Die Wilde Tulpe in Erfurt |
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Geschrieben von Detlef Tonn | |
13. 05. 2016 | |
phot. D.TonnWilde Tulpe (Tulipa sylvestris), auch Wald-Tulpe, Weinberg-Tulpe - eine Mutter der mitteleuropäischen TulpeSchützt unsere heimischen Pflanzen!
Blütezeit: Ende April bis Anfang Mai Die Blumenfreunde erfreuen sich in diesen Maitagen an der Farben- und Formenvielfalt unserer Gartentulpe (Tulipa gesnerana), die von weiß bis samtschwarz und immer neuen Farbübergängen gezüchtet, überall auf dem Markt zu bekommen ist. Daneben können wir aber noch eine über uns gekommene ausgewilderte Urform von Tulpe selbst hier in Erfurt bestaunen! Sie hat keinen spektakulären Auftritt, ist „nur“ einfarbig, nicht sehr groß, ein Kulturrelikt von schlichter, fast berührender Schönheit. Die Wilde Tulpe treibt im Frühjahr aus einer einfachen Zwiebel einen Stengel hervor. Manchmal sind auch Verzweigungen zu beobachten. Daran stehen zwei oder drei breit-linealische und zugespitzte grüne bis blaugrüne Laubblätter. Die Pflanze wird 20 bis 40 cm groß und ist im Habitus kleiner als die gewöhnliche Gartentulpe. Die endständigen Blüten hängen vor dem Aufblühen über und sind außen oft grünlich überlaufen. Die Blütenblätter sind vier bis fünf Zentimeter lang. Die eigentliche natürliche Heimat der Weinbergstulpe liegt im südlichen und südöstlichen Europa, von wo sie als Zierpflanze im 16. Jahrhundert in unsere Breiten mitgebracht wurde und spontan verwilderte. Sie ist also ein Neophyt. In alten, längst vergessenen Weinbergen, die schon lange mit Laubwald bedeckt sein können, vermochten sich Wald-Tulpen bis heute zu erhalten. An solchen mit Gebüsch bzw. Wald bedeckten Stellen kommt diese uralte Zierpflanze aber kaum zur Blüte, höchstens an den lichten Randstellen zeigen sich die gelben Blumenblätter.
Als Standorte gelten vor allem ehemalige Weinberge, verwilderte Obstgärten, Streuobstwiesen, ansonsten auch lichte Gebüsche, Parks, alte Friedhöfe, feuchte Waldungen, an denen ein mild-warmes Lokalklima herrscht. Dabei werden basenreiche Lehm- und Kalksteinböden deutlich bevorzugt. Das kleine, nur 5,5 ha große „Hungerbachhölzchen“, gelegen zwischen Flughafen und Ortsteil Marbach wurde 1961 als erstes und bis in die Wendezeit als einzig bleibendes Flächennaturdenkmal in Erfurt, unter Schutz gestellt. Es war nach dem ab 1990 hier geltendem Bundesnaturschutzgesetz ein Geschützter Landschaftsbestandteil (GLB) und als solcher 2001 offiziell bestimmt. Das Kerbtal ist an einer WO gerichteten Erosionsrinne gelegen, wie sie typisch sind für den Ostabhang des SO-Ausläufers der Fahner Höhe (z.B. auch o Salomonsborn). Wesentliches Schutzziel war die Sicherung eines seltenen individuenreichen Vorkommens der Wilden Tulpe. Zu dem seinerzeit noch einsam gelegenen Feldgehölz gesellte sich in N und O eine Gartenanlage hinzu, die anderen Seiten grenzen an große Ackerflächen. Das Problem in den Jahrzehnten nach der Unterschutzstellung war die unzureichende Pflege. Die hangständigen Eschen verdichteten immer mehr und dehnten sich auch in den Talgrundbereich mit den Frühblühern aus (z.B. auch Winterlinge). Die anfangs reich blühenden Bestände gingen allmählich zurück, beschattendes Gebüsch hinderte sie am Blühen, sie blieben steril. Die vegetative Vermehrung war allerdings beachtlich.
Anfang der 1990er Jahre schafften Pflegeeinsätze des Naturschutzamtes erste Abhilfe. Beim Besuch des GLB, das vollständig umzäunt ist, konnte im Gegensatz zu den Zeitzeugen-Überlieferungen, die von „individuenreich“, „größeren Beständen“ (Anfang der 1990er Jahre) und „recht zahlreich“ (1998) sprachen, leider nur ein schwaches Vorkommen, geschätzt von etwa 50 Exemplaren, festgestellt werden. Einige zog es in lichte Hanglage. Neben dem genannten Grund der mangelhaften Pflege, kommt noch in gewissem Maße die Ablage von Grünabfällen in Betracht. Wünschenswert wäre ein stärkeres Bewusstsein und mehr Eigeninitiative der Garten-Anlieger für die Erhaltung und Pflege „Ihres“ geschützten gemeinsamen Biotops, denn sie haben hier etwas sehr Wertvolles vor dem Gartenzaun. Die in Erfurt aktuell vorgefundenen Wuchsorte sollen nachfolgend im Bild vorgestellt werden: Im GLB Hungerbachhölzchen Neben diesem derzeit eher schwachen Hauptvorkommen gibt es in Erfurt weitere Standorte mit Wilde Tulpe: Im näheren und weiteren Umfeld des Hungerbachtals
Entfernt vom Hungerbachtal
Am n Flußverlauf der Gera konnten Pflanzen im Bereich der KGA Ried, am w Gera-Ufer, nur flußseitig vom Geraweg aufgefunden werden, besonders zahlreich an steileren naturnahen Böschungen, 29.04.2017. ![]() ![]() Auflichtung mit Neupflanzungen 8: ![]() ![]() An flacheren Böschungen, in dichtem Bodenbewuchs – Krautschicht: 4. An steileren Uferböschungen > 50 (derzeit zweitgrößtes aufgefundenes Vorkommen): ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gispersleben-Viti, 06.05.2017: ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]()
4+2 Pfl. 28.04.2017: ![]() ![]()
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![]() ![]() 6 und 12 (Gebüsch), 07.05.2017.
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Quellen
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Letzte Aktualisierung ( 09. 06. 2017 ) |
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