Geschichte Thüringens
Geschrieben von Klaus Fischer   
11. 03. 2008

Geschichtlicher Abriss

Der Dürnge bluome schînet dur den snê: sumer und winter blüet sîn lop als in den êrsten jâren.”
(Die Blume des Thüringers leuchtet durch den Schnee hindurch; Sommer und Winter blüht sein Ruhm, wie in den ersten Jahren.Walther von der Vogelweide, um1170 - um1230)

Teuriochamai, Teurii (bei Ptolemäus) oder auch Turonen wurden um 50 v.Chr. Bewohner im heutigen Gebiet des Thüringer Waldes genannt.
Toringi, Turingi und ihre Bewohner die Duringer (vermutlich aus dem germanischen abgeleitet: turingoz, turon=kühn) wurden erstmalig im Jahre 380 n. Chr. in einem Bericht über gute Pferde, beim römischen Geschichtsschreiber Flavius Vegetius Renatus erwähnt.

Erste Zeugnisse von menschlichen Besiedlungen lassen sich für das thüringer Gebiet bereits in der Altsteinzeit (350.000 Jahre vor der Zeitenwende) nachweisen.
Während der Eiszeit (ab 700 v.Chr.) siedelten im thüringisch-mitteldeutschen Gebiet neben den sogenannten Alteinheimischen auch zugewanderte indogermanische Stämme, die mit den Kelten und Germanen verschmolzen.

In der römischen Kaiserzeit besiedelte der elbgermanische Stamm der Hermunduren mit den hier bereits ansässigen „Alteinheimischen” das Thüringer Becken, überschichteten und vermischten sich auch mit Angel und Warnen zu einer neuen ethnischen Einheit – dem Stamm der Thüringer.
Ob nun Turonen, Toringi, Turingi, Duringer oder Thüringer, ob bei Ptolemäus, bei Flavius Vegetius Renatus im Jahr 380 oder 70 Jahre später bei Sidonius Appollinaris als Verbündete der Hunnen auf den Katalanischen Feldern genannt, waren die Thüringer, als Volk der Mitte für über 150 Jahre (380–531 n.Chr.) eines der mächtigsten germanischen Königreiche außerhalb Roms.
Mit Attilas Tod 453 bestanden in Mitteleuropa um 500 drei große Machtblöcke und germanische Reiche - Franken, Ostgoten und Thüringer.
Als 526 der König der Westgoten und Verbündete der Thüringer, Theoderich der Große, verstarb, vermehrten sich die Angriffe der Franken auf Thüringen. Erst im Oktober 531 gelang es den Franken mit Hilfe der Sachsen sich das Thüringer Königreich, unter König Herminafrid, zu unterwerfen.

Nach den Franken folgten Sachsen, Ludowinger, Wettiner und wiederum die Sachsen als Herrscher.
Die verschiedenen Thüringer Grafschaften, Fürstentümer und freien Reichsstädte spielten immer wieder eine Rolle in den mitteleuropäischen Machtkämpfen der Herrscher.

Nach Reformation und Luthers Bibelübersetzung auf der Wartburg (1521/22), den Glaubenskriegen und Absolutismus folgte nach Napoleon mit der modernen bürgerlichen Gesellschaft, die Herrschaft Preußens und 1871 der Beitritt der Thüringer Staaten zum Deutschen Kaiserreich.

Nach Ende des 1.Weltkrieges und der Abdankung Kaiser Wilhelms II. formierte sich für kurze Zeit ein neues Thüringen.
In der Weimarer Republik (1918-1923) gab es eine neue Thüringer Landesverfassung (März 1921).
Mit der Machtübernahme der Nazis 1933 verlor Thüringen seine Eigenständigkeit und wurde, wie seine Bewohner, Teil der Eroberungs-, Mord- und Vernichtungsmaschinerie des deutschen Faschismus.

Die Befreiung durch die Antihitlerkoalition 1945 eröffnete Thüringen neue Chancen für ein friedliches Leben. Erst US-Truppen, dann später die Besetzung durch die Sowjetarmee sicherten 1945/46 die Bildung der Provinz Thüringen/Land Thüringen und einer Landesverwaltung/Regierung.
Aus ehemaligen Verbündeten wurden Gegner und die Großmachtinteressen der USA und UdSSR führten zur Teilung Deutschlands.

Mit der Gründung der DDR 1949 wird Erfurt Regierungssitz für Thüringen. 1952 wird Thüringen in 3 Bezirke (Erfurt, Gera, Suhl) aufgegliedert, die bis zum Anschluss an die Bundesrepublik Deutschland 1990 bestehen. Am 3. Oktober 1990 erfolgt mit dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der BRD die Eingliederung des neugebildeten Landes Thüringen, mit Erfurt als Landeshauptstadt, in den erweiterten Staat.
Der vorläufig letzte Akt in der jüngsten Geschichte des Landes ist der Beschluss der „Verfassung des Freistaates Thüringen” im Oktober 1993 auf der Wartburg bei Eisenach.

Die Geschichte Thüringens - Chronologische Gliederung

350.000 v.Chr.– Zeitenwende

Ur– und Frühgeschichte Thüringens – Von der Altsteinzeit bis zur Zeitenwende

Zeitenwende – 4.Jh. n. Chr.

Germanische Besiedlung Thüringens im römischen Kaiserzeitalter

4. – 6. Jh.

Thüringen während der Völkerwanderung

6. – 9. Jh.

Thüringen unter fränkischer Herrschaft

919 – 1024

Thüringen während der sächsischen Königs– und Kaiserzeit

1024 – 1125

Thüringen während der Zeit der salischen Kaiser

1130 – 1247

Thüringen zur Zeit der Ludowinger

1247 – 1485

Thüringen als Bestandteil des wettinischen Territoriums

1486 – 1547

Thüringen und das Kurfürstentum Sachsen im Reformationszeitalter

1548 – 1775

Die Thüringischen Staaten im Zeitalter der Glaubenskriege und des Absolutismus

1775 – 1871

Der Klassizismus in Thüringen und die Herausbildung der modernen bürgerlichen Gesellschaft

1871 – 1918

Thüringen im Deutschen Kaiserreich

1918 – 1933

Thüringen in der Weimarer Republik

1933 – 1945

Thüringen in der Nationalsozialistischen Zeit

1945 – 1949

Thüringen in der Nachkriegszeit

1949 – 1990

Thüringen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)

1990 –

Thüringen in Bundesrepublik Deutschland (BRD)

350.000 v.Chr.– Zeitenwende
Ur– und Frühgeschichte Thüringens – Von der Altsteinzeit bis zur Zeitenwende

Altsteinzeit
um 350/300.000 v.Chr.

Älteste Zeugnisse von Steinzeitmenschen in Thüringen.
Fund eines Homo erectus bei Bilzingsleben.

um 230.000 v. Chr.

Fund eines Homo sapiens praesapiens bei Ehringsdorf (Weimar).

um 40.000–8.000 v.Chr.

Mehrschichtige Funde (Fundhorizonte) verschiedener Steinzeitkulturen in der Ilsenhöhle bei Ranis und in der Kniegrotte bei Döbritz.

Mittelsteinzeit
um 8.000–5.000 v.Chr.

Funde von Beilen, Angeln, Reusen, Netzen, Bootsresten, Messern, Schabern und anderen Geräten im Ostthüringer Hügelland, im Thüringer Becken und in Südthüringen.

Jungsteinzeit
um 5000–1800 v.Chr.

Herausbildung von Ackerbau und Viehzucht, Entwicklung der Töpferei.
Nachweis von Bandkeramik als erste bäuerliche Kultur Mitteleuropas.

um 5.000-4.000 v.Chr.

Schalen-, Geräte- und Schmuckfunde (Linienbandkeramik) in Erfurt, Nerkewitz, Bruchstedt, Sondershausen, Wandersleben.

um 4.000–3.000 v.Chr.

Funde von Kannen, Bechern, Äxten bei Ehringsdorf, Erfurt, Großbrembach.

um 3.000–2.000 v.Chr.

Schnurkeramik und Glockenbecherkulturen in Schönstedt, Nordhausen, Großobringen, Kalbsried, Auleben, Etzdorf u.a. Orten nachgewiesen.

Ältere Bronzezeit
um 1800–1500 v.Chr.

Aunjetitzer Kultur; Leubinger Kultur bei Weißensee.
Funde von Dolchen, Beilen, Meißeln, Nadeln, Äxten, Tassen u.a. in Erfurt, Großromstedt, Leubingen, Eischleben, Kapellendorf, Eisenberg und Arnstadt.

um 1600 v.Chr.

Im Ziegelrodaer Forst bei Nebra an der heutigen Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen wird 1999 eine frühbronzezeitliche Himmelsscheibe von 32 cm Durchmesser gefunden.

Mittlere Bronzezeit
um 1500–1200 v.Chr.

Hügelgräberkultur in Südthüringen und in der Vorderrhön.

Jüngere Bronzezeit
um 1.200–700/800 v.Chr.

Urnenfelderzeit im Thüringer Becken und am/im Thüringer Wald.
Höhensiedlungen sind in den Kreisen Jena, Eisenberg, Saalfeld u.a. nachweisbar.

Ältere Eisenzeit
um 700/800–500 v.Chr.

Mit Beginn der Eisenverarbeitung löst sich die Urgesellschaft auf.
Nachweis von Siedlungen in Südthüringen (Römhild, Gleichberge/ Steinsburg), Pößneck im Gebiet zwischen Saale und Elster, im Thüringer Becken. Nachweis von Armringen, Wendelringen, Fibeln,Töpfen, Schalen, Terrinen.In Bad Frankenhausen Hölenfunde von Schmuck. Heiligtum mit Steinidolen und Branntaltar in Oberdorla.

Jüngere Eisenzeit
um 500 v.Chr.–Zeitenwende

Kelten und Vertreter der germanischen Brandgräberkultur nachweisbar.
Frühe keltische Nachweise im Kreis Meiningen.Bedeutende keltische Funde auf der Steinsburg bei Römhild und auf der Alteburg bei Arnstadt. Funde von Ringen, Schalen, Fibeln, Ketten, Bändern auch bei Vacha und im Orlagebiet. Spezialisiertes Handwerk, wichtigster Rohstoff ist Eisen. Mühl-Steinbrüche bei Crawinkel und Oberhof. Nachweis von befestigten Siedlungen.Hügelgräber wandeln sich zu Fachgräbern.

Zeitenwende – 4.Jh.n.Chr.
Germanische Besiedlung Thüringens im römischen Kaiserzeitalter

um 2./1.Jh. (5.Jh.?) v.Chr. bis 2.Jh. n.Chr.

Hermunduren (zusammen mit Sweben und Semnonen zu den Elbgermanischen Herminonen gehörend) bilden nach ihrer Einwanderung einen eigenen Stammesverband. Ihre Nachbarn sind (abgesehen von den Alteinheimischen und den Kelten) u.a. Semnonen, Sweben, Langobarden, Chatten, Markomannen und Wandalen.

um 50 v.Chr.

Ende der Eisenzeit auf dem Europäischen Kontinent.
Nach antiken Berichten werden die Menschen im Gebiet des Thüringer Waldes Teuriochami, Teurii (Ptolemäus) oder auch Turonen genannt.
Dies dürfte, neben der Erwähnung der Hermunduren, die ältesten Hinweise auf die alten „Thüringer” sein.

