aufruf: "In allen Gauen des Vaterlandes sollen auf ragender Höhe granitene Säulen zum Himmel streben, dem Gewaltigsten zum Gedächtnis, dem Größten aller Großen einer großen Zeit, Otto von Bismarck." Die Spenden aus der Bürgerschaft flossen reichlich und so konnte bereits am 1. September 1901 die Einweihungsfeier am heutigen Tannenwäldchen stattfinden. Der durch Maurermeister Carl Haddenbrock errichtete 22 Meter hohe begehbare Turm folgte dem meist gebauten Modell "Götterdämmerung" von Architekt Wilhelm Kreis (1873-1955). Nur mit einer Feuerschale und dem Familienwappen Bismarcks auf einem Reichsadler versehen, sollte der Kalksteinbau deutsch-germanische Wehrhaftigkeit und Eintracht ausdrücken.
Schmückend hinzu kam ein Eichenhain.
Wenn er auch auf "geheiligtem Boden" errichtet wurde - Spaziergänge hatten den Unionsparlamentarier Bismarck 1850 auch in den Steiger geführt - steht der Bismarckturm gleich seinen einst rund 230 Artgenossen für die allgemeine nationale Erinnerungskultur bis 1945. In der DDR-Zeit wurde das Denkmal vernachlässigt, entging aber als "Friedensturm" der Zerstörung. Heute bemüht sich der 1999 gegründete Bismarckturm-Verein Erfurt 1900 e.V. um seine Erhaltung. (SR)

mehr:
In: Stadt und Geschichte - Zeitschrift für Erfurt (Heftnummer):
Raßloff, Dr. Steffen: Denkmale in Erfurt. Der Bismarckturm im Steiger (23)

 

Burenhaus, Afrikahaus

Standort: Kreuzung Juri-Gagarin-Ring - Bahnhofstraße
Schöpfer: Maurermeister Paul Funk, Bildhauer Max Deutschmann
Einweihung: 1902

BurenhausDer Fassadenschmuck des 1902 errichteten "Burenhauses" in der Bahnhofstraße erinnert an den so genannten Burenkrieg 1899 bis 1902. Die beiden Burenrepubliken Transvaal und Oranje-Freistaat hatten sich - letztlich erfolglos - gegen eine Annexion durch das britische Südafrika gewehrt, das es in erster Linie auf die dortigen Goldvorkommen abgesehen hatte. In Deutschland wie auch in vielen anderen Ländern nahm man in diesem blutigen Krieg, in dem die Briten unter anderem Konzentrationslager für die burische Zivilbevölkerung errichteten, eindeutig Partei für die Buren.
Im Brustton der Überzeugung hieß es im "Erfurter Allgemeinen Anzeiger" am 6. Oktober 1899: "Daß die Sympathien der ganzen nichtenglischen Welt auf der Seite der Buren sind, darüber sollte man sich in England keinem Zweifel hingeben." Über knapp drei Jahre verfolgte man den Kampf "mit so leidenschaftlicher Begeisterung", wie bisher keinen Krieg auswärtiger Mächte.
Die Sympathiebekundungen dieser Zeit sind noch heute am 1902 von Maurermeister Paul Funk errichteten Wohn- und Geschäftshaus Schmidtstedter Straße 1 ablesbar. Funk hatte unter dem Eindruck des in Südafrika tobenden Krieges den Bildhauer Max Deutschmann damit beauftragt, die Fassade mit den Porträts von Burenpräsidem Paulus "Ohm" Krüger (1825-1904), General Louis Botha (1862-1919) und drei weiteren Burenführern zu verzieren. Hinzu kam ein Sieg verheißender Herkules-Kopf und die Abbildung des britischen Kolonialministers Joseph Chamberlain (1836-1914) mit einem über seinem Kopf zerplatzenden Geldsack und der Unterschrift "Auri sacra fames" ("fluchwürdiger Hunger nach Gold"). (SR)

 

Schulz-Gedenkstein, Schulzenstein, Blauschimmel, ND (Doppeldenkmal), versetzt

Standort: ega, Südhang, Staudenanlage, Nähe Freilichtbühne
Errichtung: 1902

SchulzensteinDer 1,5 m x 1,4 m x 1,0 m große, rötliche Granitblock lag ursprünglich in der Udestedter Flur, 2 km w Udestedt, im Teufelstal in Sichtweise des einsamen Turms des ehemaligen Klosterhofes Barkhausen. Dort wurde er auch von E.E. Schmid 1873 erfaßt, der ihn für den größten Findling der Thüringer Mulde hielt. Wenn man das auch nicht bestätigen kann, so ist der Findling ob seiner schön gerundeten Form bestimmt eines der attraktivsten geologischen Naturdenkmale der Eiszeit hierzulande, auch wegen seiner blauen Quarzeinschlüsse, die zum früheren Namen „Blauschimmel“, von einer bekannten Käseart übernommen, geführt haben. Der erratische Block kam auf das Gelände de Cyriaxburg als Denkstein. Die Inschrift ist bis heute nicht verblichen und noch lesbar. Der geehrte Stadtrat Gustav Schulz war seit 1872 Vorsitzender des Erfurter „Verschönerungsvereins“.
Die Zweitnutzung des Findlings als Gedenkstein für eine Person, die sich für die Erschließung der Erfurter Umgebung eingesetzt hat, mutet sehr passend an. Mit seiner jetzigen Position in einem geschützten Garten dürfte das verhindern, dass der besondere Wanderblock verloren geht.  (DT, Rainer Krause, leicht verändert)

