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Vor 1400Heinrich-von-Siebleben-Kreuz, Mönchskreuz, Sühnekreuz. FD, 1968 versetztRätsandstein vom Seeberg oder Röhnberg Standort: Erfurter Steigerwald, Nähe „Teufelssumpf“, s „Hubertus“, w an B4, vom Parkplatz gegenüber ca. 250 m auf Parallelweg zur B4, an Wegweiser ab auf Pfad zur Straße Errichtung: 1324 oder etwas später Inschrift: [lat., in neugotischen Majuskeln ausgeführt] „hIC EST OCCISVS MA / GISTER hENRICVS / [90° im Uhrzeigersinn gedreht] DE SYBELEIBEN SECERDOS“ [Hier wurde der Priester und Magister Heinrich von Siebleben erschlagen]  
Seit nunmehr bald 700 Jahren steht ein stattliches Steinkreuz im Steigerwald, das zu Recht gleich mehrere Superlative auf sich vereint und es in betreffenden Fachwelt zu fast legendärer Berühmtheit gebracht hat. Es handelt sich um das älteste (in diesem Beitrag vorgestellte geschützte) Denkmal in Erfurt, das bedeutsamste und zugleich älteste sicher datierbare Steinkreuz Thüringens und durch seine hohe Qualität in Gestaltung und Ausführung als einzigartig unter den Steinkreuzen anzusehen. Als erster beschäftigte sich der verdiente Erfurter Stadtrat, Begründer des Geschichtsvereins und des Stadtarchivs, Karl Herrmann (Herrmanns-Brunnen) 1841 mit dem Denkmal. Seitdem war es durch einen Schreib- oder Lesefehler um ein Jahrzehnt früher (1313) datiert worden, was sich durch ungeprüfte Übernahmen für lange Zeit in der Literatur behauptete, bis dem Experten für diese Denkmale in Thüringen, dem Erfurter Frank Störzner, die längst überfällige Richtigstellung gelang, die er in seinem ausgezeichneten Buch „Aus Stein gehauen ...“ (4) 1992 veröffentlichte. Danach ist durch einen Eintrag im Nekrolog (Totenbuch) des Marienstifts überliefert, dass der Magister Heinrich von Siebleben am 10. Dezember 1323 von dem Grafen Heinrich von Schwarzburg getötet wurde. Nach mittelalterlichem Recht wurde eine Straftat an einer Person – wie Mord oder Totschlag – nach heutigen Maßstäben, milder bestraft als jene im Zusammenhang mit einem Sachwert – wie Diebstahl oder Brandstiftung. Bei letzteren drohte dem Verurteilten schon eine drakonische Körper- oder gar die Todesstrafe, während sich so mancher vermögende oder begüterte Mörder mit zu leistender Sühne „freikaufen“ konnte und die Bluttat etwa durch Wallfahrten, Geldbuße, kirchliche Stiftung oder wie hier Errichtung eines Kreuzes dann als verbüßt galt. Im vorliegenden Fall waren Opfer wie Täter von Adel, der Erschlagene noch dazu Priester und als Stiftsherr zu St. Severi geistlicher Würdenträger. Durch die Mordtat wurde der Gottesfrieden in besonders schwerer Weise gestört und der Täter hatte demgemäß ein außergewöhnlich prächtiges Steinkreuz am Tatort zu errichten. Dem kam der Schwarzburgische Graf dann auch offenkundig nach. Es wird heute vermutet, dass der Mord auf ein politisches Ränkespiel zwischen der Stadt Erfurt und dem Landgrafen Friedrich von Thüringen zurückgeht.  