64 v.Chr.–120 n.Chr.

Erwähnung der Hermunduren bei Strabon, Paterculus, Domitius, Tacitus u.a.
Hermunduren haben eine bestimmende Stellung bei den Elbgermanen, sie handeln bis in den Donauraum und siedeln etwa zwischen Werra und Erzgebirge, Harz und Donau (Nord- u. Südhermunduren).
Ab dem 2./3. Jh. wandern Angeln und Warnen ein.

4. – 6.Jh.
Thüringen während der Völkerwanderung

Um 380 n.Chr.

Erwähnung des Namens „Thoringi“ für Thüringen bei Flavius Vegetius Renatus.
Überschichtungs- und Verschmelzungsprozess („Umformung“) verschiedener Stämme und Gruppen im Thüringer Raum.

4./5. Jh.

Der Name Thüringen lässt mehrere Deutungen zu:
- Thoringi: germ. turingoz, turon (kühn)
- Hermondoroi: germ. Ermanduroz, ableitbar von: ermena (groß), dur (wertvoll) duren (fest), dur (Eigenname)
- Teurier: keltischer Name (Volk).

451

Formierung der Thüringer zum mächtigsten germanischen Reich außerhalb Roms.
Erwähnung Thüringens bei Sidonius Appolinaris als Verbündete der Hunnen im Gefolge Attilas auf den Katalanischen Feldern.

507/510

Beginn eines ostgotisch-thüringischen Bündnisses.
Während der Völkerwanderungszeit verharren die Thüringer auffälligerweise an ihren Orten.
Thüringer Nachbarn im 4./5. Jh.: Sachsen, Franken, Alamannen, Bajuwaren, Ostgoten, Slawen, Langobarden.

515

Eroberungsversuche der Franken in Thüringen

518–587

Leben der 1. Heiligen von Thüringen Radegunde (Enkelin des 1. historisch bezeugten Thüringer Königs Bisin; Tochter von Berthachar).

531/534

Untergang des Thüringenreiches unter König Herminafrid durch den Sieg der Franken und Sachsen, wahrscheinlich bei Burgscheidungen an der Unstrut. Herminafrid wird in Zülpich ermordet (534), nachdem er von dem siegreichen König Theuderich I. dorthin eingeladen worden war.
Abwanderung setzt ein – Thüringen wird Teil der „Francia Orientalis“, bleibt jedoch relativ selbstständig.
Die nördlich der Unstrut gelegenen Gebiete werden von Sachsen und Nordschwaben bevölkert, die ostsaalischen Gebiete von Slawen. Im Westen siedeln Hessen und Friesen.

6. – 9.Jh.
Thüringen unter fränkischer Herrschaft

628–632

Der fränkische König Dagobert verwaltet Ostfranken und Thüringen.

639

Der Franke Radulf wird von Dagobert als Dux (dux=Heerführer, Herzog) eingesetzt.

725

Gründung eines kleinen Klosters bei Ohrdruf. Beginn der Missionierung Thüringens.

741

Teilung des Frankenreiches, Tod Karl Mantels. Thüringen fällt an seinen Sohn Karlmann.
747 übernimmt sein BruderPippin III. die Verwaltung aller Territorien.
Thüringen ist wieder Teil des gesamten Frankenreiches.

741

Gründung des Bistums Erfurt durch Bonifatius.

754/55

Eingliederung des Bistums Erfurt in das Erzbistum Mainz.

787

Karl der Große zieht mit Thüringen gegen Tassilo von Baiern.

791

Teilnahme der Thüringer am Feldzug gegen die Awaren.

8. Jh.

Auftreten der Schwarzburger als eines der ältesten Geschlechter in Thüringen.

8./9. Jh.

Heiligenstadt besitzt eine Kaiserpfalz.

um 800

Aufzeichnung der „Lex Angliorum et Werinorum hoc est Thuringorum“ auf Anweisung Karls des Großen. Nach seiner Kaiserkrönung sorgt er dafür, dass das Recht der Thüringer separat behandelt wird.

802

Erfurter Adelsversammlung. Thüringen existiert als „Markherzogtum“

806

Karl der Große teilt erstmals das Reich unter seinen 3 Söhnen auf. Der älteste Sohn Karl (gest. 811) erhält u.a. Thüringen.

843

Vertrag von Verdun: Teilung des fränkischen Reiches. Thüringen verbleibt beim Ostfränkischen Reich Ludwig des Deutschen.

869

Thüringer nehmen am Slawenfeldzug des sächsischen Herzogs Liudolfs teil. Erste Verbindungen der Liudolfinger mit Thüringen.
872, 874, 880 sin Thüringer an Slawenfeldzügen beteiligt.

874

Ersterwähnung von Schmalkalden.

897

Schriftliche Ersterwähnung des Eichsfeldes.

899

Ersterwähnung von Vvigmara – Weimar in einer Urkunde Kaiser Arnulfs.
Erwähnung von Saalfeld als Wirtschaftshof.

908

Der letzte fränkische Herzog von Thüringen Burchard fällt im Kampf gegen die Ungarn.

919 – 1024
Thüringen während der sächsischen Königs- und Kaiserzeit

919

Thüringen wird nach dem aussterben der Karolinger von König Heinrich I. unter sächsische Oberhoheit gebracht.

927/929

Ersterwähnung von Nordhausen.

932

Erfurter Synode.

933

Einstellung des Ungarnzinses. Ungarische Reiterscharen dringen nach Thüringen ein, sie werden bei Jechaburg und Riad (Unstrut?) geschlagen.

967

Ersterwähnung von Mühlhausen.

968

Gründung der Bistümer Zeitz, Merseburg und Meißen.

972

Die Pfalz Tilleda wird urkundlich genannt.

973

Schriftliche Ersterwähnung von Heiligenstadt.

975

Erwähnung von Wimar – Wechmar.

982

Erste urkundliche Erwähnung von Meiningen.

983

Otto II. Stirbt in Rom.

985

Belehnung des Grafen Ekkehard I. mit der Markgrafschaft Meißen.
Er ringt mit dem Grafen Wilhelm II. von Weimar-Orlamünde um die Vorherrschaft in Thüringen.

1002

Huldigung Heinrich II. durch die Thüringer bei Kirchberg (Jena).
Beendigung der fast 500-jährigen Schweinezinszahlung.

1007

Heinrich II.gründet das Bistum Bamberg.Thüringen gehört somit, nach heutigen Grenzen. zu 5 Bistümern: Mainz, Würzburg, Naumburg, Halberstadt und Bamberg.

1024

Tod Heinrich II. Thüringen hört mit dem Ende der Liudolfinger Ottonenzeit entgüldig auf als Herzogtum zu gelten.

1024 – 1125
Thüringen während der Zeit der salischen Kaiser

um 1040 (1050)

Ludwid der Bärtige (aus Lohr bei Aschaffenburg stammend) begründet die thüringische Ludowinger-Dynastie.

1046

Belehnung der Grafen von Weimar-Orlamünde mit der Markgrafschaft Meißen. Weitere bedeutende Grafengeschlechter und Herrschaften in Thüringen (ab 10.-12. Jh.: von Beichlingen, Tonna-Gleichen, Berka, Henneberg, Honstein, Kirchberg, Blankenhain, Frankenstein, Kranichfeld, Lobdeburg, Tannroda, Apolda u.a.).

1074

Gründung der Schauenburg bei Friedrichroda.

1085

Gründung des ludowingischen Hausklosters Reinhardtsbrunn mit Hirsauer Mönchen durch Ludwig den Springer (Aneignung des Eisenacher Gebietes: Wartburg 1067/1080).

um 1100

Schmalkalden im Besitz von Ludowingern, Hennebergern und Brandenburgern.

1115

Vernichtende Niederlage Heinrich V. gegen ein thüringisch-sächsisches Heer (am Welfesholz bei Eisleben). Beginn des Rückzugs der deutschen Könige aus Thüringen.

1130 – 1247
Thüringen zur Zeit der Ludowinger

1130/31

Belehnung Ludwigs I. mit der Landgrafschaft Thüringen durch Kaiser Lothar III. von Supplinburg.

1140-1172

Herrschaft von Landgraf Ludwig II. dem Eisernen.

1143

Gründung des Zisterzienserklosters Georgenthal durch Sizzo III., einem Grafen von Käfernburg-Schwarzburg.

1154

Urkundlich belegte Ersterwähnung von Rudolstadt, Ersterwähnung selbst: 775.

1172-1190

Herrschaft von Landgraf Ludwig III. dem Frommen.

1180

Ehrenvorrang des Landgrafen gegenüber den Herzögen des Reiches in der Gelnhäuser Urkunde anerkannt (13.05.1180).
Belehnung des Thüringer Landgrafen mit der Pfalzgrafschaft Sachsen (Allstedt).

1183-1189

Thüringen tritt in die hochmittelalterliche Literaturlandschaft ein (Vollendung des Romans Aeneas durch Heinrich von Veldecke).

1190-1217

Regierungszeit von Landgraf Hermann I. Die Wartburg wird kulturelles Zentrum der mittelhochdeutschen Dichtung; Sängerkrieg um 1206.

12. Jh.

Nachweis der Reuß'schen Vorfahren in Nord- und Ostthüringen (sowie Franken).

1206/1207

Sängerkrieg auf der Wartburg. Die mittelhochdeutsche Literatur erlebt eine Blütezeit.

1209

Verleihung des Titels Vogt an die Reußen in Weida.

1211

Eintreffen der 4jährigen ungarischen Königstochter auf der Wartburg.

1217-1227

Regierungszeit von Landgraf Ludwig IV. („dem Heiligen“), Gemahl der heiligen Elisabeth (Tochter des ungarischen Königs Andreas und seiner Gemahlin Gertrud von Andechs-Meran). Nach dem Tode Ludwigs geht Elisabeth über Bamberg nach Marburg, sie stirbt dort 1231 (Heiligsprechung: 1235).

1220/24

Das Mühlhäuser Rechtsbuch erscheint (erstes Stadtrechtsbuch in deutscher Sprache).

1220

Nordhausen wird Freie Reichsstadt.

1227-1240

Gemeinsame Verwaltung der Thüringer Landgrafschaft durch Heinrich Raspe IV. und Konrad.

1227

Schmalkalden wird als Stadt bezeugt.

1242

Einsetzung des Landgrafen Heinrich Raspe IV. als Reichsverweser; er wird 1246 gegen den Staufer Friedrich II. zum Gegenkönig gewählt.

1243

Bürgerliche Verwaltung in Erfurt.

1247 – 1485
Thüringen als Bestandteil des wettinischen Territoriums

1247-1264

Erbfolgekrieg nach dem Tod des kinderlosen Landgrafen Heinrich Raspe IV. zwischen Sophie von Brabant (der ältesten Tochter Ludwigs IV. und der heiligen Elisabeth) und dem Wettiner Markgrafen Heinrich dem Erlauchten von Meißen. An diesen fällt die Landgrafschaft im Jahr 1264.

1256 (1241,1251)

Mühlhausen erreicht faktisch die kommunale Selbstverwaltung und damit den (rechtlich allerdings nicht voll fixierten) Status einer Freien Reichsstadt.

1266

Erste Erwähnung des Nordhäuser Rates.