 

Notjahr-Denkmal in Linderbach, KD

Bräunlicher Sandstein, 90 cm hoch, quadratischer Querschnitt, flachpyramidales Dach
Standort: Edmund-Schaefer-Platz (Anger), ehemals Weiherweg
Einweihung: 1902
Inschriften S-Seite: „Gott erhalte / und segne / Linderbach / bis in ewige / Zeiten!“, N-Seite: „Ich sah in guten / und in schweren / Zeiten / So manches Jahr / das Dorf, / die Flur / Ein wechselnd / Schicksal / wird es stets / geleiten / Erhalt … / … … / 1745 – 1902“, O-Seite: „Dieser Stein / wurde errichtet / zum Andenken / an das theure / Futter u. Stroh / Notjahr / 1893 / 1911“, W-Seite: „Die Wege Anlagen / sowie die / Anpflanzung / der Linden / geschah im / Frühjahr 1901“

Notstein von SWNotstein S-SeiteNotstein von NO

Tafel zum NotsteinIn seinem Widmungsinhalt ist der Gedenkstein einmalig. 1893 und 1911 waren ausgesprochene Notjahre. Außerordentliche Trockenheit, Hitze und Dürre über längere Zeit – 1911 fiel zwischen Mai und September kein Regen – führten zu dürftigem Ertrag oder völliger Missernte. Futter und Stroh mussten auswärts teuer eingekauft werden. Mancher Landwirt geriet so in große Not oder ging gar zugrunde.
Der Gedenkstein wurde auf Initiative des Linderbacher Bürgervereins restauriert – die fast unkenntlich gewordenen Inschriften in den Stein eingearbeitet – und am 25. November 2010 der Öffentlichkeit feierlich übergeben. (DT, 4, Wikipedia)

Friedrich II.-Gedenktafel in Kerspleben

Standort: Kerspleben, Kirchplatz 1
Anbringung/Enthüllung: Anfang des 20. Jhs.
Inschrift: "HIER WOHNTE | FRIEDRICH | DER GROSSE | IN SCHWERER ZEIT | V.17.-27.SEPT.1757"

Friedrich II.-Gedenktafel in KersplebenPfarrhaus in Kerspleben

Nach der Überlieferung bezog Friedrich II., auch Friedrich d. Große oder „der alte Fritz“ (1712-1786) während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) am 17. September 1757 von Dittelstedt kommend, im Pfarrhaus zu Kerspleben, bei Pfarrer Mag. Wilhelm Immanuel Hogel, Quartier und blieb elf Tage. Nachdem die Preußen im böhmischen Oberelbe-Gebiet in der Schacht bei Kolin am 18. Juni schwer geschlagen wurden, mussten sie Böhmen räumen und sich nach Sachsen zurückziehen. Durch den Einmarsch der Reichsexekutionsarmee in Thüringen, das waren Reichstruppen unter dem Herzog von Sachsen-Hildburghausen und ein französisches Korps, sah sich Friedrich II. gezwungen, mit einem Großteil seiner Truppen dorthin heranzurücken. Thüringen war zum Kriegsschauplatz und das Umland von Erfurt kurzzeitig Hauptquartier der Preußenarmee geworden.

Zu der Verunsicherung in den Reihen der Preußen führt Bley (1997) folgende  Begebenheit an. Am Tag vor dem Weiterzug der in Kerspleben einquartierten Truppe, am 28. September 1757 in Richtung Ollendorf nach Buttelstedt, äußerte diese den Wunsch, „in einem Gottesdienst zum Tisch des Herrn, zu einer Feier des heiligen Abendmahles zu gehen. Der König im nahen Pfarrhaus, der sonst mit seinen Soldaten alles gemeinsam unternahm und den sie deshalb 'den Alten' nannten, blieb diesem gemeinsamen Gottesdienst fern.“ Friedrich II. hatte trotzdem Kriegsglück. Preußen schlug die kaiserliche Reichsarmee am 5. November 1757 vernichtend in der Schlacht bei Roßbach .

Mit den beiden Gedenktafeln in Dittelstedt und Kerspleben sind zwei wichtige  Erinnerungsstätten des in heutiger Zeit eingemeindeten Erfurter Umlandes erhalten geblieben. Neben dem mit der Anbringung der Tafeln an der Wende zum 20. Jahrhundert ausgewiesenen Bestimmungszweck, die hiesige Anwesenheit einer bedeutenden historischen Persönlichkeit deutscher und internationaler Geschichte in das Gedächtnis zu rufen, widmen sie sich dem Gedenken an den Siebenjährigen Krieg vor über 250 Jahren, unter dem besonders die Landbevölkerung zu leiden hatte. Der Inschrifttext der Kersplebener Tafel „in schwerer Zeit“ deutet es an. Der Krieg lastete in heute kaum vorstellbarem Ausmaß schwer durch geforderte Abgaben landwirtschaftlicher Produkte besonders der Küchendörfer, Einquartierungen sowie Versorgung der Truppen, Plünderungen und Gewaltausbrüchen. Es ging an die Existenz vieler Bauern und die Auswirkungen waren auch nach Kriegsende lange Zeit noch zu spüren. (DT)

Friedrich II.-Gedenktafel in Dittelstedt

Quelle

Bley, Gerhard: Auf den Spuren der Geschichte; ein historischer Rundgang durch Kerspleben (Auszüge) (Stand 1997). In: Heimat- u. Geschichtsverein Kerspleben e. V.: Kerspleben und Töttleben | 1104 - 2004 |  Beiträge aus 900 Jahren Ortsgeschichte. Kerspleben 2004, 152 S., S. 15-38.

