Denkmale in Erfurt |
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Geschrieben von Matthias Stier | |||||||||||||||||
27. 02. 2007 | |||||||||||||||||
Seite 5 von 15 1601 - 1806Pestkreuz von Schmidtstedt, KD, nicht erhaltenStandort: ca. 150 m s Weimarische Straße Bis kurz nach 1965 stand etwa 150 m südlich der Weimarischen Straße in Erfurt ein Holzkreuz, dessen verwitterter Sandsteinsockel noch heute umgestürzt vorhanden ist. Es war als "Schmidtstedter Pestkreuz" bekannt, stand es doch als traditionsreiches Mahnmal für zwei der großen Massensterben in der älteren Erfurter Stadtgeschichte. Jahrelange Missernten, hervorgerufen durch lange harte Winter und verregnete Sommer, sowie eine politisch begründete Blockade durch Landgraf Friedrich hatten zu einer schweren Hungersnot geführt, die 1315/16 in Erfurt ihren Höhepunkt erreichte. Das zeitgenössische, lateinische Chronicon Sampretinum aus dem Peterskloster berichtet, dass 1316 fast 8000 Opfer in fünf großen Gruben "vor der Stadt ... in Schmidtstedt" bestattet wurden, "weil es so außergewöhnlich viele Verstorbene waren" und die städtischen Friedhöfe nicht mehr ausreichten. Als Fürbitte zur Erlangung des ewigen Seelenheils dieser „während der großen Hungersnot verstorbenen und auf dem Kirchhofe des Dorfes Schmidtstedt bei Erfurt begrabenen Bürger" und die künftige Bewahrung der Stadt vor Hunger, Pest und Not gelobten 1341 Rat und Bürgerschaft zu Erfurt die jährliche Ausrichtung einer Prozession zum Schmidtstedter Kirchhof. Die Stiftungsurkunde mit zehn Siegeln und einer bemerkenswerten Miniatur (Beweinung des gekreuzigten Heilands) ist noch erhalten. Als 1346-50 die Pest ein neuerliches Massensterben verursachte, begrub man Tausende Tote auf dem Kirchhof zu Neuses am Roten Berg und stiftete gleichfalls eine jährliche Prozession dorthin. Beide Prozessionen (die nach Schmidtstedt und die nach Neuses) gingen aber in den Reformationsjahren um 1520 ein. Erst am 28.4.1581 wurde die Schmidtstedter durch Weihbischof Nikolaus Elgard wieder neu belebt; die Neuseser ging dabei in ihr auf. Die feierlichen Umzüge mit Gebet und Gesang fanden nun bis 1922 jeweils zwischen Ostern und Pfingsten (ursprünglich in der Pfingstwoche) statt, unterbrochen noch einmal durch die schwedische Besetzung seit 1631. Zu jener Zeit bestand das Dorf Schmidtstedt schon längst nicht mehr; es wird angenommen, dass es sich bereits zu Ende des 14. Jh. in einem früheren Prozess der Wüstwerdung befand. Lediglich die Dorfkirche war noch vorhanden und wird auch auf einem Plan des Schmidtstedterfeldes 1638 bildIich dargestellt. Noch 1619 war sie neu instandgesetzt worden, soll aber dann von den Schweden geschliffen worden sein und wird 1650 in einem kaiserlichen Rezess als „ruiniert" bezeichnet. Zu dem im Hinblick auf die Prozessionen von Mainz geforderten Wiederaufbau kam es indes nicht mehr, und an ihrer Stelle bzw. an der Stelle ihres Altars wurde auf Veranlassung des Marienstiftes ein hölzernes Kruzifix aufgerichtet. Es sollte als Zielpunkt der 1651 wieder aufgenommenen Prozessionen dienen. Gedachte man vorher der Opfer der Hungersnot von 1315/16 und der Pesttoten von 1346/50, kam im 18. Jh. eine weitere Intention hinzu: die Bitte um den Segen der Feldfrüchte. Am Treffpunkt der Prozessionsteilnehmer, wozu auch alle So kennzeichnete das Schmidtstedter Pestkreuz (Foto 1919) bis in unsere Tage hinein den Ort der Massengräber von 1315/16. Die Pestgräber am Roten Berg, wo in einer über 2,50 m tiefen Skelettschicht unzählige Tote wirr durcheinanderlagen, konnten 1926 archäologisch untersucht und dabei der Beweis erbracht werden, dass die Bestattungen tatsächlich auf dem Kirchhof des (noch existierenden) Ortes und neben den „geordneten Grabreihen der Dorfbewohner" erfolgt waren. Ein schon von dem Chronisten Hogel erwähnter Inschriftstein des 15. Jh., der über der Schmidtstedter Kirchtür eingemauert war und an das große Sterben von 1316 erinnert, wurde 1957 in einem unterirdischen Gang in der Johannesstraße wiederentdeckt und ist heute in der Vorhalle des Angermuseums zu besichtigen. Dagegen hat ein irrig mit" Schmidtstedter Pestkreuz" beschriftetes Steinkreuz im Volkskundemuseum nichts mit den Massengräbern zu tun. Frank Störzner (DT)
Erthal-ObeliskWanderslebener Sandstein / Stufen Granit
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Minerva-Brunnen, Brunnendenkmal, mehrfach - zuletzt 1976 - versetztSeeberger Sandstein
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