1292

Gleichstellung der Landgrafschaft Hessen zur Landgrafschaft Thüringen.

1294

Bedeutender Landerwerb durch Mainz.

1289

Rudolf von Habsburg eröffnet in Erfurt einen Hoftag. Die Stadt wird für mehr als 10 Monate der Mittelpunkt der Reichsverwaltung. Der König leitet energische Maßnahmen zur Wiederherstellung des Landfriedens ein, u.a. werden 70 Raubritterburgen in Thüringen zerstört.

1304/06

Entstehung des Städtebundes Erfurt-Mühlhausen-Nordhausen, 1309 erneuert; Dauer mindestens bis 1472.

1307

Schlacht bei Lucka. Machtbestätigung der Wettiner und Festigung der Markgrafschaft Meißen.

1310

König Heinrich VII. (deutscher Kaiser ab 1312) erkennt im Prager Vertrag vom 19.12.1310 die Rechte des Hauses Wettin in Thüringen an.

1324

Urkundliche Ersterwähnung von Pößneck als Stadt.

1325

In Erfurt wird der Steinbau der Krämerbrücke als Wohn- und Handelsstraße vollendet.

1331

Ludwig der Bayer verleiht Erfurt ein Messeprivileg.

1342-1345

Grafenkrieg.

1343

Erfurt kauft von den Grafen von Gleichen die 16 Dörfer umfassende „Grafschaft” Vieselbach.

1353

Erwerb der Pflege Coburg durch die Wettiner.

1360

Die 1. Hälfte von Schmalkalden fällt an Hessen, 1583 folgt die 2.Hälfte.

1373

Weimar fällt nach dem Tode des letzten Grafen von Weimar an die Wettiner.

1392

Eröffnung der Universität Erfurt.

14. Jh.

Der Name Vogtland bürgert sich ein (Ausdehnung ca. 4.000 km² mit Weida als Zentrum).

1423

Markgraf Friedrich der Streitbare erhält das Herzogtum Sachsen-Wittenberg, dadurch Erhebung der Wettiner in den Kurfürstenstand.

1430

Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen werden Mitglied des „Goslaer Bundes”, eines regionalen Verbundes innerhalb der Hanse. Sie unterhalten bereits seit dem 14.Jh. enge wirtschaftliche und politische Beziehungen zur Hanse.

1446

Herzog Willhelm III. Erläßt für Thüringen die erste umfassende Landesordnung.

1446-1451

Sächsischer Bruderkrieg.

1460/1521

Blütezeit des Humanismus in Erfurt.

1478

Päpstliche Genehmigung zur Verlegung des Benediktinerinnenklosters vom Cyriaksberg bei Erfurt in die Stadt.

1483

Geburt Martin Luthers in Eisleben.

1485

Leipziger Teilungsvertrag zwischen Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht von Sachsen (17.06.1485). Der wettinische Besitz in Thüringen zerfällt in einen nördlichen albertinischen und einen südlichen ernestinischen Teil.

1486 – 1547
Thüringen und das Kurfürstentum Sachsen im Reformzeitalter

1494

Nikolaus von Siegen, Bibliothekar des Erfurter Petersklosters, beginnt die Aufzeichnung des „Chronicon ecclesiasticum”. Die Darstellung der thüringischen Kirchen und Klöster ist die erste thüringische Kirchengeschichte.

1486-1525

Regierungszeit von Friedrich dem Weisen, Förderer der Reformation.

1507

Der Messebann von Leipzig wird auf 15 Meilen ausgedehnt und erreicht damit Erfurt. Die Stadt muß daraufhin ihre zwei Jahrmärkte (kaiserliche Privilegien von 1331 und 1473) einstellen. Ihre wirtschaftliche Grundlage wird schwer geschädigt.

1509

Tolles Jahr in Erfurt. Die wirtschaftlichen, politischen und finanziellen Krisenerscheinungen spitzen sich zu. Es stehen sich die Ratspartei und begüterte Bürger (Handwerker,Waidhändler), die von rechtlosen Vorstädtern und der Stadtarmut unterstützt werden, gegenüber. Der Rat wird weitgehend entmachtet und seine weitere Tätigkeit wird von gewählten Vertretern der Handwerker und der Viertel kontrolliert.

1516

Graf Wilhelm IV. von Henneberg-Schleusingen verleiht dem Ort Goldlauter (bei Suhl) ein großes Bergrecht. Der Ort bildet vor allem im 16.Jh. ein Zentrum des Kupferbergbaus in Thüringen.

1517

Der als Vorgang umstrittene Thesenanschlag Martin Luthers in Wittenberg markiert den Beginn der Reformation.

1520

Erneuerung der Erbverbrüderung zwischen Hessen und Thüringen.

1521/22

Aufenthalt Luthers auf der Wartburg. Übersetzung des Neuen Testaments, Entwicklung der deutschen Schriftsprache.

ab 1522

Auftreten reformatorischer Geistlicher.

1525/32

Regierungszeit von Kurfürst Johann dem Beständigen.

1525

Bei Frankenhausen steht das letzte Bauernheer Nordthüringens mit etwa 8000 Mann. Die Truppen Herzog Georgs von Sachsen und Landgraf Philipps von Hessen werden von den Bauern zurückgeschlagen.
Bei einem erneuten Angriff werden sie überrannt, wobei über 5000 von ihnen ermordet werden.Thomas Münzer gerät in Gefangenschaft.

1525

Ewiger Rat in Mühlhausen.
Thüringer Aufstand als ein Höhepunkt des deutschen Bauernkrieges und seine Niederschlagung.
Hinrichtung Thomas Müntzers bei Gönnar (27.05.).

1525

Hans Greiner gründet die landesherrlich konzessionierte Glashütte Langenbach (bei Schleusingen) und führt neue Techniken der Glasherstellung ein. Die bis 1589 produzierende Hütte wird zum Ausgangspunkt der neuen Glasproduktion im Thüringer Wald.

1530

Einführung der Reformation in Thüringen im wesentlichen abgeschlossen.

1531

Gründung des Schmalkaldischen Bundes zum Schutz der Reformation (ihm gehören neben dem ernestinischen Wettin und Hessen u.a. Anhalt, Mansfeld, Brandenburg und Magdeburg an).

1538

Schwarzburger Gesamtbesitz durch Zusammenschluß verschiedener Besitzungen.

1547

Johann Friedrich I. der Großmütige verliert nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg (1546/47-Schlacht bei Mühlberg) die Kurwürde und einen Teil seiner Lande an die Albertiner. Weimar wird ernestinische Hauptresidenz.

1548 – 1775
Die Thüringischen Staaten im Zeitalter der Glaubenskriege und des Absolutismus

1548/1555

Gegenreformation und Rekatholisierung des Eichsfeldes.

1554

Das Altenburger Gebiet, seit 1547 albertinisch, wird den Ernestinern zurückgegeben.

1555

Johann Friedrich II. erwirbt die gefürstete Grafschaft Henneberg-Römhild.

1555

Eine Verordnung begrenzt die Zahl der Rohrschmiedemeister in Suhl auf zehn. Sie wird umgangen, indem ein Teil der Meister die Produktion einstellt, diese auf Gesellen verlagert und sich ausschließlich auf den Waffenhandel verlegt. Ein Teil der Waffenschmiede läßt sich in anderen Orten nieder (Zella-Mehlis, Schmalkalden).

1558

Gründung der Universität Jena (als Hohe Schule bereits 1548 gegründet).

1560

Schaffung eines Reuß`schen Gesamtbesitzes, der allerdings nachfolgend in so viele Linien zerfällt, dass die Reuß'schen Lande zum Inbegriff des deutschen Kleinstaatentums werden.

1566

Die Brüder Johann Friedrich II. und Johann Wilhelm teilen die ernestinischen Lande. Johann Friedrich II. erhält das Hauptgebiet mit Weimar, sein Bruder erhält Coburg.

1566

Für den Kupfer- und Silberbergbau bei Ilmenau und Goldlauter wird eine spezielle „Hennebergische Bergordnung” erlassen.

1567

Die „Grumbachschen Händel“ enden für Johann Friedrich II., der die Kurwürde für die Ernestiner zurückerobern wollte, mit einer Katastrophe. Seine Länder erhält Bruder Johann Wilhelm, der seine Residenz in Weimar einrichtet.

1571/1599

Teilungen der Schwarzburger Grafschaft.

1572

Beginn der ernestinischen Landesteilungen (1572, 1603, 1640, 1672, 1680). Erfurter Teilung, nachdem 1570 die Söhne Johann Friedrich II. hr Erbe zurückerhalten hatten.

1577

Graf Georg Ernst von Henneberg-Schleusingen stiftet das Gymnasium zu Schleusingen.

1583

Die ernestinischen und albertinischen Wettiner erwerben die gefürstete Grafschaft Henneberg-Schleusingen und richten eine gemeinsame Verwaltung ein.

1584

In Erfurt wird das Patrizierhaus „Zum breiten Herd „ (am Fischmarkt) errichtet.

1585

Baubeginn an der „Wilhelmsburg” in Schmalkalden, einer Sommerresidenz für Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel im Stil der Renaissance.

1585

In Köstritz wird der Komponist Heinrich Schütz geboren.

1593

Für Apolda wird erstmals das Strickhandwerk erwähnt.

1593

Konzessionierung der Glashütte Fehrenbach (Sachsen-Coburg), nachdem hier bereits in dem 1560er Jahren eine Glashütte bestanden hat.

1595

Mit landerherrlicher Erlaubnis kann sich in Gera - gegen den Widerstand der Tuchmacherzünfte und der Geistlichkeit - der niederländische Calvinist Nicolaus de Smit niederlassen. Er führt eine überlegene Produktions- und Färbetechnik ein, was zu einem raschen Aufschwung der bereits im 15.Jahrhundert betriebenen Geraer Weberei führt.

1597

Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg erteilt den Glasmachern Hans Greiner und Christoph Müller die Konzession zum Betreiben einer Glashütte am Lauschabach (Entstehung des Ortes Lauscha). Zahlreiche Lauschaer Glasmacher wurden zu Gründern neuer Glashütten innerhalb und außerhalb von Thüringen.

1605

Herzog Johann Casimir stiftet in Coburg ein Gymnasium (Casimirianum).

1616

Die Grafen von Schwarzburg-Sondershausen kauften die Herrschaft Ebeleben.

1619

In Sachsen-Weimar wird von Johannes Kromayer eine Schulordnung erlassen. Sie sieht ein Elementarschulwesen vom 6. bis 12. Lebensjahr und und Unterrichtspflicht vor. Die Umsetzung scheitert in den beginnenden Wirren des Dreßigjährigen Krieges.

1622

Herzog Christian von Braunschweig fällt plündernd ins Eichsfeld ein. Die schutzlose katholische Enklave wird insbesondere nach 1631 bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges Schauplatz heftigster Auseinandersetzungen.

1631

König Gustav Adolf von Schweden ernennt Herzog Wilhelm von Weimar zum schwedischen Stadthalter in Thüringen und beauftragt ihn, Truppen aufzustellen und zu versorgen. Wilhelm bezieht in Erfurt sein Hauptquartier und richtet hier eine Kriegskanzlei ein.

