Lüder, Friedrich - Gärtner, Gartendirektor |
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Geschrieben von Jürgen Zerull | |
16. 08. 2007 | |
Gartendirektor der Erfurter Gartenbaufirma J.C.Schmidt* 03. Oktober 1856
Friedrich Lüder war über 42 Jahre Gartenbaudirektor und leitender Mitarbeiter – Obergärtner, Inspektor, später Gartendirektor – der weltbekannten Erfurter Gartenbaufirma J.C.Schmidt. Während dieser Zeit leitete er fast die gesamten Außenbetriebe dieser Firma. Zahlreiche Gemüse-, Sommerblumen- und Pflanzen-Neuheiten sind unter seiner Leitung gezüchtet und in den Handel gebracht worden. „Dass er stets bestrebt war, nur das Beste, wirklich Verbesserung und Fortschritt bedeutende, einzuführen, wird dadurch bewiesen, dass die meisten dieser Neuzüchtungen dauernd in den Kulturen zu finden sind.“ „Tausende von Gärtnern des In- und Auslandes haben unter ihm an ihrer fachlichen Aus- und Weiterbildung gearbeitet und stets war es ihm eine besondere Freude, wenn Kollegen, die – manchmal nach Jahrzehnten und aus weiter Fremde – Erfurt als Blumenstadt wieder aufsuchten, ihn begrüßten und mit ihm gemeinsam alte Erinnerungen auffrischten.“ 1 Lüder begann seine Laufbahn schon in der frühen Kindheit, in der er seine Liebe zur Natur und Pflanzenwelt entdeckte, und mit 10 Jahren hatte er bereits den festen Entschluss gefasst, Gärtner zu werden. Er wurde am 03. Oktober 1856 in Quedlinburg geboren und besuchte dort auch Realschule. Bereits mit 15 Jahren (1872) trat er als Lehrling bei der Firma Gebr. Wenzel in Quedlinburg ein und erwarb dort grundlegende Berufskenntnisse. 1876 war er bei der Fa. Oskar Knopff in Erfurt tätig, später, 1877-1880 bei der Fa. Däumer und Wirt in Frankfurt am Main. Er ging dann nach Ludwigslust in Mecklenburg, wurde als Obergärtner angestellt und ging aber, einem Wunsche seines Vaters folgend, später zurück nach Quedlinburg zur Fa. Wenzel. Er erhielt die Oberaufsicht über alle Zweige des Betriebes und übernahm nach dem Tod des Firmeninhabers die Leitung des Geschäfts. Lüder arbeitete unermüdlich an seiner eigenen Weiterbildung, merkte jedoch, dass Quedlinburg und die Fa. Wenzel seinem wachsenden Wissen und seiner Kreativität nicht mehr genügend Freiraum und Erweiterung ermöglichte. In einer Laudatio zu seinem 70. Geburtstag schrieb Möllers Deutsche Gärtner-Zeitung: „...Auf die Dauer konnte die Tätigkeit in Quedlinburg seinem Schaffensdrang jedoch nicht genügen, nach Größerem strebte sein Sinn....“ 2 Er meldete sich, als die bereits weltbekannte Erfurter Firma J.C.Schmidt einen Obergärtner für Samen- und Schnittblumenkulturen suchte, bei dieser und wurde aus zahlreichen Bewerbern ausgewählt. Am 15.04.1886 trat er bei J.C.Schmidt 29-jährig als Obergärtner ein. Kulturerfolge brachten ihn hier bald zu Ansehen und schon nach einem Jahr wurde er zum Garteninspektor ernannt. Gleichzeitig wurde ihm die gesamte Oberleitung des Außenbetriebes einschl. der Feldwirtschaft übertragen.