Reichart-Relief

Standort: Reichartstraße, Jugendstilhaus, unter Rundgiebel und -fenster an schöner ornamentgeschmückte Fassade, restauriert
Einweihung: vermutlich um 1910

Reichart-ReliefJugendstilhaus mit Reichart-Relief

Reichartstraße

Luther-Denkmal II, temporär versetzt!
Interimsstandort Barfüßerkirche
Interimsstandort des Lutherdenkmals aus der Karlstraße im Langhaus
der Barfüßerkirche. Foto durch östliches Gittertor, 31.05.2017

Standort: Für die Dauer von Flächensanierungsarbeiten wurde das Denkmal im April 2017 von der Karlstraße in die Barfüßerkirche versetzt. Teile des Sockels vom Mittelteil - linker Säulenfuß und Fundamentteile waren allerdings am 01. Mai 2017 (siehe Fotos) noch vorhanden!? Erst bei einem Besuch am 13. Mai 2017 konnte die Entnahme dieser restlichen Teile festgestellt werden.
In einer Pressemitteilung der Stadt vom 10.05.2017 unter dem Titel Unser zweites Lutherdenkmal heißt es zu den Gründen, warum dieses Luther-Denkmal ausgerechnet im Jubiläumsjahr der Reformation (?) weichen musste, dass genau an dieser Stelle ein Regenrückhaltebecken geplant ist und alle betreffenden Arbeiten rechtzeitig vor dem Bugajahr 2021 beendet werden sollen. Die als Interimsstandort vorgesehene Barfüßerkirche, wo Luther 1529 predigte, ist in die am 18. Mai 2017 öffnende Ausstellung „Barfuß ins Himmelreich – Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt“ eingebunden.
Tatsächlich konnte das Lutherdenkmal dort entdeckt werden, aufgestellt an der Ostwand des Langhauses zum Chor. Allerdings nicht vollständig, wie es die Pressestelle der Stadtverwaltung auf Anfrage zugesichert hatte, sondern reduziert auf den säulenbegrenzten Mittelteil ohne die Seitenbänke. Als nachteilig erweist sich der eingeschränkte Zugang, denn der Langhausbereich bleibt grundsätzlich verschlossen. So muss sich der Betrachter mit einem Blick durch die östliche der beiden Gitterpforten, neben der das Bronzerelief angebracht ist, begnügen. So ist auch das beigefügte Foto durch die Gitterstäbe entstanden. An der Außenwand wird nicht auf das nun hier befindliche Lutherdenkmal aus der Karlstraße hingewiesen.
Schöpfer: Jugendstilbildhauer Wilhelm Mues (1877-1946)
Einweihung: 1912, Wiedereinweihung: 5.6.2010, 13 Uhr durch Oberbürgermeister Andreas Bausewein gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Mittelthüringen Dieter Bauhaus
(Ohne Inschrift)

Relief Luther-Denkmal II

Im Mittelpunkt der antikisierenden Denkmalanlage, die in Verbindung mit der gleichnamigen Schule 1912 errichtet wurde, steht ein querformatiges Bronzerelief mit einer Szene aus dem Leben Martin Luthers (1483-1546) – dem gemeinsamen Singen – im Mittelpunkt, die auf sein bis heute lebendig gebliebenes kompositorisches Schaffen hinweist. Eingefügt ist das Relief in den oberen Teil einer aus Quadern zusammengefügten Wandfläche, flankiert von angefügten toskanischen Säulen und überdacht von einem profilierte Gesims. Zu beiden Seiten schließt sich symmetrisch in einem Bogen eine Sitzbank an, die zum oberen Rand hin ein schmales vertieftes Banddekor aufweist.
Am 2. September 1996, 10 Uhr konnte das Lutherrelief restauriert an die Öffentlichkeit zurückgegeben und damit zugleich die Woche des Denkmalsschutzes eröffnet werden.
Die Konservierung und Restaurierung des Ensembles erfolgte mit Mitteln der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Stadt Erfurt.

Luther-Denkmal und Schule
Luther-Denkmal am Lutherweg
Luther-Denkmal am Lutherweg

Lutherdenkmal und die Lutherschule in seinem Rücken liegen direkt am Erfurter Lutherweg, der im Juni 2013 eröffnet  wurde, und über den gleich neben dem Denkmal eine von sechs deutsch-englischen Infotafeln in der Landeshauptstadt Auskunft gibt. Erfurt ist übrigens der zentrale Verbindungsort der sich hier treffenden vier Wegschlaufen des Wander- und Pilgerweges. Wegweiser, an einem „L“ erkenntlich, erleichtern die Orientierung auf allen Lutherwegen. Weitere Tafeln stehen an der Lutherkirche (500 m o), am Augustinerkloster, am Domplatz, am Dreienbrunnenbad und am Dorfplatz in Kerspleben. (DT)

Fundamentrest nach Abtragen
Fundamentrest nach Abtragen (Ansicht von links): Säulenfuß,
Bankrundung. Fotos: 01.05.2017
Fundamentrest nach Abtragen
Fundamentrest nach Abtragen (Ansicht von rechts): Basis des Mittelteils
mehrfach gebrochen.