Das Steinkreuz ist vom Typ griechisch, mit drei nach den Enden sich verbreiternden Armen. In den oberen Arm ist ein kreuzernes Zeichen eingemeißelt, die beiden Seitenarme werden durch den Beginn der Inschrift, doppelzeilig zwischen drei horizontalen Rillen, über die gesamte Breite ausgefüllt. Bedingt durch die hervorragende Eigenschaft des fein verkieselten Sandsteins, das kieselige Bindemittel zwischen den Quarzkörnchen verhinderte bis heute weitgehend ein Verwittern, befindet sich das Kreuz in Anbetracht seines Alters und exponierten Standorts an einer wichtigen Handelsstraße in erstaunlich guter Erhaltung. Die Inschrift lässt sich auch heute noch mühelos lesen. Das Relief am Fuße des Steinkreuzes über dem verbreiterten Sockel ist durch Spritzwassereinfluß und aufsteigende Bodenfeuchte des Standortes schon etwas stärker verwittert. Dargestellt ist ein Priester (der Erschlagene) mit langem Gewand, der knieend unter gotischem Spitzbogen sein Gebet verrichtet. Ursprünglich stand das Steinkreuz einige Meter weiter östlich, es soll im Zuge des vierspurigen Ausbaus der Arnstädter Straße 1968 an den jetzigen Standort versetzt worden sein. Ob seine Ausrichtung – so wie man sie heute vorfindet, mit der Schauseite nach sw – auch der originalen, vor der Versetzung, entspricht, ist nicht bekannt. Vom motorisierten Verkehr unserer Tage kann das Kreuz kaum noch wahrgenommen werden. Der Vorbeiziehende sieht sich leider nicht mehr veranlasst, an- und innezuhalten, um bei einem stillen Gebet dem zu gedenken, der da vor sieben Jahrhunderten zu Tode kam. (DT, 4) SibyllentürmchenSandstein, ursprünglich farbig gefaßt Standort: Gothaer Platz, O-Eingang der ega Einweihung: zwischen 1370 und 1389 Der Name des Türmchens geht auf zwei Sagen zurück. Die eine erzählt, dass Gräfin Sibylle von Käfernburg für ihren hier erschlagenen Bräutigam ein Sühnezeichen errichten ließ. Die andere macht uns glauben, dass ihre Zeitgenossen an Sibylles Entführung und Tötung erinnern wollten. Zur Funktion des Steinmals bietet die Geschichtsforschung mehrere Varianten. Sie deutet es als Bet- oder Andachts-Bildstock an einem Prozessionsweg, als Wegezeichen an der bedeutenden Ost-Weststraße vom Mittelrhein nach Polen und Russland, als Sühnezeichen für mehrere Morde oder als Erinnerungsmal dankbarer Erfurter nach erfolgloser Belagerung ihrer Stadt durch Markgraf Friedrich III. von Meißen 1375. Der gedrungene, von vier Ecksäulen gestützte Pfeiler zeigt vier figürliche Hochreliefs mit Szenen der Leidensgeschichte Christi: Christus am Ölberg, Judaskuss, Gefangennahme Jesu, Kreuzigungsgruppe mit dem Leichnam Christi, Maria, Johannes und Nikodemus. Alle plastischen Darstellungen befinden sich in spitzbogigen, im 18. Jahrhundert vergitterten Nischen, die von Wimpergen (Giebeln) mit Maßwerk und Krabben überragt werden. Eine Kreuzblume schließt den Turm ab. Auf den zwei Steinplatten mit lateinischen und deutschen Texten erfährt der Besucher, dass der Erzbischof Lothar von Mainz das Bildwerk 1716 wiederherstellen ließ. 1993 wurde es als einziges noch erhaltenes seiner Art in Erfurt vor allem mit finanzieller Hilfe privater Sponsoren restauriert. (RM)
Hochwasserstein 1374, KDAbguss und links davon Gedenktafel mit dem Inschrifttext, beides vermutlich von 2002. Original (in zwei Teile zerbrochen) im Angermuseum. Standort: Rosswehr, äußerer Teil der Stadtmauer (Bereich Waisenhaus/Herrmannsbad), Tram-Haltestelle Brühler Garten Einweihung: 1374 oder etwas später Inschrift: siehe Tafel   - Tafel zum Hochwasser 1374 mit Inschrifttext
Für das Jahr 1374 sind für weite Teile Deutschlands Einzelereignisse eines verheerenden Hochwassers überliefert, so auch in Erfurt. An das schwere Hochwasser vom 6. Februar 1374 erinnert die lateinische Inschrift auf einem gotischen Gedenkstein, der in die Erfurter Stadtmauer nahe dem ehemaligen Rosswehr eingesetzt wurde. Darauf wies der Historiker mit dem Spezialgebiet Extreme Naturphänomäne, Mathias Deutsch, im Jahre 2000 hin. Wie Forschungen an der Universität Erfurt (Fachgebiet Geographie, Projektgruppe „Historische Hochwasser“) ergaben, gilt dieses deutschlandweit äußerst seltene Kleindenkmal als das bislang älteste noch erhaltene gegenständliche Zeugnis einer