Beständiger Vermittler der Erfurter Geschichte * 10. Juni 1860 in Brücken a. d. Helme, Kreis Sangerhausen (heute Landkreis Mansfeld-Südharz † 19. Januar 1949 in Erfurt Er besuchte in Erfurt das Gymnasium. Ab 1890 studierte er Geschichte, Geographie und alte Sprachen. Nach Abschluß seiner Studien war er als Lehrer tätig. 1908 rief man ]ohannes Biereye als Schulleiter an das Ratsgymnasium in der Schillerstraße. Eine große Ehre, schließlich schickten die Bürger und Beamten ihre Kinder an diese Schule. Biereye war als Leiter der Klosterschule Roßleben bekannt, er dozierte etwa über die Erziehung in Elternhaus und Schule, die er als untrennbar begriff. Zeitgenossen beschrieben ihn als energisch, dennoch habe er ein feines Gespür für schwache Schüler entwickelt und ihre Talente geweckt. Bis 1924 führte Biereye die Lehranstalt mit fester Hand, gerade nach dem Ersten Weltkrieg. Der Schuldirektor trat 1919 einer Bürgerwehr bei, die sich als Teil einer ordnenden Hand gegen die aufrührerische Arbeiterschaft sah. Im gleichen Jahr wurde er aber Mitgründer der Volkshochschule, die gerade den mittellosen Erfurtern eine bessere Bildung und damit einen Ausweg aus der Perspektivlosigkeit bieten sollte. 1910 wurde er zum Vizepräsidenten der "Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt" und 1930 zu deren Präsidenten gewählt; ein Ehrenamt, das er über 15 Jahre bis 1945 ausfüllte. Außerdem war er Vorstandsmitglied des "Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt" und Vorsitzender der 1925 gegründeten "Erfurter Bibliothekengesellschaft", die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, "Verständnis und Liebe zu allem, was mit Büchern zusammenhängt, zu wecken". 1928 siedelte Preußen die neue pädagogische Akademie in Thüringen an, Erfurt hatte das Vergaberennen gegen Halle und Magdeburg für sich entschieden. Entscheidend mag dafür auch das Engagement von Biereye gewesen sein - man durfte auf ein neues Keimen des universitären Geistes hoffen, der mit der Schließung der AIma mater 1816 verloren schien. Doch schon vier Jahre später sparte die Stadt die Lehrstätte wieder ein. Arbeitslosigkeit und politische Unruhen banden alle Mittel, die die Stadtväter noch hatten. Der Geheimrat und Prof. Dr. aber blieb der Stadt seiner Wahl treu. Biereye blieb ledig und kinderlos. Seine zweite Berufung war die Geschichte. Er erforschte die Stammbäume zurück bis Martin Luther und Meister Eckhart, hielt in Chroniken fest, was und wer Erfurt im frühen 20. Jahrhundert bewegte. Biereye selbst muss zu den erfolgreichsten Geschichtsforschern Erfurts in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezählt werden. In einer Fülle von Aufsätzen, durch zahlreiche Vorträge und Stadtführungen machte er die Erfurter mit ihrer Geschichte vertraut. Junge Historiker, darunter Theodor Neubauer, erhielten durch ihn jederzeit Beratung und Anregung zu wissenschaftIicher Arbeit. Durch seine persönliche Vermittlung von historischen Zusammenhängen sowie durch seine publizistischen Arbeiten erwarb sich Johannes Biereye große und bleibende Verdienste für Erfurt. So verlieh ihm die Stadt dann ihrerseits die Ehrenbürgerwürde und benannte eine Straße nach ihm, schon zu Lebzeiten. Veröffentlichungen Erfurt in seinen berühmten Persönlichkeiten. Eine Gesamtschau. 1937 Ein unentbehrliches Nachschlagewerke für jeden, der sich mit der Geschichte Erfurts beschäftigt, ist es bis heute geblieben. Eine beigefügte Übersicht, unterteilt in Abschnitte der Stadtentwicklung sowie Tätigkeitsbereiche der bedeutendsten aufgeführten Personen, erleichtert den Zugang. Es enthält rund 500 Kurzbiographien von bedeutenden Erfurtern, wobei Biereye ausdrücklich hervorhebt, dass es unrecht wäre, "unter berühmten Persönlichkeiten nur Männer aufzuzählen". So finden wir neben Bonifatius und Luther, Adam Ries und Andreas Elias Büchner, August Hermann Francke und Christian Reichart auch die Schauspielerin Sophie Albrecht, die Malerinnen Marie Hesse und Amalie Pachelbel, die Schriftstellerinnen Lina Walter und Sidonie Zeunemann, sowie Caroline von Humboldt, geb. Dacheröden, die Biereye "Erfurts bedeutendste Frauen" nennt. Es kann insgesamt festgestellt werden, dass Biereye nicht nur konservativ, sondern durchaus auch fortschrittlich dachte. Ehrungen Ehrenbürger der Stadt Erfurt Straßenbenennung Biereye-Straße, Erfurt, Andreasvorstadt, 1930 (zu Lebzeiten Biereyes - er war da 70 – etwas Vergleichbares kommt bis heute sehr selten, nur in äußersten Ausnahmefällen vor!) Quellen Schwarz, Erika. In: Das Volk 1989? sowie TA (op), Straßenbekanntschaften (30)
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