1631

König Gustav von Schweden hält nach seinem Sieg bei Breitenfeld triumphalen Einzug in Erfurt. Die evangelische Bevölkerungsmehrheit begrüßt ihn als Befreier, die Katholiken bleiben aber vor Racheakten verschont. Der König überträgt der Stadt alle Mainzer Rechte. Sie wird bis 1650, trotz zeitweiliger Räumung, zu einem Hauptstützpunkt schwedischer Politik im deutschen Raum.

1632

Wallenstein belagert vergeblich die Veste Coburg, die von schwedischen Truppen verteidigt wird. Wallenstein zieht von Franken nach Leipzig. Insbesondere das Herzogtum Altenburg erleidet dabei schwere Verwüstungen.

1634

Große Teile der auf deutschen Territorium operierenden schwedischen Truppen beziehen in Thüringen Winterquartier.Gleichzeitig liegen in verschiedenen Gebieten Thüringens zusätzlich noch kursächsische Truppen.
Kaiserliche Truppen fallen in Südthüringen ein und vertreiben die schwachen Verbände Herzog Wilhelms von Weimar. Insbesondere die marodierenden kroatischen Truppen unter Isolani verbreiten Schrecken unter der Bevölkerung. Am 16. Oktober nehmen sie Suhl ein und zerstören die Stadt, zu diesem Zeitpunkt ein Zentrum der europäischen Waffenproduktion, vollständig. Die kaiserliche Hauptarmee unter Piccolomini schlägt ihr Hauptquartier in Schmalkalden auf.

1635

Am 30. Mai schließt das protestantische Kursachsen Frieden mit dem Kaiser in Prag. Ihm schließen sich alle thüringer Reichsstände an. Der Beitritt Herzog Wilhelms von Weimar und seiner Brüder, außer Bernhard (5.Juli), zum Prager Frieden beendet das Weimarer Bündnis mit Schweden und Wilhelms Statthaltertätigkeit. Gleichzeitig bedeutet der Prager Frieden für ihn den entgültigen Verlust des Eichsfeldes, das an Mainz zurückfällt.

1635

Am 3. Dezember verstirbt Heinrich Posthums von Reuß-Gera. Unter seiner Regierung erlebt das kleine Territorium eine beachtliche Blüte. Es entsteht eine durchgebildete Behördenorganisation, eine entwickelte Rechtspflege und gut funktionierendes Kirchen- und Schulwesen.

1640

Die Söhne Herzog Johannes von Sachsen-Weimar teilen ihren Besitz.
Wilhelm erhält das Weimarer Gebiet, Albrecht das Eisenacher und Ernst I. das Gothaer Gebiet. Wilhelm stiftet den Weimarer, Ernst den Gothaer Zweig der Ernestiner.

1641-1675

Herrschaft von Herzog Ernst I. dem Frommen in Gotha; Aufbau einer modernen Landes- und Kirchenverwaltung. Er gibt den Befehl, auf dem Gelände der geschleiften Festung Grimmenstein ein Residenzschloss zu errichten. Der 1654 fertiggestellte Bau erhält den programmatischen Namen „Friedensstein”.

1650

Die schwedischen Garnisionstruppen verlassen Erfurt. Die Stadt liegt am Boden, die stark reduzierte Bevölkerung leitet schwere Not. Der Rat versucht noch immer den Status einer Reichsstadt zu erreichen. Die Gegensätze zwischen dem patrizischen Rat und den Handwerkerzünften spitzen sich zu.
Nach dem Abzug der Schweden aus Erfurt finden in vielen Teilen Thüringens Friedensfeiern statt.
Die Region gehört nach jahrzehntelangen Truppendurchzügen und Belagerungen zu den am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Gebieten Deutschlands.

1656

Gründung von Sekundogenituren (Seitenlinien): Sachsen-Weißenfels (bis 1746), Sachsen-Zeitz (bis 1718) und Merseburg (bis 1738); nach deren Erlöschung werden sie wieder dem Kurstaat eingegliedert.

1664

Erfurt kapituliert nach knapp einmonatiger Belagerung durch eine mainzische Exekutionsarmee und wird wird Mainz'sche Landesstadt.

1680

Eine Konferenz gothaischer, weimarischer und Zeitzer Vertreter beschließt die gemeinsame Wiederaufnahme des im Dreißigjährigen Krieg eingegangenen Ilmenauer Silber- und Kupferbergbaus.

1682

Baubeginn am Schloß Elisabethenburg in Meiningen (1692 fertiggestellt)

1685

Am 21.März wird Johann Sebastian Bach in Eisenach geboren.

1689

In Sachsen-Weimar werden die ersten Strumpfmanufakturen errichtet.

1690

Der 1663 in Gotha geborene August Hermann Francke, einer der Hauptvertreter des deutschen Pietismus, erhält in Erfurt eine erste Predigerstelle. Aufgrund seiner pietistischen Ansichten wird er im Herbst 1691 seines Amtes etsetzt und ausgewiesen. Er folgt 1692 einem Ruf nach Halle.

1690

Sachsen-Jena fällt an Sachsen-Eisenach.

1691

Valentin Degenhardt, ein ehemaliger Dragoner, der in Flandern das Weberhandwerk erlernt hat, läßt sich im eichsfeldischen Großbartloff nieder und begründet die Zeugweberrei im Obereichsfeld.

1697

Schwarzburg-Arnstadt und Schwarzburg-Rudolstadt werden Fürstentümer.

1700

In Zeulenroda wird neben der Zeugweberrei die Strumpfweberei als Erwerbszweig eingeführt. Sie entwickelt sich hier auf Manufakturbasis zu beachtlichen Ausmaßen.

1710

Sachsen-Römhild erlischt und wird zum Objekt des „Coburg-Eisenberg -Römhilder Erbstreites“ der gothaischen Ernestiner (beendet 1735).
Mühlhausen steht unter dem Schutz von Hannover.

1712

Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar erhebt die Weimarer Stadtschule zum Gymnasium.

1716

Bei dem bei Arnstadt gelegenen Lustschloß Dorotheenthal entsteht eine Fayencenmanufaktur.

1720

Das Palais des Mainzer Statthalters in Erfurt wird fertiggestell. Erfurt findet kulturell und wirtschaftlich zu neuer Blüte.

1729

Das Jagtschloß Ettersburg bei Weimar wird durch Johann Adolf Richter und Gottfried Heinrich Krohne zu einem repräsentativen Barockschloß umgebaut (1739 fertiggestellt).

1732

Schloß Belvedere bei Weimar wird im wesentlichen fertiggestellt.

1733

Die Kaufleute Benjamin Eichel und Justin Streiber erhalten in Eisenach Konzessionen zur Betreibung von Färbereien. Beide Unternehmen spielen bei der Entwicklung des Eisenacher Textilgewerbes ein herausragende Rolle.

1735

Der coburgische Erbstreit wird durch eine vom Kaiser eingesetzte Kommission entgüldig zugunsten Saalfelds und damit gegen Meiningen entschieden. Meiningen muß Coburg räumen und erhält aus der Coburger Erbmasse lediglich das Amt Sonneberg zugesprochen.

1736

Graf Gustav Adolf von Gottern erwirbt die Wasserburg Molsdorf und läßt sie zu einem Lustschloß umbauen. Der Diplomat, einer der Hauptrepräsentanten des geistigen Lebens am Gothaer Hof, erlaubt bei Molsdorf die Ansiedlung Mährischer (Bömischer) Brüder, die sich mit der Wollzeugfabrikation beschäftigen.

1739

Wassereinbrüche legen den Ilmenauer Bergbau auf Jahrzehnte lahm.
Damit scheitert auch der staatliche Versuch der Errichtung von Eisenwerken in der Region.

1741

Sachsen-Eisenach fällt an Sachsen-Weimar, das damit alle Gebiete der weimarischen Ernestiner vereinigt.

1751

Der Mainzer Erzbischhof übersendet der „Kurfürstlich Mainzischen Akademie nützlicher Wissenschaften” zu Erfurt den Stiftungsbrief. Die Akademie verfolgt nach englischen Vorbildern das Ziel, das städtische Gewerbe und den Handel mit wissenschaftlichen Forschungen zu fördern. Einer ihrer Mitbegründer ist der Pionier des Erfurter Gartenbaus, Christian Reichart (1685-1775). Er stellt den Gartenbau auf wissenschaftliche Grundlage, wobei er die Waidfelder vor allem zur Gewinnung von Blumensamen nutzt. Damit begründet er Erfurts Ruhm als Gartenstadt, während der Waidanbau im 18.Jahrhundert, durch die Einfuhr von Indigo, völlig zu Erliegen kommmt. Neben dem Handel und dem Gartenbau blühen in Erfurt andere Wirtschaftszweige, so die Fayencenherstellung und das Müllereiwesen.

1757

König Friedrich II.von Preußen hält in Erfurt Einzug. Die Stadt und ihr Umland haben als Besitz des Mainzer Erzbischofs, eines der erbitternsten Gegner des Preußenkönigs, im Siebenjährigen Krieg besonders zu leiden. Sie wird im Kriegsverlauf achtmal gebranntschatzt und muß drei Millionen Taler an Preußen zahlen.

1760

Georg Heinrich Macheleit aus Sitzendorf, dem unabhängig von Bötcher die Nacherfindung des Porzellans gelingt, erhält von Fürst Johann Friedrich von Schwarzburg-Rudolstadt die Konzession zur Porzellanherstellung.
Eine Manufaktur nimmt 1762 in Volkstedt (heute zu Rudolstadt) die Produktion auf.
1761 gelingt dem Glasmache Gotthelf Greiner aus Limbach gleichfalls die Herstellung einer Porzellanmasse und -glasur. Er erhält zusammen mit dem Katzhütter Hammerwerksbesitzer Hamman eine Konzession für Wallendorf (Sachsen-Coburg).
1771/72 scheidet Greiner aus und kann in Limbach (heute Steinheid) eine Porzelanmaufaktur gründen. Bereits 1760 entsteht eine solche in Veilsdorf, eine Gründung des Hildburghauser Herzoghauses. Sie geht 1797 in den Besitz der Söhne Greiners über. Die Unternehmen bilden die Basis für die bedeutende thüringische Porzellanindustrie.

1763

Die sei 1752 bestehende Herrnhuter Brüdergemeinde in Neudietendorf wird als eigenständige lutherische Gemeinde innerhalb der Landeskirche anerkannt.

1766

Die Wiederentdeckung einer Mineralquelle bei Ronneburg führt zu einem raschen Aufschwung der Stadt als exklusives Heilbad von internationalen Rang.

1775

Der Nordhäuser Rat verbietet den Branntweinbrennern bei Verlust des Bürgerrechts, sich außerhalb der Stadt zu verdingen. Damit soll das Fabrikationsgeheimnis gewahrt bleiben. Das Brennen von Kornbranntwein auf der Grundlage des Getreidereservoirs der Goldenen Aue (Anfang des 16.Jh. bereits erwähnt) hatte sich neben dem Brauwesen seit dem Dreißigjährigen Krieg zum Haupterwebszweig der Stadt (am Ende des 18.Jh. Rund 8000 Einwohner) entwickelt.

1775 – 1871
Der Klassizismus in Thüringen und die Herausbildung der modernen bürgerlichen Gesellschaft

1775 – 1828

Regierungszeit von Herzog/Großherzog Carl August.

1776

In Meiningen wird das erste Lehrerseminar in Thüringen eröffnet.

