Sickler, Johann Volkmar - Pomologe |
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Geschrieben von Detlef Tonn | |
28. 04. 2015 | |
Pfarrer von Kleinfahner und Wegbereiter im thüringischen Obstanbau* 19. Januar 1742 in Günthersleben
Am 19. Januar 1742 erblickte Johann Volkmar Sickler abends 10 Uhr das Licht der Welt. Sein Vater war Gastwirt und Branntweinbrenner in Günthersleben, seine Mutter stammte aus Allmenhausen. Er war das einzige Kind. Die Mutter starb 1772 mit 60 Jahren, der Vater mit 81 Jahren 1794. Unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, erhielt er auf Grund sehr guter schulischer Leistungen vom Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg eine Freistelle an der Universität Jena, wo er mit noch mehr Entbehrungen Theologie studierte. Eine Anstellung war nach dem Studium nicht in Sicht, so wurde er Hofmeister beim Konsisterialrat Seebach in Altenburg. 1770, 28jährig, kam er als Pfarrergehilfe zum betagten Pfarrer Reibstein nach Kleinfahner und wurde Pfarrer, als dieser 1771 verstarb. Nun angestellt, konnte er am 1. Oktober 1771 heiraten. Es war die Tochter vom Haushofmeister des Prinzen in Gräfentonna, D. W. Adelhaid Wangemann. Das Pfarramt hatte er bis zu seinem Tode 1820, also über 50 Jahre lang, inne. Sickler unternahm einen der ersten Versuche, System in dieses Sortenwirrwarr hineinzubringen. Er arbeitete eng mit dem Besitzer des Gutes von Kleinfahner, dem Naumburger Domprobst von Seebach zusammen. Schon bald nach Dienstantritt pflanzte er 1791 die ersten 50 Obstbäume legte eine Baumschule an, später auch eine Obstdörre, und begründete mit den ersten 15 gepflanzten Süßkirschstämmchen den Fahnerschen Süßkirschenanbau, unabhängig davon, dass bereits 1765 in Witterda die ersten angepflanzt wurden. Sein Sohn Friedrich, der in Paris Hauslehrer war, vermittelte eine Verbindung zur dortigen Nationalbaumschule und lieferte Reiser für neue Sorten. Vorher schon, jetzt aber besonders stieß er darauf, dass eine Sorte verschiedene Namen hatte, und am Ende entwickelte er für das Obst eine Systematik, ähnlich Carl von Linné in der Botanik. Die erzielten Erkenntnisse, verbunden mit einem umfangreichen Briefwechsel, hat er in unzähligen Veröffentlichungen, Büchern, Zeitschriften von 1794 bis 1819 einem breiten Leserkreis zugänglich gemacht. Gemeinsam mit dem Verleger Friedrich Justin Bertuch ließ Sickler von Konditormeistern, wie seinem Zeichner Ernst Heinrich Gebhard , einem ehemaligen Conditor, naturgetreue Früchtenachbildungen der Sorten anfertigen und stellte ein "Pomologisches Kabinett" zusammen. Nach ihren Begründern wird das Kabinett auch Sickler-Bertuch´sche Sammlung genannt. Die Mehrzahl der Wachsfrüchte wird im Stadtmuseum von Weimar sorgfältig verwahrt. In Bamberg sieht man nur einen Bruchteil der Sickler-Bertuch'schen Sammlung. Die Modelle stellen Größe, Farbe sowie Stiele und Blüten der Sorten dar, die in den Gärten der damaligen Zeit wuchsen. Mit an der Spitze des Dorfes Kleinfahner, ertrug er in der schweren Zeit der französischen Besatzung und der Durchzüge in der Zeit 1806 bis 1813 die Drangsale, Plünderungen, Bedrohungen und Verwüstungen. Er war immer bemüht, seiner Gemeinde und anderen Hilfsbedürftigen beizustehen, Schäden abzuwenden und die Not zu lindern. In Anerkennung seiner Arbeiten wurde er zum auswärtigen Mitglied der Royal Horticultural Society zu London, der ökonomischen Societät zu Leipzig und zum Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt ernannt. Am 31. März 1820 verstarb er in Kleinfahner. Er hinterließ drei Söhne und eine Tochter, drei Kinder waren schon früh verstorben. Das Andenken an diesen verdienten Mann ehrten 1895 - 100 Jahre später - die Obstbauvereine mit der Stiftung einer Gedenktafel am Pfarrhaus in Kleinfahner. Um 3 Uhr nachmittags formierte sich ein Festzug, an dem auch Landrat Dietzsch von Gotha, Gutsbesitzer Rittmeister von Seebach, sowie sämtliche Ortsvorstände und Pfarrer der Nachbarorte teilnahmen. Kantor Apel von Döllstädt (der seinerzeit hervorragende Obstbaufachmann) hielt die Festrede. Darin zeigte er den Lebens- und Entwicklungsweg Sicklers auf, wie er, gemeinsam mit seinem Sohn Friedrich, Verbindungen knüpfte, Veredlungsreiser bezog und vermehrte. Für seine Korrespondenz nach allen Gegenden Deutschlands und ins Ausland verwandte er viel Zeit. Der Redner erinnerte auch an den schriftstellerischen Fleiß, wobei besonders das 22bändige Werk "Der teutsche Obstgärtner" weltweit als Fachbuch gilt. An seinem 250. Geburtstag 1992 gedachten die Obstbauern und Bürger der Fahnerschen Orte ganz besonders an ihn, an den rührigen, nimmermüden Forscher, Wissenschaftler, Praktiker und Schriftsteller, besonders auf dem Gebiet des Obstbaues und der Ökonomie. Die Eröffnung des Sickler ehrenden Thüringer Obstbaumuseums im Gemeinschaftshaus "Zum Rautenkranz" in Kleinfahner musste leider mehrfach verschoben werden. Im Februar 2015 hieß es von der Gemeinde, dass das Blütenfest Ende April ein schöner Anlass sein dürfte und zugleich ein sehr ehrgeiziges Ziel für die Eröffnung. |
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Letzte Aktualisierung ( 07. 05. 2015 ) |
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