Die Firma J.C.Schmidt war als Blumen-, Samen- und Pflanzen-Weltfirma in dieser Zeit nur noch vergleichbar mit dem Betrieb von H.F.Eilers in St. Petersburg. Das unter dem Namen J.C.Schmidt geführte Geschäft in Berlin wurde im Jahre 1867 durch L.E.Kuntze gegründet, dessen Gattin Luise, geb. Schmidt, eine Tochter des Erfurter Unternehmers war. 1869 wurde in Berlin-Charlottenburg ein Grundstück für eine Gärtnerei erworben, später ein ebensolches in Steglitz (1883). Nach dem Tod des Gründers L.E.Kuntze 1892 führte dessen Witwe das Geschäft weiter, später die Söhne Karl und Wilhelm Kuntze.
Lüder entwickelte seine Kenntnisse weiter, erhielt immer höhere Verantwortung für die Unternehmensführung, Leitung der Betriebe und Feldanlagen, und wurde schließlich zum Gartendirektor ernannt. Damit hatte er die vollständige Verantwortung über die gartenbauliche Entwicklung der Fa. J.C.Schmidt erhalten. Über seine Arbeitsauffassung, seinen Fleiß und sein Engagement schreibt MDGZ in ihre Laudatio zum 70. Geburtstag 1926: „...Die Ausdehnung der werdenden Großstadt, die die bis an die alten Stadtmauern heranreichenden Blumenfelder immer weiter hinausdrängte, verschiedene große Brände, die den Neubau und die Neueinrichtung von Lager-, Trocken- und Maschinenhäusern nötig machten, und nicht zuletzt der Weltkrieg, dem infolge Kohlenmangel unter anderem auch die im großen Palmenhause zusammengetragenen Pflanzenschätze zum Opfer fielen und der eine völlige Umstellung der Gewächshauskulturen herbeiführte, haben wesentlich dazu beigetragen, die auf ihm ruhende Sorgenlast zu vergrößern. Aber nichts hat ihn lange niederdrücken können, stets ging er mit zähem Mut an den Aufbau und die Verbesserung des Vernichteten, ohne große Worte zu machen...“ 3 Lüder wurde nicht nur in Erfurter Fachkreisen hoch geehrt und viele achteten auf sein fachliches Urteil. Die Erfurter Gärtnervereinigung verlieh ihm die Ehrenmitgliedschaft. Lüder war aufgrund seines Gesamtinteresses am Gartenbau sowohl in den Kreisen der deutschen Samenzüchter, als auch im Reichsverband des Deutschen Gartenbaus und dem Bund Deutscher Baumschulbesitzer wohl bekannt und arbeitete viele Jahre mit an der Förderung der Bestrebungen dieser Verbände. Er war auf vielen Gartenbau-Ausstellungen des In- und Auslandes im Ehrenamt als Preisrichter tätig und die Behörden schätzten ihn als Sachverständigen. Im Jahre 1928 wurde er im Alter von 71 Jahren (!) von der Firma J.C.Schmidt in den wohlverdienten Ruhestand versetzt, aber kein Tag verging, an welchem er nicht Kontor und Betrieb aufsuchte und sich über die laufenden Arbeiten informierte.
Lüder starb 75-jährig am 24. Februar 1932 an den Folgen eines Herzschlages und wurde unter großer Beteiligung an den Feierlichkeiten auf dem Erfurter Friedhof beigesetzt. „...Nun ist von ihm nichts mehr übrig als ein Häuflein Asche, sein Andenken aber wird bei allen, die ihn kannten oder ihm näher traten, in Ehren fortleben.“ 4 Erfurt, 09.08.2007 / Zerull, Verein zur Förderung der ökologischen Bildung e.V.
1 Möllers Deutsche Gärtner-Zeitung Nr. 29/1926, 8 und 16/1932 2 ebenda 29/1926, S. 360 3 ebenda 4 ebenda Nr. 16/1932, S. 192, Erinnerung an Lüder von M. Gleichmann |
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Letzte Aktualisierung ( 12. 01. 2017 ) |
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