1778

Nach dem Vorbild des Wörlitzer Parks beginnt die Gestaltung des Weimaer Schloßparks als englischer Garten (beiderseits der Ilm bis Oberweimar). Goethe, seit 1776 Besitzer des Gartenhauses im Schloßpark, nimmt an der Ausgestaltung des Parks regen Anteil.

1779

In den Apoldaer Strumpfmanufakturen arbeiten 780 mechanische Wirkerstühle (1700 waren es 10).

1784

Christian Gotthilf Salzmann kann mit Unterstützung Herzog Ernsts II. von Sachsen-Gotha-Altenburg in Schnepfenthal (heute zu Waltershausen) ein Landerziehungsheim gründen. Er versucht hier sein Ideal einer freien, auf Vertrauen basierenden Erziehung umzusetzen, wobei die Ausbildung in den überlieferten Fächern, in Handfertigkeiten und die Leibeserziehung (der Turnpädagoge Johann Christoph GuthsMuths war hier Lehrer) gleichberechtigt nebeneinander stehen.

1785

Der Verleger Justus Perthes gründet in Gotha einen Verlag, der nach 1800 mit geographischen Verlagserzeugnissen (Landkarten, Atlanten, geographische Mitteilungen) europäischen Ruf erlangt. Gotha entwickelt sich zu einem Zentrum der Karthographie in Deutschland.

1787

Der Weimaer Erzieher und Gymnasialprofessor Johann Karl August Musäus verstirbt. Als Schriftsteller und Literaturkritiker hatte er sich einen Namen gemacht. Mit der Sammlung der „Volksmärchen der Deutschen” (1782/86) leistet er Bedeutendes als Vorläufer der Brüder Grimm.

1788

Am 7.September kommt es im Hause der Familie Lengefeld in Rudolstadt zur ersten Begegnung von Goethe und Schiller.

1790

Altenburger Bauern beschweren sich bei Herzog Ernst II.von Sachsen-Gotha-Altenburg über belastende Fronen. Diese werden, auch angesichts der Bauernunruhen im benachbarten Sachsen, eingeschränkt.

1791

Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen veröffendlicht ein Reformprogramm, das im Sinne des aufgeklärten Absolutismus auf die Hebung der Landwirtschaft und damit der Volkswohlfahrt zielt: Vorschläge zur Sumpf- und Ödlandkultivierung, Abschaffung der Brache, Wiesenverbesserung und Einführung der Stallfütterung.

1795

Johann Heinrich Cotta, Mitbegründer der Forstwissenschaft, gründet in Zillbach (bei Schmalkalden) eine Forstlehranstalt. Sie wird 1811/12 nach Tharandt (bei Dresden) verlegt.

1796

Im Gefolge des Baseler Friedens zwischen Frankreich und Preußen schließen Frankreich und der Obersächsische Reichskreis, dem die Mehrheit der thüringischen Staaten angehört, unter preußischer Vermittlung einen Waffenstillstand.

1798

In Gotha findet der erste Astronomenkongreß auf deutschen Boden statt.

1801

Friede von Lunéville: Entschädigung deutscher Fürsten durch Verlust linksrheinischer Gebiete.

1801

In Dreißigacker bei Meiningen entsteht eine Forstlehranstalt (1803 zur „Forstakademie” erhoben). Zum Leiter wird johann Matthäus Bechstein berufen.

1801

Georg Wilhelm Friedrich Hegel läßt sich als Privatdozent in Jena nieder.
Ab 1805 arbeitet er als außerordentlicher Professor für Philosophie an der Universität.

1802/1813

Preußen sichert sich in einem Sondervertrag mit Frankreich für den Verlust linksrheinischer Gebiete u.a. Die Territorien des Kurfürstentums Mainz in Thüringen (Erfurt, Eichsfeld) und die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen.
Erfurt wird preußisch. Bildung von zunächst zwei „Zivilgouvernements“ (Provinzen zwischen Weser und Elbe bzw.Sachsen).
Heiligenstadt wird Sitz des preußischen Regierungspräsidenten.
Das Eichsfeld wird in einen Oberkreis (Heiligenstadt) und einen Unterkreis (Duderstadt) eingeteilt. Die Bestätigung erfolgt 1803 vom Reichsdeputationshauptschluß.

1803

Das altehrwürdige Peterskloster in Erfurt wird von der preußischen Regierung aufgehoben.

1804

Erbprinz Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach wird mit der russischen Zarentochter Maria Pawlowa verheiratet.

1805

Am 9. Mai verstirbt Friedrich Schiller in Weimar.

1806

Am 6.August erfogt die Niederlegung der römischen Kaiserkrone durch Franz II. und damit auch das damit formal vollzogene Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation bedeutet für die zahlreichen thüringischen Staaten vollständige Selbstständigkeit – sie führt eine tiefgreifende Existenzkrise herbei.

1806

In der Schlacht bei Jena und Auerstedt fügen die Franzosen der preußischen Armee eine vernichtende Niederlage zu.

1806

Am 15.Oktober kapituliert der preußische General von Wartenlieben, Oberkommantierender der Festung Erfurt, vor den Franzosen und übergibt Stadt und Festung kampflos.

1807/13

Mühlhausen und Nordhausen und das Eichsfeld werden Teil des Königreichs Westphalen. Heiligenstadt ist Sitz des Harzdepartements.

1808

Beim „Erfurter Fürstenkongreß” (27.9.-14.10.) treffen Napoleon, der russische Zar Alexander und die meisten deutschen Rheinbundfürsten aufeinander. Erfurt, seit 1806 bis Kriegsende aufgrund seiner günstigen strategischen Lage als „Fürstentum Erfurt” unmittelbar der Herrschaft Napoleons unterstellt, erlebt Tage äußeren Glanzes.
Der zwischen Frankreich und Russland getroffene geheime Bündnisvertrag wurde in der Folge nicht eingehalten.

1808

Am 2.Oktober empfängt Napoleon in der Stadthalterei am Hirschgarten Goethe zu einem Gespräch und begrüßt ihn mit den Worten „Vous etes un homme - Sie sind ein großer Mann”.

1813

Am 19.Juli kommt es in Erfurt zu einem Bürgeraufruhr gegen die Bedrückung durch die französische Besatzung, der mit Waffengewalt niedergeschlagen wird. Die Stadt, in der die Franzosen unter Ney ihr Haupquartier aufgeschlagen haben, hat schwer zu leiden. Streifzüge preußischer Truppenteile, Widerstandsaktionen der Bevölkerung sowie Racheakte der Franzosen (angedrohte Zerstörung Jenas) versetzen Thüringen in Unruhe.

1813

Nach Napoleons Niederlage bei Leipzig (19.10.) verlassen alle thüringischen Staaten den Rheinbund und treten der antinapolionischen Koalition bei.

1813/1814

Nach dem Napoleon am 25.Oktober Erfurt verlassen hat belagern Truppen der antinapolionischen Koalitionsarmee vergeblich Erfurt (6./7.11.).
Peterskirche, Dom und Severi-Kirche sowie der gesamte Domplatz (Niederlegung der Häuser) erleiden schwere Beschädigungen. Die Franzosen geben am 6. Januar 1814 Erfurt auf, behalten aber den Petersberg und den Cyriaksberg besetzt. Erst am 5.Mai kapitulieren sie (Bekanntwerden der Abdankung Napoleons am 13.April !), ziehen dann mit allen militärischen Ehren und in voller Bewaffnung ab.

1813

Das Eichsfeld wird wieder preußisch.
Erneute Zugehörigkeit von Mühlhausen und Nordhausen zu Preußen.

1815

Wiener Kongress. Preußen erhält (erneut) die Städte Erfurt, Mühlhausen, Nordhausen, das Obereichsfeld sowie das gesamte albertinisch-sächsische Nordthüringen (1485, 1547).
Die Gründung der preußischen Provinz Sachsen erfolgt am 30.04.1815, der Regierungsbezirk Erfurt wird 1816 gebildet.

1815

Mit der Unterzeichnung der „Deutschen Bundesakte” (8.6.) entsteht der „Deutsche Bund” als lockerer Staatenbund. Ihm gehören die zu diesem Zeitpunkt 12 thüringischen Staaten an.

1815

Die Mehrzahl der Jenaer Studenten, zumeist Teilnehmer an den Befreiungskriegen, beteiligen sich in Jena an der Gründung der „Urburschenschaften” (12.Juni).

1816

Das nördliche Untereichsfeld kommt zum Königreich Hannover, das Obereichsfeld bleibt preußisch.

1816

Am 24.September wird die Erfurter Universität, einer der ältesten deutschen Hohen Schulen, durch die preußische Regierung geschlossen.

1817

Wartburgfest der deutschen Studenten. Auf Initiative der Jenaer Burschenschaften kommen etwa 500 Vertreter deutscher Burschenschaften zusammen. Zu den erhobenen politischen Forderungen zählen staatliche Einheit, konstitutionelle Monarchie und liberale Grundfreiheiten.

1818

Sachsen-Hildburghausen erhält eine, eng an die Weimarer Konstitution angelehnte, Landesvefassung.

1821

Ernst Wilhelm Arnoldi gründet in Gotha eine Feuerversicherungsbank.
Mit der ebenfalls von Arnoldi an gleicher Stelle (1827) ins Leben gerufenen Lebensversicherungsbank auf Gegenseitigkeit entwickelt sich die Stadt zu einem Zentrum des deutschen Versicherungswesen.

1825

In Zeulenroda entsteht nach dem Rathausbrand von 1790 ein Rathausneubau in klassizistischem Stil nach Entwürfen des einheimischen Strumpffabrikanten Heinrich Schopper.

1826

Die Gebiete der gothaischen Ernestiner werden völlig neu verteilt:
An Sachsen-Meiningen wird ganz Sachsen-Hildburghausen und der Saalfelder Teil von Sachsen-Coburg-Saalfeld abgetreten. Der Hildburghäuser Herzog erhält dafür Sachsen-Altenburg, der Coburger Herzog erhält Sachsen-Gotha. Es existieren nun die drei Herzogtümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg-Gotha, außerdem das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach.

1828

Carl Joseph Meyer verlegt sein „Bibliographisches Institut” von Gotha (gegründet 1826) nach Hildburghausen. Von volksbildnerischen Bestrebungen ist das 1839 in Angriff genommene, 1852 im 46.Band abgeschlossene „Große Konversationslexikon” getragen.

1829

Am 2. Februar wird Alfred Edmund Brehm, Zoologe und Verfasser volkstümlicher Reise und Tierbücher („Brehms Tierleben”), in Renthendorf bei Stadtroda geboren. Sein Vater Christian Ludwig (1787-1864), bekannt als „Vogelpastor”, schuf wichtige Grundlagen für die ornitologische Systematik.

1829

Für das vergrößerte Herzogtum Sachsen-Meiningen tritt eine neue Verfassung in Kraft. Sie ist eineder fortschrittlichsten deutschen Vormärzverfassungen, vor allem auf Grund der erweiterten Rechte der Landstände (förmliche Gesetzesinitiativen) und erster Ansätze für eine Verfassungsgerichtsbarkeit.

1830

Im Gefolge der Juli-Revolution in Frankreich kommt es in verschiedenen Gebieten Thüringens zu politisch und sozial motivierten Unruhen.
Schwerpunkt ist das östliche Thüringen mit Altenburg, Gera und Schleiz.

