Buchholz, Karl - Landschaftsmaler, Radierer |
![]() |
![]() |
![]() |
Geschrieben von Detlef Tonn | |
20. 04. 2016 | |
Die Natur im Morgenkleide* 23. Februar 1849 in Schlossvippach
Vertreter der „Weimarer Malerschule“ (1860-1900) „Im April 1867 war Karl Buchholz als 18jähriger in die Kunstschule Weimar eingetreten. Zeugnisse seiner schönen Begabung konnte er schon in dem Skizzenbuch von 1866 mit Studien aus Dörfern in der Umgebung von Weimar vorweisen. Selten ist in diesen Jahren mit den überkommenen Mitteln einer tonigen Ateliermalerei ein so frisches Gemälde geschaffen worden, wie Buchholz' Frühling im Dorf bei Weimar. Der Verzicht auf die übliche Abrundung der Komposition durch Figuren [indes sind eine männliche Figur und ein sitzendes Kind? am rechten Mittelgrund unauffällig eingefügt] ist bemerkenswert, ebenso die Hereinnahme des Betrachters ins Bild durch den Fußweg, der sehr nahe am vorderen Bildrand beginnt. Mit Henne und Küken, mit Staren am Kasten, Tauben auf den Dachsparren, mit blühenden Obstbäumen und dem ersten grünen Hauch über zarten Baumwipfeln vor blaßblauem Himmel ist ein Komplex von Empfindungen aufgerufen, der unsentimental das Erleben eines schönen Frühlingstages im Thüringer Lande umfasst und dem Betrachter mitteilt.
Die heitere Gemütsstimmung, die aus seinem Frühlingsbild sprach, blieb Buchholz nicht. Schon nach wenigen Jahren wurde erkennbar, dass er als Melancholiker mehr auf elegische Stimmungen in der Landschaft ansprach; sie im Spätherbst, im verspäteten Winter aufsuchte und in Werken mit solchen Motiven seine Empfindungen kundgab. Es ist unverkennbar, dass Buchholz' Gemälde manchen Gleichklang mit Arbeiten Caspar David Friedrichs (1774-1840) haben, der wie Buchholz Melancholiker war. Die symbolischen Werte von Friedrichs Werken gehen freilich den Gemälden von Buchholz völlig ab. Von 1871 an fand Buchholz in Theodor Hagen (1842-1919) einen verständnisvollen Lehrer, der die Begabung förderte und die Persönlichkeit achtete. Seine Sorge galt auch der wirtschaftlichen Lage Buchholz', der damals noch ohne ausreichende Mittel studierte und auf Freistelle und -atelier angewiesen war. Seiner Veranlagung nach war Buchholz Zeichner, jedoch mit dem Pinsel so gut wie mit dem Stift. Er kostete in seinen Gemälden die Reize der Linien aus: dunkles Geäst vor hellem Himmel, helle Stämme vor Waldesdunkel. Das Hamburger Bild von 1876 ist eine der besten Arbeiten des Künstlers. Ein kleines, verwildertes Wäldchen ganz nahe bei der Stadt, das Webicht, war zum bevorzugten Studienplatz Buchholz' geworden. Mit dichtem Unterholz, mit einem Gemisch von Laubbäumen und verwachsenen Alleen aus dem 18. Jahrhundert war das Gehölz kaum begangen, dagegen ein Paradies der Vögel, besonders der Krähen, die im Spätherbst und Winter die Abenddämmerung und das Morgengrauen beherrschten. So erscheint das Wäldchen auch in vielen Gemälden Buchholz': kaum ein Mensch auf den Wegen oder am Waldrande, Krähen in der Luft und in den Bäumen, dünnes Sonnenlicht oder Wolken im Lichte der früh untergehenden Sonne durch die Bäume schimmernd. Dem Brauch der Weimarer Schule entsprechend hat Buchholz vor der Natur nicht nur gezeichnet, sondern auch mit Ölfarben skizziert. In flotter Pinselführung, unter Verzicht auf Details hat er die durch den gewählten Naturausschnitt bereits komponierte Studie hingetupft. Sosehr heute solche Studien des Künstlers ansprechen, weil in ihnen mehr Temperament gewirkt zu haben scheint als in den präzisen, in Resonanz einer Seelenstimmung durchgearbeiteten Landschaften, so waren diese doch das künstlerische Anliegen Buchholz'. Er teilte mit Caspar David Friedrich auch die Menschenscheu; kaum einer der Weimarer Maler hatte mit ihm nähere Kontakte. Selten nur hat er seine Heimat verlassen. Den Harz hat er besucht, auch den Thüringer Wald, eine Studie verrät seinen Aufenthalt an der Ostsee und auf der Insel Vilm, doch hatten die Reisen nur geringen Einfluss auf sein Schaffen. In seinem Atelier hatte er Photos nach Werken von Théodore Rousseau (1812-1867) und Charles-François Daubigny (1817-1878), auch Corot-Abbildungen waren zur Hand, die ihn in seiner Liebe für das schlichte Landschaftsmotiv bestärkten.