 

Bismarck-Statue, nicht erhalten, 2004 neu angefertigt

Standort: Anger 33
Schöpfer: Christian Paschold
Existenz: 1904-1948, erneut seit 2004

Bismarck-Statue

Otto von Bismarck (1815-1898) gilt bei aller Umstrittenheit als einer der großen deutschen Staatsmänner. Der "Reichsgründer" von 1871 wurde einst in gewaltigen Monumentalbauten verehrt. Noch heute zeugen zahlreiche Bismarcktürme davon.
Es gibt in Erfurt aber auch einen spezifischen Bezug zu Bismarck.
Der Nachwuchspolitiker hatte im März/ April 1850 am Erfurter Unionsparlament teilgenommen, das -letztlich erfolglos - die Verfassung eines preußisch-kleindeutschen Nationalstaates ausarbeiten sollte.
Zum 50. Jubiläum der Erfurter Union im Jahre 1900 verwies der "Erfurter Allgemeine Anzeiger" darauf, dass "für den Lokalpatrioten der 20. März 1850 ein Gedenktag von mehr als lokaler Bedeutung" sei. Aber er fügte hinzu, das Bedeutsame sei gewesen, "dass der nachmalige Einiger des Deutschen Reiches in unserer Stadt weilte." Ganz in diesem Sinne verzierte 1904 Stadtrat Rudolf Walther den Neubau von Bismarcks einstiger Unterkunft am Anger 33. In einer Nische auf Höhe des ersten Obergeschosses wurde am 1. April 1904, Bismarcks 89. Geburtstag, eine überlebensgroße Bronzestatue aufgestellt. Sie stellte den Kanzler in Uniform und nicht den jungen Parlamentarier dar. Darüber prangte das Bismarck-Zitat: „wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt!". 1948 verfügte eine Kommission zur "Liquidierung deutscher militaristischer und nazistischer Denkmale" die Entfernung der Statue. 2004 konnte auf Initiative des Bismarckturm-Vereins Erfurt 1900 e.V. eine neue Bismarckstatue von Christian Paschold am Bismarckhaus aufgestellt werden. (SR)

 

Bismarck-Denkmal Riechheimer Berg, ND (Doppeldenkmal), Findling versetzt

Standort: S Gasthaus auf dem Riechheimer Berg
Einweihung: 1907, Wiedereinweihung 1995

Bismarck Riechheimer BergWelcher Erfurter kennt nicht die beliebte Ausflugsgaststätte "Riechheimer Berg"? Vier Generationen erholungssuchender Großstädter haben sich auf den zehn Kilometer langen Weg hinauf auf den 513 Meter hohen Berg zwischen Riechheim und Hohenfelden gemacht.
Das automobile Zeitalter hat den Zustrom noch verstärkt, zumal mit dem Naherholungsgebiet Stausee Hohenfelden (1967) und dem Thüringer Freilichtmuseum (1979) weitere Anziehungspunkte hinzukamen. Jüngst entstand die Avenida-Therme (2002) für ganzjähriges Badevergnügen.
Der Riechheimer thront inmitten einer Freizeitlandschaft, die aus den Bedürfnissen der Stadtbewohner erwuchs. Alles begann mit dem Wirken natur- und volkskundebegeisterter Erfurter. 1895 hatte der Thüringerwald-Verein das Thüringer Bauernhaus, eine der Attraktionen der Erfurter Gewerbeausstellung von 1894, teilweise auf den Reichheimer Berg versetzt. Dieser Gebäudekomplex wird seit 1905 ganzjährig als Gasthaus genutzt.
Hier errichtete 1907 der Thüringerwald-Verein ein Bismarck-Denkmal, eine von Eichen umgebene Natursteinmauer mit einer Bronzetafel, die das Porträt des Staatsmannes zeigt. Damit konnte der Erfurter nun auch bei einem der sonntäglichen Ausflüge in die Umgebung des Nationalhelden gedenken. Dies war nach 1945 allerdings nicht mehr gefragt. Das Denkmal blieb dank der rechtzeitigen Sicherstellung der Bronzetafel durch die Gasthofbetreiber-Familie Limprecht/ Büchner unbehelligt. Zum 100. Riechheimer-Jubiläum 1995 konnte es wieder eingeweiht werden. (SR)

Auf den Fundort eines der Blöcke aus dem Denkmal weist E. Wagner (1930) hin. Er erwähnt aus einer linken Ausbuchtung des Wasserrisses [tiefe Einkerbung], der n von Schellroda in nw Richtung am sw Rand des Klosterholzes entlangführt, im Niveau von 365 m zwei Blöcke (Findlinge) von Braunkohlenquarzit (puddingsteinartig). Der größere Block von den beiden ist bereits auf den Riechheimer Berg geschafft worden, wo er das Mittelstück des dort errichteten Bismarckdenkmals bildet. (DT)

 

Königin-Luise-Denkmal, nicht erhalten

Marmor-Portraitstele
Standort: Luisenpark
Schöpfer: Bildhauer Heinrich Steinhage (1908)
Existenz: 1908-1947

