Rohlfs, Christian - Maler |
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Geschrieben von Detlef Tonn | |
28. 04. 2016 | |
Ein bedeutender Wegbereiter des „deutschen“ Impressionismus* 22. Dezember 1849 in Niendorf (heute Groß Niendorf), Kreis Segeberg
Vertreter der „Weimarer Malerschule“ „Als Sohn unbemittelter Bauern war er 1849 in Niendorf bei Segeberg in Holstein geboren. Ein Sturz vom Baum machte den Jungen unfähig, später einmal den Bauernhof des Vaters zu übernehmen. Um ihn vor dem Schicksal zu bewahren, als Dorfkrüppel durch das Leben gehen zu müssen, nahm der behandelnde Arzt Dr. Stolle aus Segeberg die zeichnerischen Fähigkeiten, die Rohlfs bei seinem jahrelangen Krankenlager erkennen ließ, als Hinweis, eine künstlerische Lebensaufgabe zu stellen. Aus Rohlfs' Skizzen und Gemälden dieser Zeit und aus denen des Grafen von Kalckreuth gewinnt man eine Vorstellung vom Figurenstudium und von den Kompositionsübungen im Atelier von Struys und Linnig. Als diese beiden Lehrer Ende des Jahres 1882 Weimar verließen, wählte Rohlfs zwar den Nachfolger Max Thedy (1858-1924) als Lehrer, aber er fühlte sich nicht mehr als Lernender. Sicherheit in seinem künstlerischen Wollen hatte er jedoch noch nicht gewonnen. Mit einer Figurenkomposition Kampf gegen falsche Götter, die in der 'Zeitung Deutschland' sehr kritisch rezensiert wurde, schloss er faktisch das Studium der figürlichen Malerei und auch sinnbildlich sein Lernen ab. Er wandte sich, ohne das Fach studiert zu haben, mit Entschiedenheit der reinen Landschaftsmalerei zu. Selbstverständlich hatte er auch zuvor vom Beginn seiner künstlerischen Ausbildung an neben dem figürlichen Studium und später neben den Kompositionsaufgaben vor der Landschaft gezeichnet und farbig skizziert. Dabei aber war er ohne Anleitung eines Lehrers und ohne Korrektur geblieben. So war er auch ohne die genauere Kenntnis der Arbeitsweise der Landschafter geblieben und war mit deren Methode nicht vertraut, alle Details vor der Natur in Skizzen zu erarbeiten und schließlich aus dem Skizzenvorrat heraus zu komponieren und auszuführen. Rohlfs sah vielmehr eine Landschaft in ihrer Ganzheit wie ein figürliches Modell an und malte danach. Er hat später seinen totalen Übergang von der figürlichen zur landschaftlichen Darstellung damit motiviert, dass Modelle Geld gekostet hätten, die Landschaft aber umsonst benutzt werden konnte. Als er so sprach, hatte er wohl bereits verdrängt, was die wohlwollende Kritik zu seinem Bild Kampf gegen falsche Götter gesagt hatte, in deren Folge er jahrelang landschaftlich arbeitete, ohne auszustellen. Dabei war ihm zugute gekommen, was die Weimarer Schule seit Michelis in Hinsicht auf die Motive für Landschaftsmaler gelehrt hatte. Jedes Motiv war Rohlfs recht, es brauchte weder malerisch noch stimmungsvoll, noch unterrichtend zu sein. Seine körperliche Behinderung durch die Beinprothese macht ohnehin weitere Studienausflüge unmöglich und nötigte ihn, die Motive für Landschaften in der Nähe der Stadt zu suchen.