Es wurde öfters gesagt, dass Buchholz zu Lebzeiten ein Verkannter gewesen sei und dass die Nichtachtung seiner Künstlerschaft ihn schließlich in den Tod getrieben habe. Diese Legende findet keine Bestätigung. Melancholiker und Einsiedler wird man nicht durch äußere Umstände, sondern ist es aus angeborener Charaktereigenschaft. Im Kreise seiner Lehrer und Mitstudierenden war Buchholz als Begabung von Eigenart geachtet. Er hat auch keine Not gelitten, denn er war nach abgeschlossener Studienzeit mit einem kleinen ererbten Grundvermögen unabhängig und wirtschaftete mit seiner Mutter im eigenen Hause in Oberweimar. Über das geringe Interesse der Einwohner Weimars, besonders auch des ansässigen reichen Adels, hatte nicht nur Buchholz zu klagen. In Briefen hatte Graf von Kalckreuth mehrfach dem Großherzog erklärt, es kämen Künstler nur ungern nach Weimar, weil die Stadt so gar keinen Markt für ihre Werke biete. Bei Buchholz mag es in späteren Jahren auch eine Rolle gespielt haben, dass er mit seinen frühen Leistungen als eine Art Wunderkind angesehen worden war. Da kann es eine Enttäuschung bedeutet haben, nicht zeitlebens „Wunderkind“ geblieben zu sein. So etwas klingt aus den Worten, die Lovis Corint (1858-1925) Buchholz widmete, als er von seinem Besuch mit seinem Lehrer Otto Edmund Günther (1838-1884) um 1880 in Buchholz' Atelier sprach: “Dann besuchen wir das Genie jener Weimarer Zeit, den Landschaftsmaler Buchholz. Er lebte still, melancholisch und zurückgezogen. In seinem Atelier standen viele Bilder kleinen Formats, welche gerade in jener Zeit von den Kritikern so gelobt wurden. Die Kritiker nannten die Bildchen sinnig „Die Natur im Morgenkleide“. Es ist merkwürdig, wie viele neue Bilder bereits über die Welt gestürmt sind, und doch wirkt das Neueste und Umstürzlerischste nach einer Zeit von Jahren bereits harmlos und gar nicht stürmisch ...“ Paul Baum (1859-1932), der zehn Jahre lang, von 1878 bis 1887, neben Buchholz in Weimar gearbeitet hat, fasste in seinem Tagebuch, bald nachdem er Weimar verlassen hatte, seine Ansicht zusammen: 'Der gute Buchholz ist ein vortrefflicher Künstler. Wäre er als Mensch nicht so verkehrt, müsste er entschieden mehr Erfolge aufzuweisen haben. Obgleich ich die Jahre hindurch in Weimar ihm feindlich gegenüberstand, fand ich mich doch immer wieder zu ihm hingezogen.' (Hitzeroth) Die zunehmende Einseitigkeit in Buchholz' Werken bedauerte auch Albert Brendel (1827-1895) als Direktor in seinem Bericht von 1881 an das Hofmarschallamt: 'Buchholz, Landschaftsmaler, Schüler von Prof. Hagen, ist durchaus eigenartig, er besitzt selbständige Beobachtung und Wiedergabe der Natur und dokumentiert nach meinem Dafürhalten außerordentlich viel seelisches Gefühl, zuweilen fast an sentimentale Nüchternheit streifend. Ich meine mit dieser Nüchternheit, dass ich ihm hier und da etwas mehr Courage wünschte, einen gedachten Effekt oder eine gesuchte Stimmung energischer zu betonen.'