Denkmale berühmter Frauen gehören zu den Ausnahmen. Eine davon hatte einst Erfurt zu bieten. 1908 beauftragte der Magistrat den Bildhauer Heinrich Steinhage (1880-1948), für den Promenadeneingang des seit 1897 städtischen Luisenparks eine Herme der preußischen Königin Luise (1776-1810) zu errichten. Angeregt hatte dies der Erfurter Historienmaler Eduard von Hagen (1834-1909). Der Berliner Bildhauer Fritz Schaper (1841-1919) empfahl, eine um 1797 von dem berühmten Berliner Klassizisten Johann Gottfried Schadow (1764-1850) geschaffene Luisen-Büste nachzubilden. Steinhages 2,90 Meter hohe Büstenherme fand den Segen der Promenadenkommission und 1909 eine feierliche Enthüllung.
1918 stürzten unbekannte Täter die Büste vom Sockel, 1920 wurde sie restauriert, wieder aufgesetzt und 1947 zusammen mit ihrer Basis spurlos beseitigt. Erst 1993 konnte eine nachgebildete Luisen-Büste von Christian Daniel Rauch (1777-1857) aufgestellt werden, die, von der Erfurterin Annemarie Meyenberg großherzig gestiftet, schon wenige Wochen später mit Farbe besprüht vom Gartenamt sichergestellt werden musste.
Königin Luise bezauberte nicht allein durch Anmut und Schönheit. Sie galt als bürgernah und aufgeschlossen, förderte Reformen im Schulwesen, der Verwaltung und Landwirtschaft, trat für die Bildung junger Mädchen und die Überwindung sozialer Mängel ein. Sie starb mit 34 Jahren und hinterließ zehn Kinder. Im Mai 1803 hatte die Königin mit ihrem Gemahl, König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840), zur Erbhuldigungsreise in Erfurt geweilt, wie es auf einem der Wandbilder im Rathausfestsaal zu sehen ist. (RM)

Straßennamen: Luisenstraße

mehr:
In: Stadt und Geschichte - Zeitschrift für Erfurt (Heftnummer):
Menzel, Prof. Dr. Ruth: Denkmale in Erfurt - Denk mal darüber nach: Das Königin-Luise-Denkmal (16)

 

Golde-Denkmal, ND (Doppeldenkmal), nicht erhalten

Aus fünf Findlingen zusammengesetzt, Thüringer Granit, Bronze-Portraitmedaillon
Standort: Ecke Johannesring / Meyfartstraße, heute Stauffenbergallee
Schöpfer: Bildhauer Heinrich Steinhage (begonnen), Ewald Hahn (vollendet)
Enthüllung: 6. Juni 1909
Entfernung: um 1970

Zu Beginn des Jahres 1908 erging ein Aufruf an die Erfurter Bevölkerung, dem Komponisten und Musiker Joseph Golde ein ehrendes Denkmal zu setzen. Unmittelbarer Anlass dafür war das 50. Jubiläum der Erstaufführung eines seiner populärsten Werke, der Fest-Reveille. Sie hatte am Neujahrstag 1858 in Erfurt stattgefunden. Einst zog das "Große Wecken" an den Geburtstagen des Königs von Preußen, des Herzogs von Meiningen, des Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen mit diesem Marsch durch die Straßen. Erste Entwürfe für die Gedenkstätte zeichnete Bildhauer Heinrich Steinhage 1908, und nach dessen Tod modellierte Ewald Hahn (1883-1949) das unvollendete Porträtmedaillon. Schon am 6. Juni 1909 fand die feierliche Enthüllung der Komposition aus fünf verschieden großen Findlingsblöcken in den erneuerten Flutgrabenanlagen statt.
1802 in Döllstädt geboren, hatte Golde nach musikalischer Ausbildung in Gotha, von 1827 bis 1862 in Erfurt als Königlicher Musikdirektor das Musikcorps des 2. Thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 32 geleitet und nach dessen Verlegung nach Meiningen von 1862 bis 1872 als Direktor des Sollerschen Musikvereins gewirkt. Er ging als Komponist von Märschen in die regionale Musikgeschichte ein.
Außer der Reveille komponierte Golde unter anderem den Preußenmarsch, den Frasini- und Fahnenweihemarsch, aber auch Werke für Klavier, Violine und Gesang. Am Erfurter Realgymnasium bewährte er sich als Klavierlehrer. Hochbetagt starb er am 20. März 1886. Sein Denkmal musste um 1970 dem vierspurigen Ausbau der Wilhelm Pieck-Straße (Stauffenbergallee) weichen. (RM)

 

Gustav-Adolf-Brunnen, Hungerbrunnen, Denkmalbrunnen

Sandstein / Bronze / Messing
Standort: Predigerstraße, n Langhaus Predigerkirche, ehem. Kirchhof (Friedhof)
Schöpfer: Carl Melville 1911
Einweihung: 10.11.1911

Gustav-Adolf-Brunnen

280 Jahre nach der Schlacht bei Lützen, bei der Gustav II. Adolf , König von Schweden (1594-1632) im Kampf gegen Wallensteins Truppen am 6. November 1632 zu Tode kam, setzten ihm dankbare Erfurter Bürger ein Denkmal. Erinnert wurde an den "Retter mit dem Schwert", den Schützer protestantischen Glaubens und Wahrer mancher durch Mainzer Herrschaft verlorenen Rechte. Am 10. November 1911 konnte der Brunnen im Beisein des Königlich Schwedischen Gesandten, des Bischofs von Gotland und Erfurter Honoratioren eingeweiht werden. Mit Bedacht hatte man die Nähe der Predigerkirche gewählt, die Gustav Adolf zu Andachten aufsuchte und als seine Pfarrkirche bezeichnete.