Er malte 1883 die Schneidemühle von Ehringsdorf an der Ilm bei Weimar. In einem stattlichen Format, das den Begriff der Studie ausschließt, ist hier nicht eine Komposition aus Einzelskizzen erarbeitet worden, sondern ein mit Überlegung gewähltes, vor Augen stehendes Motiv erfasst und wahrscheinlich wie in einem Zuge zu Ende gemalt worden. Hauptthema war das Wasser, das Rohlfs auch späterhin immer wieder gern in den unendlichen Variationen der Erscheinung gemalt hat. Hier die spiegelnde, glasige Fläche oberhalb des Wehres, die schäumende Verwandlung im Fall und danach die Stufen der Beruhigung in der unteren Wasserebene. In den 1880er Jahren ist Christian Rohlfs für die Landschaftsmalerei in Weimar als d e r progressive Künstler anzusehen, so wie der junge Graf Kalckreuth - auch ein Schüler von Struys - im Figürlichen. Er übte auf die jüngeren Landschafter einen eher größeren Einfluss aus wie Theodor Hagen (1842-1919), da dieser seine Palette in der Landschaftswiedergabe nur in geringem Maße aufgehellt hatte. Bei seiner Arbeit hatte Rohlfs den Schülern Hagens und den Landschaftern der Akademien gegenüber noch den Vorteil, dass er auch keine Unterweisung hinsichtlich des Bildaufbaus mit Vorder-, Mittel- und Hintergrund erfahren hatte, dass er nicht auf Geschlossenheit der Komposition hin geschult worden war und nicht belastet mit dem Wissen um die Funktion von Staffage und von Farbeffekt. In seiner freizügigen Malweise brachte er mutig in die Landschaft in Anwendung, was er bei Struys und Linnig über Pinsel- und Spachtelarbeit und über die mögliche künstlerische Aussage durch Farbstrukturen gelernt hatte. Bis 1888 hin folgten in Rohlf's Schaffen zahlreiche Gemälde, die kein Dogma kannten und denen kein Motiv zu gering schien. Er arbeitete in allen Jahreszeiten; er scheute auch das hochsommerliche Mittagslicht nicht, das doch als besonderes unmalerisch galt. Zwischen dem Schloss und dem Park in Weimar fand er das grandiose Motiv der beiden dicht hintereinander liegenden Ilmbrücken, der Schlossbrücke des 17., der Kegelbrücke des 18. Jahrhunderts, wobei die Schlossbrücke in einem seit der Goethezeit künstlich aufgestauten Flussspiegel stand. Das Bild von Architekturformen aus verwittertem Kalkstein, dichter Vegetation, Wasserflächen und den Spiegelungen hat Rohlfs zu immer neuen Varianten dieses Motivs gereizt. Zwar ist ihm nicht, wie Monet, der Gedanke der Serie gekommen, doch hat er gesehen und gemalt, wie sich die Erscheinungen des Motivs nach Tages- und Jahreszeit, nach Beleuchtung und Luftbeschaffenheit verwandelten.
Auch andere charaktervolle Brücken in der Nähe Weimars haben Rohlfs in ihrer Dynamik gefesselt; in der Art, wie sie den Fluss überspringen oder überschreiten. Den etwa unbeholfenen Schritt der Bögen der Brücke von Oberweimar, die ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert stammt, hat er in zwei oder drei Gemälden dieser Jahre studiert. Die gedeckte Holzbrücke über die Ilm in Buchfart bei Weimar gibt es mindestens in drei Fassungen, in denen Rohlfs als neuen, intensiven Reiz die Farben und Formen verwitterten Holzes auskostete. Ähnlich erschloss Rohlfs in diesen Jahren auch den Weimarer Park für die Augen der Maler, der bis dahin fast nur der Gegenstand einer Vedutenproduktion gewesen war. Rohlfs erkannte die malerische Leistung der Parkkünstler der Goethezeit, die mit Formen und Farben von Bäumen, mit einer Palette aus Gras, Laub und Nadelwerk in vier Jahreszeiten, mit dem Rindenschmuck, mit nacktem Gestein, Wasser und Wasserspiegelungen ihre Parkpartien gemalt hatten. Mit Pinselstrich und Spachtelauftrag der Farben brachte Rohlfs dynamische Wirkungen in seine Gemälde, die die Aussagen der Farben verstärkten. Bei Rohlfs 'fällt' ein Schatten, 'steigt' ein Baum, 'ruht' ein Dach und 'stürzt' ein Abhang. Man darf annehmen, dass bei diesen Arbeiten der 1880er Jahre die kleineren Bilder vor dem Motiv selbst im Freien gemalt worden sind, ohne an eine Unterscheidung von Skizze und Bild zu denken. Eine solche Arbeitsweise hat auch von seinem Lehrer Struys her nahegelegen, denn Struys war dem Atelier durch aus abgeneigt. Die Besonderheit von Rohlfs' landschaftlichem Schaffen im Rahmen der Weimarer Schule ist sogleich bemerkt worden, als er im Dezember 18887, vier Jahre nach dem letzten besagten Figurenbild Kampf gegen falsche Götter erstmals wieder ausstellte, und zwar das Landschaftsmotiv Im Steinbruch. Mit Max Merker (1861-1928) hatte er in den Steinbrüchen an der Belvederer Allee vor Weimar gemalt. Im Herbst 1888 folgten in der Ausstellung zwei weitere Beispiele seiner neuen Landschaftsauffassung und Malweise. Damals wurde schon erkennbar, dass Rohlfs' Sehen der Umwelt und deren künstlerische Gestaltung in seinen Gemälden im Kreise der jüngeren Weimarer Maler Schule machte, ohne dass Rohlfs Lehrer gewesen wäre. Die 'Permanente Kunstausstellung' in Weimar, die bis dahin nur gemischte Ausstellungen gezeigt hatte, ging im Februar 1889 mit Rohlfs' Werken zur Personalausstellung über; sie brachte 14 zum Teil sehr große Landschaftsbilder der Jahre 1883 bis 1888 in die Öffentlichkeit, nur fünf Monate später von ihm nochmals acht große Landschaftsbilder.