derartigen Naturkatastrophe im Freistaat Thüringen. Das naturhistorisch überaus wertvolle Zeugnis konnte im Rahmen der Sanierungsarbeiten an der Stadtmauer geborgen, fachgerecht restauriert und somit auch für künftige Generationen gesichert werden. Dazu hat man den bereits deutlich verwitterten Stein in das Erdgeschoss des Angermuseums verbracht, wo er vor weiteren Umwelteinflüssen geschützt ist und aus der Nähe betrachtet werden kann. Denn an seinem Originalplatz in der Rosswehrmauer oberhalb des w Schwibbogens war dies seit dem Bau des Bades 1879 stark eingeschränkt, ein Teil der Tafel überdeckt. Mit der Anbringung der Tafeln an der äußeren Stadtmauer lässt sich der Hochwasserstein nun von der Öffentlichkeit leichter und umfassender wahrnehmen. Auf der Darstellung des schweren Hochwassers von 1585 „ERSCHRECKlich GROS GEWESSER ZU ERFURDT, Anno 1585“ aus Fritz Cosmographia, ist das gewaltige Ausmaß der Überflutung am erneut betroffenen Rosswehr („ROS MARCK“) wiedergegeben. Die Wassermassen dringen nicht nur durch die beiden Schwibbögen, sondern sogar über die Zinnenscharten der Rosswehrmauer, die von katholischem Waisenhaus und Wehrturm flankiert wird. Auf der Turmseite der Wehrmauer ist die besagte Gedenktafel des Hochwassers von 1374 deutlich zu erkennen! Bis in das 19. Jh. war die Erfurter Bevölkerung immer wieder von Hochwasser betroffen. Erst der segensreichen Bau des Flutgrabens, der 1890 begonnen und am 14. Oktober 1898 seiner Bestimmung übergeben werden konnte, bot dem Stadtkern seither einen sicheren Schutz vor dieser Naturgewalt. Fast 1,7 Mio. Mark musste die Stadt Erfurt für dieses Jahrhundertbauwerk aus eigenen Mitteln aufbringen. OB Richard Breslau erwarb sich dabei bleibende Verdienste, indem er sich im Widerstreit mit Baurat Spielhagen energisch durchsetzte. Mit dem richtigen Gespür für die künftige Stadtentwicklung und ihre Erfordernisse verhalf er dem Projekt von Haenschke zur Realisierung. Regierungsbaumeister Havestadt und Contag wurden mit der Ausarbeitung der Pläne beauftragt, die dann Stadtbaurat Kickton abschloss. Der Flutgraben sollte bis zur Johannesstraße und die in ihrer gesamten innerstädtischen Länge zugeschüttete Wilde Gera als moderne Ringstraße (heute Juri-Gagarin-Ring) ausgebaut werden. Die moderne Großstadt von heute wäre ohne den visionären Stadtumbau des 19. Jhs. undenkbar. (DT)
Pesttotengrab-GedenkinschriftStandort: Petersberg, Peterskirche, südliches Langhaus, Nähe Querhaus Erstellung: 1382 oder etwas später Inschrift: „ANNO D[OMI]NI MCCCLXXXII ORTA EST / PESTHILENCIA ET FACTA EST HIC / MAGNA FOVEA IN QVA SVT SEPVLTE / TRES SEXAGENE ET QVINDECIM HOMINUM QUI / AIE REQUESCANT IN PACE AMEN.“ „Im Jahre des Herrn 1382 ist eine große Pest ausgebrochen und es wurde hier eine große Grube ausgehoben, in welcher 195 Menschen begraben wurden, deren Seelen mögen in Frieden ruhen. Amen.“ 
 - Peterskirche, südliches Langhaus
Nur wenige Meter von der Querhaus-Ecke - rechts neben einem quadratischen Fenster, in Blickhöhe von ca. 2 m – fällt eine noch sehr gut erhaltene und lesbare lateinische Inschrift am Mauerwerk des Langhauses auf. Es handelt sich hier um die älteste steinerne Urkunde im öffentlichen Raum, die das Wüten einer Pestepidemie unter der Stadtbevölkerung (vermutlich der Klosterinsassen) belegt, der Opfer gedenkt und um deren Seelenheil bittet. Der Ort des Massengrabes direkt an der Mauer der Klosterkirche mag aus der gegenseitigen Isolierung und Abschottung in diesen Zeiten resultieren. Bei der letzten großen Pestepidemie in Thüringen 1682 /83 sollen in der Stadt Erfurt mit über 9.400 mehr als die Hälfte der 16.300 Einwohner dem „Schwarzen Tod“ zum Opfer gefallen sein. Auch wenn die genauen Zahlen mit Vorbehalt zu betrachten sind, so geben doch die Relationen das erschreckende Ausmaß der Epidemiekatastrophe deutlich wieder. Es sollte mehr als 100 Jahre dauern, bis die Stadt Erfurt um 1800 wieder die Bevölkerungszahl erreichte, die sie 1682 – vor dieser letzten Pest – gehabt hatte. Auch in den umliegenden Dörfern war die Zahl der Pesttoten 1683 hoch: Gispersleben-Viti: 68, -Kiliani: 83, Alach: 320, Bechstedt-Wagd: der größte Teil der Einwohner. (DT)
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