Mutter mit KindGustav-Adolf-MedaillonSargträger

Bildhauer Carl Melville (1875-1957), seit 1909 Lehrer an der Erfurter Kunstgewerbeschule, gestaltete eine unheroische intime Version mit Symbolen und erzählerischen Szenen. Wegen der Gestalten über den Wasserbecken, einem Mann mit Kindersarg und der barfüßigen Mutter mit Säugling, prägte der Volksmund in Erinnerung der Epidemien des Dreißigjährigen Krieges den Namen "Hungerbrunnen". Im umlaufenden Schriftzug des Stelenschafts verewigte Melville den Anfang des Lieblingsliedes von Gustav Adolf: „Verzage nicht, Du Häuflein klein, Gott ist mein Harnisch." Dessen Porträtmedaillon, Namen, einen Löwen mit Wappen und die Vignette mit Bibel und Schwert versammelte er an der Hauptschauseite gegenüber dem Langhaus. Im Verlauf mehrerer Rekonstruktionen und Sanierungen (1992, 1994 und 2000) wurden auch die gestohlenen Kleinplastiken im Sinne historischer Vorbilder ersetzt. (RM)

Straßennamen: Gustav-Adolf-Straße

Gustav-Adolf-Gedenktafel | → Maria-Eleonora-Gedenktafel     

 

Schmidt-Gedenktafel

Eisenguß, Bronze
Standort: Adalbertstraße, Ecke Karlstraße, an Erdgeschoss neben Uhrenturm
Schöpfer: Ewald Hahn (1911)
Einweihung: 1911

Schmidt-GedenktafelDie dankbaren Mitglieder des 1878 gegründeten Erfurter Spar- und Bauvereins widmeten ihrem 1. Vorsitzenden, dem Stadtbaudirektor Ferdinand Schmidt 1911 eine bronzene Ehrentafel. Sie wurde mit einem von Bildhauer Ewald Hahn (1883-1949) gestalteten Porträtmedaillon am Sockel eines Uhrturms in der Karlstraße angebracht.
Baumeister Schmidt hatte unentgeltlich Baupläne entworfen und über viele Jahre hinweg Bauprozesse geleitet, seine Autorität als Stadtrat eingesetzt und bewirkt, dass der Magistrat die sozialen Projekte des Vereins unterstützt, Hypotheken übernimmt sowie Straßenbaukosten begleicht. Die gemeinnützige Gesellschaft Bau- und Sparverein hatte Baugrundstücke unterhalb der Gaststätte "Auenkeller" angekauft und bis 1911 auf dem Andreasfeld innerhalb von 14 Jahren 44 Häuser mit 326 Wohnungen für 2.000 Vereinsmitglieder und ihre Angehörigen errichtet. Alle Wohnungen wurden gemäß dem Reformengedanken der Zeit hygienisch, praktisch und geräumig, hell und luftig angelegt sowie mit Balkons versehen. Dazu entstanden in den geräumigen Höfen Brause- und Wannenbäder, je eine Genossenschaftsgaststätte, Kinderbewahranstalt, Bäckerei, Klempnerei, ein Materialwarenladen und Pachtgärten. In Zeiten hoher Wohnungsnot vor allem in Arbeiterkreisen konnte der Verein mit seinem sozialen Wohnungsbau einiges zum besseren Leben der Menschen beitragen.
Am Bau beteiligt waren die Firmen Haddenbrock, Walther und Groß. Schmidt konnte darüber hinaus an Bauvorhaben wie Aktienbad, Hauptpost, Synagoge, Thomaskirche und Kaufhaus Germania teilhaben. (RM)

 

Breslau-Denkmal, versetzt, verändert erhalten

Fränkischer Muschelkalkstein / Bronze
Standort: Löberstraße / Löberwallgraben, in den Anlagen
Schöpfer: Carl Melville (1910/11)
Einweihung: 1912

BreslauIm Auftrag des Erfurter Magistrats gestaltete der Bildhauer Carl Melville (1875-1957) für den 1897 verstorbenen Oberbürgermeister Richard Breslau (1835-1897) eine der repräsentativsten Denkmalanlagen der Stadt. Am 19. Oktober 1912 wurde sie öffentlich enthüllt.
Melville hatte mit zwei etwa lebensgroßen Flachrelieffiguren Handel und Verkehr sowie Industrie und Bauwesen personifiziert, jene Bereiche, die Breslau während seiner Amtszeit von 1871 bis 1889 besonders förderte. Unter seiner Federführung vollzog sich ein wirtschaftlicher und städtebaulicher Aufschwung, der Wandel vom beengten Festungsort zur modernen Großstadt.