Mit den Riesenformaten, die Rohlfs seinen Landschaftsgemälden oft gab, bekundete er, dass er die Landschaft der Historie mindestens gleichrangig erachtete, die bisher dieses 'Galerieformat' für sich in Anspruch genommen hatte. Er machte sich damit die Protesthaltung des jungen Grafen von Kalckreuth zu nutze, der nach seiner Bestallung als Lehrer und Professor an der Weimarer Kunstschule den Kreis des Großherzogs Carl Alexander (1818-1901) schockierte mit Darstellungen von alten Fischern, ährenlesenden Frauen, frühstückenden Arbeitern, die er lebensgroß und porträthaft in Formaten malte, die bisher für Fürsten, Herren in Uniform oder Gehrock, Damen in großer Toilette reserviert zu sein schienen. Am Ende dieser Schaffensperiode, um 1889, wurde aber Rohlfs vor der Landschaft die Grenze deutlich, bis zu der hin die Freilichtmalerei mit der überkommenen Palette, unter Verwendung auch der 'unbunten' Farben Schwarz, Umbra, Grau und Weiß und mit gemischten Farben getrieben werden konnte. Rohlfs sah starke Farben im Mittagslicht, im Hochsommer und suchte sich ins Bild zu bringen. Seine Bemühungen, durch voluminösen Farbauftrag, durch 'Mauer' mit Farbe und Spachtel auch eine starke Farbwirkung zu erreichen, schlugen fehl. Das übermäßig hohe Farbrelief zerriss die Farben, anstatt sie zu kräftigen. Erst das folgende Jahr 1890 brachte Rohlfs eine neue, befriedigende Einsicht. Die neue Lehre, die die Werke der französischen Impressionisten gaben, wurde besonders für Christian Rohlfs bedeutsam, wenn er sie auch nicht sofort und ohne große Überlegung annahm. Er war bei seiner dynamisch empfundenen Umweltdarstellung um 1890 an die Grenze der Fähigkeit angelangt, mit der von Linnig und Struys erlernten und danach persönlich modifizierten Technik seine künstlerischen Aufgaben vor der Landschaft zu erfüllen. Nun sah er Monet, Pissaro, Sisley und die jüngsten Arbeiten von Paul Baum, der noch vor wenigen Jahren mit ihm in der Kunstschule ein- und ausgegangen war. Als Rohlfs zwei Jahre nach diesen Begegnungen im März 1892 wieder in Weimar ausstellte, hatte er auf seine Art die Hinweise verarbeitet, die ihm die reifen impressionistischen Gemälde der Franzosen zu geben vermochten. Am nächsten hat ihm bei den wenigen Bildern, die er studieren konnte, Alfred Sisley (1839-1899) gestanden. In seinen neuen Arbeiten verbannte Rohlfs keineswegs die unbunten Farben, aber er hatte die reinen, bunten Farben benutzen gelernt: sie mit Komplementärfarben in der Leuchtkraft zu verstärken, Weiß mit Blau zu klären und farbige Schatten zu sehen. Die letzten Spuren von 'Ton' sind aus Rohlfs' Gemälden gewichen, stattdessen hat er die silbrige, durchleuchtete Atmosphäre, wie sie so typisch für die Kalklandschaft um Weimar war, zur beherrschenden Geltung gebracht. Er behielt bei, was er im letzten Jahrzehnt schon für sich erarbeitet hatte: die Dynamik der Formen und ein Farbrelief, das von der handwerklichen Arbeit des Künstlers Zeugnis gab. Als äußeres Kennzeichen der neuen Epoche seiner Landschaftsmalerei bediente sich Rohlfs von 1891 an auf seinen Gemälden farbiger Signaturen in zinnoberrot, chromgelb, saftgrün, preußischblau. Von der Einwirkung, die Kunstschüler von Rohlfs empfingen, zeugten jetzt schon deren Ausstellungen. Mehrfach sagte die Kritik bei Besprechungen, dass Rohlfs' Schaffensweise Vorbild gewesen sei. Förmlich als Rohlfsschüler darf man in der Frühzeit seines Studiums Rohlfs' Landsmann Carl Arp (1867-1913) bezeichnen, obwohl er im Atelier von Theodor Hagen lernte.“ (Scheidig) 1901 verlegt Rohlfs sein Atelier auf Einladung in das neu gegründete Museum in Hagen/Westfalen und widmet sich dort der weiteren Aneignung impressionistischer Malweise. Zwischen 1902 und 1910 kehrt er aber jedes Jahr für mehrere Wochen nach Weimar zurück, wobei ihm 1902 vom Großherzog der Professorentitel verliehen wird. → http://www.grossniendorf.de/christian_rohlfs/index.php Werke (Auswahl)/ VerbleibWerke aus seinem umfangreichen Oeuvre befinden sich in vielen Museen, u.a. in Kiel Kunsthalle, Güstrow, Rostock, Weimar Klassik Stiftung.
Ausstellungen
Ehrungen
StraßenbenennungenChristian-Rohlfs-Straße in Erfurt, Daberstedt QuelleScheidig, Walther: Die Weimarer Malerschule 1860 – 1900. Leipzig 1991. Literatur
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Letzte Aktualisierung ( 09. 02. 2017 ) |
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