1832

Während der Regierungszeit von Carl August werden Weimar und Jena zu den deutsch-europäischen Zentren der Klassik und idealistischen Philosophie; in Jena zudem Epoche der Frühromantiker.

1831

Wiederaufbau des Palas der hochmitelalterlichen Blankenburg („Greifenstein” als jüngerer Name). Die Burg war seit dem 16.Jh. dem Verfall preisgegeben.

1831

Der Reformpädagoge Friedrich Fröbel legt die Leitung der 1817 in Keilhau (bei Rudolstadt) gegründeten „Allgemeinen Deutschen Erziehungsanstalt” nieder. Fröbel wird vorgeworfen mit seinem Institut „demagogische Absichten” zu verfolgen.

1832

Die Gebrüder Otto und Wilhelm Ludwig Bechstein gründen in Altenburg eine Spielkartenfabrik. Sie begründen den Ruhm Altenburgs als „Skatstadt” (Skatgericht, Spielkartenmuseum).

1832

Am 22.März verstirbt Johann Wolfgang von Goethe in Weimar.

1833

Unter preußischer Vermittlung kommt der „Zoll und Handelsverein der Thüringischen Staaten” zustande. Er schließt sich am 11.Mai dem Deutschen Zollverein an. Mit dem Inkrafttreten desselben am 1.Januar 1834 gehören die thüringischen Staaten einem weitestgehend einheitlichen deutschen Zollgebiet an. Die steuerliche Belastung für die thüringer Bevölkerung erhöht sich erheblich.

1835

Der Lauschaer Glasbläser Ludwig Müller-Uri führt die Produktion von Glasaugen ein, die er in Paris kennengelernt hatte. Sie entwickelt sich zu einem Spezialzweig der Glasproduktion Weltruf.

1836

Beginn des Neubaus des neugotischen Schlosses Landsberg bei Meiningen (fertiggestellt 1840) auf den Ruinen einer mittelalterlichen Würzburger Burg.

1837

In Gera gründet der Unternehmer Louis Hirsch eine Färberei, die sich rasch zu einem der größten ostthüringischen Industrieunternehmen entwickelt.

1838

Kronprinz Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach faßt den Plan zum Wiederaufbau der stark verfallenen Wartburg. Der Wiederaufbau der wichtigsten Teilgebäude erfolgt zwischen1849 und 1877 unter Leitung des Architekten Hugo von Ritgen. Die Rekonstruktion des Gesamtbauwerkes wird 1889 abgeschlossen. Ein einmaliges romanisches Bauwerk und nationales Geschichtsmonument konnte vor dem Verfall gerettet werden.

1840

In Blankenburg eröffnet der Pädagoge Friedrich Fröbel den „Allgemeinen Deutschen Kindergarten”.

1841

Ernst Moritz Jahr gründet in Gera eine Maschinenfabrik, die zu den ersten Unternehmen ihrer Art in Thüringen zählt.

1841

Johann Nikolaus Dreyse, Erfinder des Zündnadelgewehrs, gründet in Sömmerda eine vom preußischen Staat finanziell geförderte Waffenfabrik (Gewehre).

1841

Am 26.März stürmen in Ronneburg Handweber eine Fabrik und zerstören die mechanischen Webstühle. Gegen die Rebellierenden wird Militär eingesetzt. Auch in anderen Zentren der ostthüringschen Weberei (Greiz 1836) kommt es zu Aktionen der Weber gegen die aus ihrer Sicht existenzvernichtenden Webstühle.

1841

Am 15.April promoviert Karl Marx an der Philosophischen Fakultät der Universität Jena in absentia zum Dr.phil.

1841

Am 26.November gastiert Franz Liszt in Weimar. Er wird als großherzoglicher Hofkapellmeister in außerordendlichen Diensten verpflichtet. 1848 läßt sich der Künstler in Weimar nieder.

1841

20.Dezember: Zwischen Preußen, Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen Coburg, Gotha und Kurhessen wird ein Staatsvertrag über den Bau einer Eisenbahnstrecke durch Thüringen unterzeichnet. Er kommt nach längeren Verhandlungen mit Preußen zustande, das ursprünglich eine Linienführung durch Nodthüringen über Halle-Nordhausen-Kassel vorgesehen hatte.
Ausschlaggebend für eine mittelthüringische Linienführung Weißenfels-Apolda-Weimar-Erfurt-Gotha-Eisenach-Bebra werden die wirtschaftlichen Interessen Erfurts. Der Bau der Strecke wird der privaten, staatlich geförderten „Thüringischen Eisenbahngesellschaft” übertragen.

1842

19.September: Die Eisenbahnstecke Leipzig-Altenburg wird eröffnet.
Sie ist Bestandteil der Sächsisch-Bayerischen Bahn (Lepzig-Hof-Nürnberg), die durch altenburgisches und reußisches Gebiet führt. Damit berührt erstmals eine Eisenbahnstrecke thüringisches Territorium.

1845

Beginn der Neugestaltung des Parks um Schloß Ettersburg bei Weimar nach Plänen Hermann Fürst von Pückler-Muskau.

1846

Carl Zeiss gründet in Jena sein mechanisches Atelier. Einen Förderer findet er in dem Professor für Botanik und Mitbegründer der Zellenlehre, Matthias Schleiden. In Zusammenarbeit mit diesem entwickelt Zeiß den Mikroskopbau weiter.

1846

19.Dezember: Mit der Strecke Weißenfels-Weimar wird der erste Teilabschnitt der durch Thüringen führenden Eisensenbahnlinie Halle-Gerstungen eröffnet. Bis Juni 1847 erfolgt die Fertigstellung der Strecke bis Eisenach, bis zum September 1949 wird der Anschluß an das hessische Eisenbahnnetz hergestellt.

1848

März/April: Auf der Grundlage lang aufgestauter politischer und sozialer Probleme (Mißernten und ”Hungerjahre” 1845-47) kommt es durch die Initialzündung der Februar-Revolution in Frankreich in allen thüringischen Staaten und im Preußischen Thüringen zu Aktionen gegen das herrschende politische System. Volksversammlungen und Demonstrationen finden in allen größeren Städten statt. Die Unruhen ergreifen schnell die ländlichen Gegenden, wobei sich in den Notgebieten (Thüringer Wald, Rhön) im März/April die Spannungen gefährlich zuspitzen.
Haupforderungen der 48er Revolution sind: der Erlaß von Verfassungen in den bisher altständisch organisierten Staaten, die Demokratisierung vorhandener Verfassungen, Einführung des allgemeinen Wahlrechts, Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit, Aufhebung der feudalen Lasten für die Landbevölkerung, Änderung der Forst- und Jagtgesetze, Überführung der Dömänen (landerherrlicher Grundbesitz) in Staatseigentum, Entlassung besonders verhaßter Beamter. Fürsten und Regierungen gaben in den meisten Fällen nach. In einigen Fällen (Weimar) rücken führende Angehörige der Opposition in höchste Regierungsämter auf.
Die Landtage verabschieden neue Landeswahlgesetze, die mit der ständischen Struktur der Parlamente brechen und allgemeinem und gleichem Wahlrecht nachkommen. Im kleinstaatlichen Thüringen entwickelt sich ein zumeist demokratisch orientiertes Pressewesen (ca.80 Zeitungen).

1848

18.Mai: Unter den in der Frankfurter Paulskirche zusammentretenden Abgeordneten der Nationalversammlung befinden sich 23 in Thüringens gewählte Parlamentarier (14 in den Kleinstaaten, 9 im preußischen Thüringen).

1848

12.-14. Juni: Auf der Wartburg treffen sich auf Anregung der Universität Jena rund 1200 detsche Studenten („2.Wartburgtreffen”). Im Mittelpunkt der Beratungen steht eine Reform des Hochschulstudiums.

1848

Juni-September: Die Revolution radikalisiert sich in weiten Teilen Thüringens. Schwerpunkte sind das Thüringer Waldgebiet Sachsen-Meiningens und Schwarzburg-Rudolstadt mit den Städten Hildburghausen Sonneberg und Saalfeld als Zentren sowie die reußischen (Gera, Schleiz) und altenburgischen Gebiete und Jena in Ostthüringen. In dieser Situation wenden sich die Regierungen Weimars, Meiningens und Altenburgs an die Frankfurter Reichsregierung mit der Bitte um militärisches Eingreifen.

1848

Ab 2. Oktober rücken im Auftrag der Reichsregierung sächsische und bayerische Truppen in Thüringen ein, besetzen Städte und befrieden die Unruheherde ohne Blutvergießen.

1848

In Erfurt kommt es am 24.November zu einem Bürgeraufstand, der sich an der Einberufung zur Landwehr entzündet. Er wird blutig unterdrückt (27 Tote auf beiden Seiten, sieben standrechtliche Erschießungen).Der Belagerungszustand über die Stadt bleibt bis Ende 1849 bestehen. Dem Erfurter Aufstand waren im Sommer/Herbst schwere Unruhen im gesamten Regierungsbezirk Erfurt vorausgegangen. Auch sie werden im November/Dezember militärisch niedergeschlagen.

1849

Verfassungskämpfe, Reformen, Einheitsbestrebungen in Thüringen für ein „Gesamt-Thüringen“.

1850

Im ehemaligen Erfurter Augustinerkloster tagt das „Unionsparlament”.
Es berät und verabschiedet eine Vefassung für eine „kleindeutsche” Staatenunion unter preußischer Führung.

1850

In Weimar wird unter der Leitung Franz Liszts Richard Wagners Oper „Lohengrin” uraufgeführt. Der Komponist wird zu diesem Zeitpunkt wegen seiner Beteiligung am Dresdener Aufstand in Sachsen noch steckbrieflich verfolgt.

1851

Der Bundestag des Deutschen Bundes setzt die „Grundrechte des Deutsche Volkes” außer Kraft.

1852

Für die Herzogtümer Coburg und Gotha wird ein gemeinsames Staatsgrundgesetz erlassen. Es übernimmt weitesgehend die Formulierungen der „Grundrechte des deutschen Volkes”.

1853

Nach dem Tode Großherzog Carl Friedrichs von Sachsen-Weimar-Eisenach übernimmt dessen Sohn Carl Alexander die Regierung. Weimar erlebt seine „nachklassische” Blütezeit.

1854

Der Germanist und Lyriker Heinrich Hoffmann von Fallerleben wird mit dem Ziel nach Weimar berufen, eine Akademie für deutsche Geschichte und Literatur aufzubauen. Nachdem der Großherzog das Projekt aus finanziellen Gründen fallen läßt, verläßt 1860 Hoffmann Weimar.

1856

Der Dichter Theodor Storm wird Kreisrichter in Heiligenstadt (bis 1864).

1857

In Weimar und anderen thüringischen Staaten finden Gewerbeausstellungen statt, die den fortgeschrittenen Stand der Industrialisierung der Region verdeutlichen.

1857

Am 4.September wird in Weimar das Goethe-Schiller-Denkmal, ein Werk des Dresdner Bildhauers Erndt Rietschel, aufgestellt.

1858

Bei Meuselwitz nimmt die erste Braunkohlengrube die Förderung auf.

1858

In Gotha tagt der Kongreß deutscher Volswirte. Er fordert für den gesamten Deutschen Bund die Einführung der Gewerbefreiheit.