Die jahrelangen Kämpfe um die Verwirklichung des gigantischen Projektes Flutgraben, dessen Kosten von fast 1,7 Mio. Mark allein durch die Stadt Erfurt aufgebracht werden mussten (!),  lassen erkennen, dass Kommunalpolitiker nicht nur für den Augenblick, sondern auch auf Jahrzehnte voraus zu planen imstande sein müssen. Oberbürgermeister Breslau hat dafür die Vorbildwirkung geleistet. Mit großem Weitblick schätzte er die kommenden Verhältnisse, auch die Verkehrsdichte, seiner Stadt ein.
Am 6. Mai 1900 bestand der Flutgraben seine erste große Bewährungsprobe, weitere sollten bis in unsere Zeit folgen, wie z.B. 1994. Die Stadt blieb vom Hochwasser weitgehend verschont. Das bewies, dass sich die Investition in die Zukunft ausgezahlt und der Bau seinen Zweck erfüllt hatte.
Prof. Dr. Biereye würdigt in seiner Veröffentlichung "Erfurt in seinen berühmten Persönlichkeiten", 1937, Dr. Breslau wie folgt:
"1871 zum 1. Bürgermeister gewählt, entfaltet er 1871 - 1889 eine großartige Tätigkeit. Für seine Kraft und Energie ist ihm Erfurt auf ewige Zeiten zu unendlichem Danke verpflichtet! Das Festungsgelände erwarb er für einen Spottpreis, um neue Stadtteile, schöne Anlagen und einen so breiten Flutgraben zu schaffen, dass Erfurt nunmehr vor Überschwemmungen für immer gesichert war. Hierdurch sowie durch eine Wasserleitung, Regulierung des Ableitungssystems, Beseitigung der offenen Wasserläufe, Schließung der vier inneren Friedhöfe, Erbauung eines Schlachthofes und eines Krankenhauses, wurde Erfurt aus einer der ungesündesten Städte zu einer der gesündesten." (Ruth und Arnold Nikolai: Der Erfurter Flutgraben wird 100 Jahre. In: Erfurter Beiträge, Heft 1, 1998, S. 9-106)

Mit fallendem und ruhendem Wasser des flachen Beckens nahm der Künstler Bezug auf die 1876 eröffnete Zentralwasserleitung und den Beginn der Kanalisation. Der Denkmalstandort verwies auf Breslaus Mitwirkung am folgenreichen Projekt, den alten Festungsgraben als Hochwasser regulierenden Umflutgraben umzufunktionieren und die Wälle gärtnerisch zu nutzen. Auf Erfurts Bedeutung als Blumenstadt und Samenexporteur verwies der Bildhauer durch Attribute der Putten, Sätuch und Blumen. Sein Honorar betrug 6.032 Mark.
In den 1950er-Jahren reduzierten städtische Ämter die einst monumentale Anlage auf ein bindungsloses Fragment. Man trennte die Stelengruppe vom Wasserbecken und versetzte sie 200 Meter entfernt an die Uferböschung. (RM)

Ein Vorhaben, das bereits in den 1990er Jahren geplant war aber nur teilweise realisiert werden konnte, scheint nun Wirklichkeit zu werden, die „Rekonstruktion des historischen Denkmals von Richard Breslau in 2015“. So verkündet es ein großes Transparent des Fördervereins für Spiel- und Freizeitplätze der Generationen in Erfurt e.V. direkt vor dem Denkmal.  Man kann also gespannt sein, ob es die lobenswerte Initiative schafft, das ursprüngliche Ensemble mit seinem vorgelagerten Becken wiedererstehen zu lassen. (DT)

Straßennamen: Richard-Breslau-Straße, 1901, vier Jahre nach dem Tode Breslaus, gab die Stadt Erfurt, einer der vornehmsten Straßen entlang des Flutgrabens seinen Namen.

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In: Stadt und Geschichte - Zeitschrift für Erfurt (Heftnummer):
Menzel, Prof. Dr. Ruth: Denkmale in Erfurt - Denk mal darüber nach: Richard-Breslau-Denkmal am Löberwallgraben (3)

 

Kaiser-Denkmal von Frienstedt, FD, ND (Doppeldenkmal)

Standort: S Frienstedt, Kreuzung B7, sw Ecke
Schöpfer: Bildhauer Hugo Grabe
Einweihung: 16. Juni 1913
Inschrift Stirnseite: „Wilhelm II., Auguste Viktoria, 14. September 1891“, Seite: „1888 15. Juni 1913“, Rückseite: „1813 / 1913“

Kaiser-Denkmal von FrienstedtVom 11. bis 15. September 1891 fand w von Erfurt ein „Kaisermanöver“ statt. Dazu begab sich am 14. September das preußische Kaiserpaar Wilhelm II. (1859-1941) und Auguste Viktoria (1858-1921) von ihrem Aufenthalt in Erfurt aus, wo sie am Vorabend eingetroffen waren und im Regierungsgebäude (Statthalterei) residierten, nach Gamstädt, um dort die große Parade des 4. Armeecorps abzunehmen. Beim Frienstedter Gasthaus „Fürstenhof“, s des Ortes an der „großen Heerstraße“ (heute B7), war ihnen eine zweifache Ehrenpforte errichtet worden. Hier verließ das Paar die Kutsche und stieg zu Pferde. Damit war der erste Anlass des späteren Denkmals gegeben. Ein weiterer ergab sich 1913 mit dem 25jährigen  Regierungsjubiläum Wilhelm II. Daher die Inschrift auf der Denkmalsseite (s.o.).
Die Gemeinde Frienstedt würdigte dann in der allgemein in jenem Jahr herrschenden kaiserlichen Feierstimmung beide Jubiläen, in dem sie an dem Ort des hohen Besuchs vom 14. September 1891 das besagte Denkmal als Zeichen der Erinnerung und ihrer Kaisertreue errichtete. So fand am 16. Juni 1913 die feierliche Einweihung unter Anwesenheit des gesamten Ortes und patriotischen Reden statt. Pastor Dietrich verwies in seinen Worten darauf, dass der hier geweihte Gedenkstein vom ersten Besuch eines Kaisers nach 700 Jahren künden solle.

