Pflanzen im und am Erfurter Steigerwald |
![]() |
![]() |
![]() |
Geschrieben von Detlef Tonn | ||||
24. 01. 2008 | ||||
Seite 12 von 32 Liliengewächse (Liliaceae)
Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) - herbstliche Schönheit in ViolettrosaColchicum: Gattung der Liliaceae; nach Colchis, dem antiken Namen des Küstenlandes an der Ostküste des Schwarzen Meeres, das bereits in der griech. Mythologie (Medea) als Heimat der Gifte und Giftmischerinnen erscheint. Die Landschaft ist reich an Liliengewächsen - Zeitlose. autumnale: Herbst-, herbstlich.
Der Herbst taucht den Steigerwald in bunte Farben. Die Gräser und Kräuter vergilben, eine letzte Blütenpflanze ziert die grasigen Standorte: Die Herbstzeitlose. Früher war die Art auf wechselfeuchten Streuwiesen rings um Erfurt weit verbreitet, heute ist sie im landwirtschaftlich intensiv genutzten Grasland leider verschollen.
Ursache des Rückgangs ist zweifellos die energische Bekämpfung der Pflanze, denn sie vergiftet das Heu. Obwohl erfahrene ältere Weidetiere die Pflanze meiden, kommt es bei unerfahrenen Jungtieren besonders beim ersten Weideauftrieb zu Vergiftungserscheinungen. Schafe können sich an den Giftstoff Colchizin gewöhnen, aber die Milch wird vergiftet. Durch die Bekämpfung der Herbstzeitlosen im genutzten Grünland blieben ihr nur Refugien an Waldrändern, in lichten Laubwäldern und Gebüschen erhalten. Der Randbereich des Steigers nach Rhoda und BischIeben zu besitzt noch örtlich massierte Vorkommen dieser sehr attraktiven Pflanze. Das Liliengewächs blüht meist violettrosa. Erste Blüten sind ab August, letzte noch im November zu beobachten. Sie entwickeln sich aus unterirdischen Sproßknollen. Nach den Blättern sucht man zur Blütezeit im Herbst vergebens, diese zeigen sich in breit-Ianzettlicher Form erst im nächsten Mai. Erst dann reifen die Samen in den bauchigen Fruchtkapseln aus.
Jetzt im Herbst findet also nur die erste Hälfte des Vermehrungszyklus statt. Man kann nur die oben trichterförmigen Blüten sehen. Sie bestehen aus sechs Blütenblättern, die nach unten zu einer röhrigen Form verwachsen sind. Da bei Anbruch frostiger Nächte nur noch wenige Insekten fliegen, kommt ihnen keine Bestäubungsfunktion zu. Vielmehr sind es kleine Nachtschnecken, die im Blütenkelch weiden und dabei die Pollen auf die Narbe übertragen. Der Fruchtknoten selbst liegt tief im Erdboden.
Die eigenartige Lebensweise dieser hübschen Steigerpflanze führte früher zu abergläubischen Vorstellungen. Auch die Giftwirkung gab lange Zeit Rätsel auf. Als Heilmittel gegen die Gicht spielte die Pflanze eine Rolle. Weitaus bedeutungsvoller ist das Colchizin heutzutage in der Mutationsforschung. Somit hat die häufig stark verschmähte, gebietsweise ausgerottete Pflanze neben der ästhetischen Wirkung als zierendes Gewächs auch eine unmittelbare wissenschaftlich-praktische Nutzung aufzuweisen.
Der Steigerwald kann ihr weiterhin als Refugium dienen. Periodische Auslichtungen im Rahmen der Forstnutzung geben der Pflanze eine gute Überlebenschance. https://de.wikipedia.org/wiki/Herbstzeitlose
Türkenbundlilie, auch Türkenbund (Lilium martagon) - Hitzestreß läßt nur äußerst wenige "Turbane" erblühenLilium: Gattung der Liliaceae; lat. = Lilie. martagon: Goldzwiebel. Zu den attraktivsten Sommerblühern des stadtnahen Waldes gehört ohne Zweifel die Türkenbundlilie, die gemäß Bundesartenschutzverordnung zu den besonders geschützten Pflanzen zählt. Die ansehnlichen Blüten entfalten sich Ende Juni bis Ende Juli, in manchem Sommer, wie diesem 2010 mit dauerhaft tropischen Temperaturen von bis über 30, sogar 35 °C, vertrockneten viele Knospen infolge des sommerlichen Hitzestresses.
In den Waldungen nahe der Stadt sind stellenweise Türkenbundlilien zu beobachten. Reiche Vorkommen im Willrodaer Forst und in der Fahnerschen Höhe sind auf tiefgründige, lockere, humus- und nährstoffreiche Standorte beschränkt. In der Regel sind die Wuchsorte halbschattig. Abgesehen von menschlicher Habgier droht der prächtigen Pflanze Gefahr durch den Verbiß des Rehwildes. An Standorten, die gegen Rehwild gesichert sind, können beachtenswert große Einzelpflanzen von über 1,50 Meter Wuchshöhe auftreten. In solchen gegatterten Schonungen überragen viele Türkenbundpflanzen mehrere Jahre die jungen, in Reih und Glied stehenden Bäumchen, solange den Rehböcken der Zutritt in die Gatterung verwehrt wird. Betrachtet man die zahlreichen Austriebe des Türkenbundes im zeitigen Frühjahr, beispielsweise im südlichen Steiger, und sucht im Sommer nach dem Blütenschmuck, ist man oftmals enttäuscht: Die Mehrzahl der Pflanzen ist vom Wild zerbissen worden. Ein anderer Feind der Blüten ist das Lilien-Hähnchen, das als Larve die Blütenknospen von innen her verspeist. "Goldwurzel" nannten die mittelalterlichen Alchimisten die Pflanze, die in Wäldern und Forsten Thüringens durchaus weit verbreitet ist. Fotos vom 27.06.2010 |
||||
Letzte Aktualisierung ( 18. 12. 2019 ) |
< zurück |
---|