Dem fehlenden Kontakt mit weltgewandteren Künstlern war es wohl zuzuschreiben, dass Buchholz auf künstlerische Fragen, die ihm begegneten, keine Antwort wusste oder fand. In den 1880er Jahren wurde doch an der Weimarer Kunstschule mit den Lehrern Theodor Hagen, Leopold Graf von Kalckreuth, Max Thedy, aber auch mit Meisterschülern wie Christian Rohlfs, eine Wandlung in der Auffassung des Landschaftsbildes herbeigeführt, die eine Opposition gegen Feinmalerei und tonige Stimmungslandschaft bedeutete. Buchholz sah wohl, was vor sich ging, aber er klagte nur, dass aus Abbildungen so wenig zu ersehen sei und dass er französische Texte, die von neuerer Kunst in Frankreich berichteten, nicht lesen könne. Ein jüngerer Kunstschüler, Franz Hoffmann-Fallersleben (1855–1927), dem es in den 1870er Jahren gelang, sich dem Eigenbrötler zu nähern, konnte selbst in seiner Unerfahrenheit in Problemen der Malerei nicht helfen. Dass er Buchholz stattdessen in die Welt der Literatur einführte, ihm Goethe, Eckermann, Turgenjew, Storm, Möricke, Eichendorff, aus seiner Bibliothek lieh, bedeutete für Buchholz bei den drei letztgenannten nur das Wiederfinden eigenen Fühlens bei den Dichtern. Buchholz kam erst im Jahr vor seinem Freitod zu Versuchen in der Radierung, die ihm besonders zu liegen schien. Hier, wo Linie und Ton allein sprechen konnten, hat er ein paar Blätter geschaffen, die seinen besten Gemälden gleichwertig sind, eben weil er sich im Motiv und in der elegischen Stimmung selbst treu bleiben konnte. So ist Buchholz nicht die tragische Gestalt, zu der ihn einmal Journalisten machen wollten. Seine künstlerische Haltung ist nicht durch äußere Lebensumstände bedingt, sein Leben nicht wegen Verkennung freiwillig beendet worden. Das macht es heute möglich, seine Arbeiten unbeschattet von Vorwürfen zu betrachten und zu bedenken, dass die Melancholiker von Caspar David Friedrich bis zu Ernst Barlach in der deutschen bildenden Kunst keine geringe Rolle gespielt haben. Wenn es nach Buchholz' Tode still um seine Arbeiten geworden ist und einer förmlichen Neuentdeckung bedurfte, so ist dies keine Ausnahme gewesen. Hat man doch eine ganze Malergeneration, die der deutschen Frühromantik, erst mit der Berliner Jahrhundert-Ausstellung von 1906 wiederentdeckt. Dort fand auch Buchholz mit elf guten Gemälden eine erste allgemeine Würdigung.“ (Scheidig) Werke (Auswahl)/ VerbleibSeine vergleichsweise wenigen Werke sind weit verstreut in Museen und in Privatbesitz.
Ausstellungen
PreiseWeimar 1872: Windmühle 300 Taler [10. März 1872 Windmühle in Thüringen in Weimar ausgestellt], Idylle(?) aus Thüringen 100 Taler StraßenbenennungKarl-Buchholz-Straße in Schloßvippach. Nr. 4 ist das Geburtshaus des Künstlers. Quellen
|
|
Letzte Aktualisierung ( 28. 02. 2017 ) |
< zurück | weiter > |
---|