1858

2. November: Die Werra-Bahn von Eisenach über Meiningen und Coburg nach Sonneberg wird eröffnet.

1859

In Eisenach fordern führende Liberale die deutsche Einigung unter Preußischer Führung. Im September gründen sie in Frankfurt am Main den „Deutschen Nationalverein”, der seinen Sitz in Coburg hat.

1860

Der Fabrikant Adolf Knoch gründet in Saalfeld eine Nähmaschinenfabrik und legt damit den Grundstein für die spätere bedeutende Nähmaschinenindustrie.

1860

14.Mai: Ludwig Bechstein, 1801 in Weimar geborener Schriftsteller und Märchensammler, verstirbt in Meiningen. Er tritt 1831 in herzoglich-meiningische Dienste, wo er als Bibliothekar und Leiter des hennebergischen Gesamtarchivs wirkt. Als Geschichtsforscher (Gründer des „Henneberischen altertumsforschenden Vereins” 1832) und als Sammler thüringischer Sagen (1835/38 vier Bände „Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes”) trägt Bechstein zur Stärkung eines wiedererwachten thüringischen Landesbewußtsein bei.

1861

In einer mit Preußen geschlossenen Militärkonvention tritt Sachsen-Coburg und Gotha und Sachsen-Altenburg de facto seine Militärhoheit an Preußen ab.

1862

Christian und Georg Thiel gründen in Ruhla die Firma „Gebrüder Thiel”.
Zunächst mit der Produktion von Metallware (Pfeifenbeschlägen) und später mit Taschenuhren entwickelt sie sich zu einem der größten Unternehmen Westthüringens.

1863

Die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins in Leipzig führt auch in Thüringen zu einem Aufschwung von Organisationsbestrebungen der Arbeiterschaft.Schwerpunkte sind die Industriegegenden des Ostens (Altenburg, Greiz, Zeulenroda) sowie Erfurt und Nordhausen.

1864

Unter dem Protektorat der Großherzogin Sophie entsteht in Weimar die Shakespeare-Gesellschaft.

1866

Nach Ausbruch des preußisch-österreichichen Krieges fordert Bismarck die thüringischen Staaten ultimativ auf, auf preußische Seite zu treten.
Die thüringischen Staaten, außer Sachsen-Meiningen und Reuß ä.L., stellen ein formales Bündnis her.
Das Eichsfeld gehört zu zwei preußischen Provinzen: Erfurt und Hildesheim.
Zugehörigkeit von Schmalkalden zusammen mit Kurhessen zur preußischen Provinz Hessen-Nassau.
Beitritt der thüringischen Kleinstaaten zum Norddeutschen Bund.
Schlacht bei Langensalza (Preußen-Hannover).

1867

In Greiz kommt es zu erneuten Unruhen unter den Webern, die sich gegen die Aufstellung von mechanischen Webstühlen richtet. Sie werden durch Militär unterdrückt. 1868 nimmt die erste Tuchfabrik mit 200 mechanischen Webstühlen die Produktion auf.

1867

Bei den Wahlen zum konstitutirenden Reichstag des Norddeutschen Bundes werden in Thüringen 16 Abgeordnete gewählt (12 in Kleinstaaten, vier im Regierungsbezirk Erfurt).

1867

Reuß ä.L. Erläßt als letzter thüringischer Staat eine moderne Verfassung.

1867

Die Verfassung des Norddeuschen Bundes tritt in Kraft. Danach verlieren die Einzelstaaten zahlreich Souveränitätsrechte an den Bund bzw.an Preußen. Neben dem Militärwesen betrifft dies den Gesamtbereich der Außenpolitik, die Post, weite Teile der Wirtschaft und des Verkehrwesens, die Münz-, Maß- und Gewichtsordnung, größere Bereiche der Rechtsordnung und des Gerichtswesens, das Gesundheitswesen und die Presse.

1867

Mit der Uraufführung des Oratoriums „Die Legende von der heiligen Elisabeth” von Franz Liszt unter der Leitung des Komponisten im wiederaufgebauten Festsaal des Palas wird auf der Wartburg die 800-Jahr-Feier der Burg begangen.

1867

Auf dem IV.Vereinstag des Verbandes deutscher Arbeitervereine in Gera wird der Liberal-demokratische Einfluß weiter zu Gunsten der marxistisch orientierten Kräfte zurückgedrängt (Wahl August Bebels zum Präsidenten).

1868

Das erste Violinenkonzert von Max Bruch (1867-70 Leiter der dortigen Hofkapelle) wird in Sondershausen aufgeführt.

1869

Konrad Duden, Herausgeber des „Vollständigen orthographischen Wörterbuchs der deutschen Sprache”, wird Direktor des Gymnasiums Rutheneum in Schleiz.

1869

Gründungsparteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Eisenach.

1870

Mit der Eisenbahnstrecke Gotha-Langensalza-Mühlhausen-Leinefelde und der 1869 eingeweihten Strecke Erfurt-Sondershausen-Wolkramshausen (Nordhausen) bestehen zwei wichtige Nord-Süd-Verbindungen, die im Norden Thüringens auf die 1866/67 erbaute Linie Halle-Nordhausen-Heiligenstadt treffen.

1870

19.Juli: Der Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges ruft eine Welle der nationalen Begeisterung hervor. Im Krieg verlieren etwa 2600 Thüringer ihr Leben.

1871 – 1918
Thüringen im Deutschen Kaiserreich

1871

Beitritt der Thüringer Staaten zum Deutschen Reich.

1872

Beginn der Umgestaltung des Parks am Greizer Schloßberg zu einem Landschaftspark.

1872

Eduard Lingel gründet in Erfurt eine Schuhfabrik und entwickelt sich zum wichtigsten Unternehmen der Erfurter Schuhproduktion.

1873

Ein Reichsgesetz hebt den Festungscharakter Erfurts auf. Die Abtragung der Befestigungswerke ermöglicht ein ungehemmte Ausdehnung der Stadt und eine rasche Zunahme ihrer Einwohnerzahl.

1873

In Unterwellenborn (bei Saalfeld) wird der erste Hochofen der „Maximilianshütte” angeblasen. Grundlage der Verhüttung bildet zunächst das Eisenerz des benachbarten Großkamsdorfer Reviers.

1874

Mit einer Aufführung von Shakespeares „Julius Caesar” in Berlin beginnt das Meininger Theater eine seiner aufsehenerregenden Gastspielreisen.

1874

Am 2.Juli verstirbt der niederdeutsche Dichter Fritz Reuter in Eisenach.

1875

Abschluß der Bauarbeiten am neuen neugotischen Erfurter Rathaus.

1875

Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands in Gotha.
Das „Gothaer Programm” das lassalleanisch und marxistische Elemente verbindet wird verabschiedet.

1876

Theodor Hagen übernimmt die Leitung der Weimarer Kunstschule, die insbesondere mit ihrer Landschaftsfreilichtmalerei weiteres Ansehen gewinnt. Zu ihren nahmhaftesten Vertretern -als Lehrer und in Weimar lebende freie Künstler -zählen: Albert Brendel, Paul Baum, Leopold von Kalckreuth, Paul Tübbecke und Christian Rohlfs.

1876

Die Weimar-Geraer-Bahn über Jena wird eingeweiht.

1876

9.bis 13.September: In Erfurt findet die „Allgemeine deutsche Gartenbauausstellung” statt. Sie ist Ausweis für die Leistungsfähigkeit Erfurts als Standort der Kunst- und Handelsgärtnerei. Vor allem die Firmen Schmidt, Benary und Chrestensen besitzen Weltgeltung (Zucht von Gemüse, Blumen und Blumensamen).

1880

Hans von Bülow, international bekannter Pianist und Dirigent, wird an die Meininger Hofkapelle berufen. Sein Nachfolger wird 1885 der 21 jährige Richard Strauß (bis 1886).

1882

Die Statistik weist hinsichtlich der Verteilung der Arbeitskräfte auf die einzelnen volkswirtschaftlichen Bereiche folgende Werte aus:
Land- und Forstwirtschaft = 41% (sinkt bis 1895 auf 35,5%)
Industrie = 44,9%
Handel und Verkehr = 7,8%
Sonstiges = 6,3 %

1882

Der Glaschemiker Otto Schott siedelt sich in Jena an. In Zusammenarbeit mit Abbe und Zeiss arbeitet Schott an der Verbesserung von optischem Glas und Geräteglas. Sein 1884 in Jena gegründetes „Glastechnisches Laboratorium Schott & Genossen” wird zum Hauptproduzenten von optischem Glas in Deutschland.

1882

Die „Königliche Eisenbahn-Direktion” Erfurt zur Verwaltung der preußischen Staatsbahnen in Thüringen entsteht.

1883

Die in der ersten Hälfte des 19.Jh. begonnene Verdrängung des Laubwaldes durch den Nadelwald hat in einigen Gebieten zur Fichtenwaldmonukultur geführt.

1883

Erfurt erhält als erste thüringische Stadt ein örtliches Telefonnetz.

1887

Beginn des grundlegenden Umbaus des Erfurter Hauptbahnhofs (Abschluß 1893).

1887

Am 22.Juni verstibt die Schriftstellerin Marlitt (Eugenie John) in Arnstadt.
Ihre zumeist in der Zeischrift „Gartenlaube” in Fortsetzung erscheinenden Trivialromane gehören zu den Bestsellern ihrer Zeit.

1887

In Dermbach wird unter dem Vorsitz des Pfarrers Adolf Wuttig der „Thüringer Raiffeisenverband” gegründet.

1888

Das preußische Kriegsministerium erweitert die seit 1858 in Erfurt bestehende „Königliche Gewehrfabrik” zum bedeutensten Unternehmen der deutschen Rüstungsindustrie und damit zu einem der größten Industriebetriebe Thüringens.

1889

In Erfurt erscheint die erste Ausgabe der sozialdemokratischen „Thüringer Tribüne”.

1890

Auf ihrem Parteitag in Erfurt formiert sich die Sozialdemokratie nach dem Fall des Sozialistengesetzes neu. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands wird gegründet (SPD). Das „Gothaer Programm” wird durch das „Erfurter Programm” ersetzt. Es verbindet marxistische Programmatik mit einer Reihe realer und sozialpolitische Zielsetzungen.

1892

In Gera wird der elektrische Straßenbahnverkehr eröffnet (nach Halle zweite deutsche Stadt).

1893

Nach Versuchsbohrungen entsteht in Sondershausen mit der Gewerkschaft „Glückauf” das erste thüringische Bergbauunternehmen.

1893

Am 30.August findet in Jena das erste Fußballspiel in Thüringen „nach englischem Muster” statt.

1893

Richard Strauss, von 1889 bis 1894 Kapellmeister in Weimar, leitet die Uraufführung von Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel”.

1894

In Ilmenau entsteht auf Initiative der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt die „Großherzoglich-Sächsische Fachschule und Lehrwerkstatt für Glasinstrumentenmacher”.

1894

In Erfurt wird der erste feste Theaterbau (das spätere Opernhaus) im preußischen Thüringen eröffnet.

1894

Große Thüringer Gewerbeausstellung in Erfurt.

1895

Die preußische Staatsbahn erwirbt mit der Weimar-Geraer-Bahn, der Saalbahn und der Werrabahn weitere wichtige Bahnstrecken.