Kaiser-Denkmal von Frienstedt, InschriftInteressant ist die Inschrift auf der Rückseite des eratischen Blocks (Findling) mit den Jahreszahlen 1813 und 1913, die einen anderen kaiserlichen Bezug herstellt, zum Kaiser der Franzosen. Vielerorts errichtete man 1913 Denkmale, die dem überhöhten nationalen und patriotischen Empfinden Ausdruck gaben, so wie es der Inschrift auf dem Napoleonstein von Utzberg abzulesen ist: „1813 – 1913. Zur hundertjährigen Jubelfeier der Erhebung Deutschlands und der Zerstrümmerung der Weltherrschaft Napoleons. Deutschland sei wach! ...“ Art und Typus der Jahreszahlen am Frienstedter Findling  – übereinander stehend in einem vertieften Rechteckfeld – weisen eine deutliche Ähnlichkeit mit einem Findling auf, der sich heute auf einem Privatgrundstück in Schmira befindet und Teil des als Findlingspyramide gestalteten Erinnerungsmals in der „Pfaffenlehne“ gewesen sein soll.
Die Kaiserparade bei Gamstädt wurde mit einem gewaltigen Aufwand vorbereitet. Für die große Tribüne mussten 50 Wagen Baumaterial herangefahren werden. 30 Zimmerleute waren mit dem Aufbau beschäftigt und hatten in drei Wochen fertig zu sein. Die Tribüne sollte 1.000 Sitzplätze bieten, das entspricht derjenigen bei den DomStufen-Festspielen in Erfurt. Durch den Platzpreis 1. Klasse 10 Mark, 2. Klasse 5 Mark, versprach man sich, den   hohen Unkostenberg abgetragen zu können. In Gamstädt  und näherer Umgebung tummelten sich Spekulanten, um mit kurzfristigen Pachtungen von Land oder Räumlichkeiten noch einen guten Schnitt zu machen. Mit dem Wetter hatte man Glück, nach einem kühlen und nassen Sommerverlauf, zeigte sich der September meist schön und warm. So konnten die Vorbereitungen des Kaisermanövers, Ortsverschönerungen, Straßenerneuerungen und die Herrichtung des Manövergeländes unbehindert ablaufen. Für das 900 Morgen (225 ha) große Paradefeld mussten die Äcker gewalzt und sogar der der „Seltenbach“ verrohrt werden.
Alle Geschirrhalter wurden für Fuhrleistungen verpflichtet. Die Dörfer hatten beträchtliche Einquartierungen an Militär zu verkraften, so z.B. Gierstedt (276 Einwohner) 405 Soldaten  oder Döllstädt (781 Einwohner) 1.700 Infanteristen. Alle wurden ohne Verpflegung und Fourage (veraltete militärische Bezeichnung für Pferdefutter: Hafer, Heu und Stroh) für die Pferde einquartiert. Der Quartiergeber wurde verpflichtet, Naturalverpflegung zu geben und den Ofen zur Verfügung zu stellen. Weitere Truppen, die nicht mehr unterzubringen waren, mussten bei Bischleben felddienstmäßig biwakieren.
Am Abend des 14. September fand auf dem Erfurter Domplatz der große Zapfenstreich mit allen Spielleuten des 4. Armeekorps (ca. 1.500 Mann!) statt. Am 15. September folgte dann der Höhepunkt in Gamstädt, ein Großereignis seiner Zeit. Bei schönstem Sonnenschein pilgerten Tausende an das Paradefeld mit 32.000 Soldaten, wo der Kaiser mit Gefolge die Front abritt. (DT, Lothar Hess, 4)

 

Luther-Gedenkstein bei Stotternheim, Lutherstein, FD

Standort: O Stotternheim, O-Ende Luthersteinweg
Einweihung: Am Nachmittag des 4. November 1917

Luther-GedenksteinDer Gedenkstein nahm auf das sagenumwobene Gewittererlebnis vom 2. Juli 1505 Bezug, das Martin Luther (1483-1546) als Erfurter Jura-Studenten zum Eintritt ins Kloster der Augustinereremiten bewogen haben soll. Über der Einweihungsfeier lag der nationalprotestantische Geist des Ersten Weltkriegs, der Luther zum Hoffnungsträger der Deutschen stilisierte. Erfurts Gymnasialdirektor Prof. Dr. Johannes Biereye rief in seiner Festrede dazu auf, "mit dem Glaubensmut und der Glaubenskraft Luthers weiter zu leben und zu kämpfen in aller Not und Gefahr, die uns in dieser Welt umdräut." Der unbehauene Gedenkstein aus schwedischem Granit nennt den Ort ,“Werdepunkt der Reformation", auf der Rückseite wird ihm im Pathos der Zeit das Prädikat "Geweihte Erde" verliehen. Freilich lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob Luther auf dem Rückweg vom heimischen Mansfeld tatsächlich beim Einschlag eines Blitzes an dieser Stelle spontan den Schwur tat: "Hilf du, heilige Anna, ich will ein Mönch werden!", und diesen dann als göttliche Fügung konsequent umsetzte. Theologen und Historiker vermuten vielmehr einen längeren Prozess, der zur Hinwendung ins Religiöse führte. Sicher ist aber, dass mit dem Eintritt in das Erfurter Augustinerkloster am 17. Juli 1505 die intensive Auseinandersetzung Martin Luthers mit der Frage begann, wie er einen gnädigen Gott bekommen könne. Hier liegen wesentliche Wurzeln der Reformation. (SR)

Straßennamen: Lutherstraße



Letzte Aktualisierung ( 05. 02. 2020 )
 
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