1896

24.Mai: Die Gründung des „Rennsteigvereins” zur touristischen Erschließung und wissenschaftlichen Erforschung des alten Höhenweges im Thüringer Wald ist Ausdruck einer weite Bevölkerungskreise erfassenden organisierten Wanderbewegung.

1896

18.Juni: Mit einem Festakt in Anwesenheit Wilhelm II. wird das „Kaiser-Wilhelm-Denkmal” am Kyffhäuser eingeweiht.

1898

Mit der Gründung der Firma Bothmann & Glück wird der Grundstein für den bedeutenden Gothaer Waggonbau gelegt.

1898

Heinrich Ehrhardt, Erfinder und Unternehmer („Rheinische Metallwarenfabrik” Düsseldorf), gründet in Eisenach eine Fahrzeugfabrik, die zunächst Fahrräder, Militärfahrzege und Lafetten, ab 1904 Personalkraftwagen („Dixi”) produziert. 1901 erwirbt er die Dreyse-Munitions- und Waffenfabrik in Sömmerda und wird zu einem der ersten und bedeutensten privaten Waffenproduzenten in Deutschland.

1900

Gegenüber 1871 ist die Bevölkerung Thüringens von rund 1,5 Millionen auf über 1,9 Millionen Menschen angewachsen. Den stärksten Bevölkerungs- zuwachs (meist mehr als 50%) verzeichnen die Industriegegenden um Erfurt, Gera, Apolda, Greiz und Sonneberg).

1900

1.Januar: Die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Deutschen Reich bringt für die thüringischen Staaten eine weitere Rechtsangleichung.

1900

Am 25.August verstirbt der Philosoph Friedrich Nietzsche in Weimar.

1901

5. Januar: Großherzog Carl Alexander, Symbolfigur des „silbernen Zeitalters” Weimars stirbt.

1901

Der Reformpädagoge Hermann Lietz gründet gründet das Landerziehungsheim Haubina (bei Hildburghausen). Sein Erziehungskonzept geht vom Zusammenleben von Schülern und Erziehern, der Verbindung von geistiger und körperlicher Betätigung und von der Vermittlung ethischer Werte aus.

1902

Der Belgier Henry van de Velde, als Architekt und Kunstgewerbler ein international führender Vertreter des Jugendstils, wird nach Weimar berufen.

1902

In Gera wird das neue Hoftheater fertiggestellt. Seine Architektur steht dem Jugendstil nahe.

1903

Das vom Reichstag verabschiedete Kinderarbeitsgesetz, das zahlreiche Maßnahmen gegen die Kinderarbeit enthält, verdankt sein Zustandekommen u.a. den katastrophalen Zuständen in der Heimindustrie Sachsen-Meiningens.

1904

Der Verband „Sächsisch-Thüringischer Webereien e.V.”, mit Sitz in Greiz, wird als erster großer regionaler Unternehmerverband gegründet.

1905

Die Gebrüder Gustav, Meinhard und Luis Strupp gründen in Verbindung mit der Diskonto-Gesellschaft Berlin die „Bank für Thüringen A.G.” in Meiningen.

1905

November: Die seit Sommer in der ostthüringischen und westsächsischen Textilindustrie für höhere Löhne und den Zehnstundenarbeitstag geführten Streiks werden ergebnislos abgebrochen. Es sind bisher die größten Arbeitskämpfe in Thüringen (35.000-40.000 Beteiligte). Erstmals wendet ein Unternehmerverband dabei das Mittel der Aussperrung an.

1906

Erfurt erreicht mit 100.000 Einwohnern als erste thüringische Stadt den Großstadtstatus.
Größte thüringische Städte: Gera (49.000), Altenburg (40.000), Gotha (39.000), Jena (38 000), Eisenach (38.000), Mühlhausen (35.000), Weimar (34.000).

1907

Gründung des Verbandes Thüringischer Industrieller (Sitz Weimar) als Regionalverband des Bundes der Industriellen (ab 1922/23 Verband der Mitteldeutschen Industrie).

1907

12.Januar: Im Ergebnis der Reichtagswahlen gibt es in Thüringen einen Rechtsruck.

1907

In den Tuffkalkbrüchen von Ehringsdorf wird eine altsteinzeitliche Feuerstelle entdeckt. Neben Werkzeugen und tierischen und pflanzlichen Nahrungsresten werden bis 1914 auch menschliche Knochen freigelegt, die den Präneantertalern zuzuordnen sind.

1908

Die 1906 in Berlin gegründeten Mercedes Büromaschinenweke GmbH verlegen ihre Produktion nach Mehlis (bei Suhl).

1908

Ein in ganz Deutschland Aufsehen hervorrufendes neues Volksschulgesetz in Sachsen-Meiningen setzt die völlige Trennung von Kirche und Schule durch (keine Aufsichtsrechte der Kirche mehr).

1911

Gründung des Verbandes mitteldeutscher Industrieller (Frankfurt/Main) als Regionalverband des Bundes der Industriellen. Ihm schließen sich vor allem industrielle Unternehmer des preußsichen Thüringen an.

1911

1.Dezember: Max Reger wird zum Leiter der Meininger Hofkapelle berufen (bis 1914). Das Orchester erneuert seinen Ruf als eines der Besten in Deutschland.

1912

Die Sozialdemokratie ist mit 10 Mandaten (47,3%) Gewinner der Reichtagswahlen.
Drei Mandate gehen an die Nationalliberalen, je eines an die Fortschrittliche Volkspartei, die Deutschkonservativen und das Zentrum.

1913

Etwa 7-8% der deutschen Braunkohleförderung stammt aus dem Meuselwitz-Rositzer Revier des Altenburger Ostkreises.

1914

An den von der Sozialdemokratie organisierten Protestaktionen gegen den drohenden Krieg in den meisten größeren Städten Thüringens (Erfurt, Gera, Greiz, Jena, Langensalza, Mühlhausen, Nordhausen) beteiligen sich jeweils bis zu 4.000 Teilnehmern.

1914

2.August: Der Eintritt Deutschlands in den1.Weltkrieg (1.Mobilmachungstag) ruft auch in Thüringen in der Bevölkerung eine Welle nationaler Begeisterung hervor, in die sich Chauvinismus und Hurrapatriotismus mischen.

1915

An der Jenaer Universität veranlaßt Ernst Haeckel und gleichgesinnte Kollegen die Entfernung des Holder-Bildes „Aufbruch der Jenaer Studenten 1813” wegen der „deutschfeindlichen Gesinnung” des Schweizer Künstlers.
Die Uni sammelt Kriegsschriften und legt ein „Kriegs-Archiv” zur „geistigen Kriegsarbeit” an.
Eine „Professoren Denkschrift” wird von namhaften Hochschullehrern verfasst, in der sie sich für ein maximales deutsches Kriegszielprogramm einsetzen.

1916

24.März: 18 Reichstagsabgeordnete der SPD verweigern erneut die Zustimmung zu den Kriegskrediten. Nach ihrem Ausschluß aus der Reichstagsfraktion bilden sie die „Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft”, der auch 3 thüringische Abgeordnete angehören.

1916

In Jena und Gera kommt es zu Demonstrationen für soziale Verbesserungen und zur Beendigung des Krieges.

1917

6.-8.April: Gründungsparteitag der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) in Gotha. Sie erlebt in den thüringischen Gebieten raschen Mitgliederzulauf. Von den weit links stehenden Gruppierungen innerhalb der USPD verfügt die Spartakusgruppe in den wichtigen Industriestandorten Erfurt, Gotha, und Jena über größeren Einfluß.

1917

31.Juli: In Gera stürmen und plündern hungernde Frauen Lebensmittelläden. Auch in anderen Städten kommt es zu Hungerrevolten.

1918

An der deutschen Frühjahrsoffensive sind in starken Maße thüringische Regimenter beteiligt. Insgesamt verlieren im 1.Weltkrieg nahezu 4.000 Soldaten aus den thüringischen Staaten das Leben.

1918

Die Anlagen der DEA, Deutsche Erdölwerke AG in Rositzu bei Altenburg nehmen die Produktion von Dieselöl aus Braunkohle auf.

1918

August-Oktober: 4.500 Menschen in den thüringischen Staaten fallen bei unzureichender Ernährungslage einer Grippewelle zum Opfer.

1918 – 1933
Thüringen in der Weimaer Republik

1918

7.November: Erster thüringischer Arbeiterrat in Eisenach.

1918

9./10. November: Abdankung Kaiser Wilhelms II. Streik, Demonstrationen und Bildung von Arbeiter und Soldatenräten in den Residenzstädten Gotha, Weimar, Altenburg, Gera, Greiz, Rudolstadt, Sondershausen, Meiningen und Coburg, sowie in Erfurt als Sitz des preußischen Regierungspräsidenten. Abdankung der thüringischen Fürstenhäuser nach dem Sturz der Hohenzollern-Monarchie.

1918

30. November: Das Reichswahlgesetz faßt die Gebiete der thüringischen Einzelstaaten, des Regierungsbezirkes Erfurt (Provinz Sachsen) und des ebenfalls preußischen Kreises Schmalkalden (Provinz Hessen-Nassau/Regierungsbezirk Kassel) zum Wahlkreis 36 (seit 1920 Reichstagswahlkreis 12) zusammen.

1919

2.Januar: Zwei Tage nach der Berliner Gründungsversammlung konstituiert sich im preußischen Erfurt die erste thüringische KPD-Ortsgruppe (Kommunistische Partei Deutschlands).

1919

14.Januar: Beschluß der Berliner Volksbeauftragten-Regierung, die Verfassungsgebende Versammlung nach Weimar einzuberufen.

1919

Der neuberufene Generalintendant Ernst Hardt (bis 1924 im Amt) erklärt das Hoftheater Weimar zu „Deutschen Nationaltheater”.

1919

6.Februar: Tagung der Nationalversammlung in Weimar, Gründung der Weimarer Republik.

1919

9.Februar: Ein konterrevolutionärer Putschversuch in Erfurt scheitert am Widerstand der „Volkswehr”.

1919

19.Februar: Bildung des Freikorps „Thüringen” durch den Erfurter Garnisonskommandanten und mit finanzieller Unterstützung Erfurter Industrieller und Bürgergruppen.

1919

25.Februar: Gründung des Dachvereins „Volkshochschule Thüringen” in den Räumen der Firma Carl Zeiss Jena.

1919

Am Ende ihrer Herrschaft existieren zwei Reuß`schen Linien: Reuß ältere Linie und Reuß jüngere Linie. Als Volksstaat Reuß treten sie 1920 dem Land Thüringen bei.

1919

12.April: Staatsvertrag über die Trennung der Freistaaten Coburg und Gotha.

1919

13.April: Erster Reichsparteitag der DVP (Deutschen Volkspartei unter der Leitung von Gustav Stresemann in Jena.

1919

14.April: Walter Gropius, Direktor der Weimarer Kunst- und Gewerbeschule, vereinigt beide Einrichtungen zum „Staatlichen Bauhaus” Weimar.

1919

10.-15.Juni: Weimaer Reichsparteitag der SPD.

1919

11.August: Reichspräsident Ebert unterzeichnet in Schwarzburg die Weimarer Reichsverfassung.

1919

19.November: Der Staatsrat von Thüringen tritt zu seiner ersten ordentlichen Sitzung zusammen.

1919

30.November: Volkaabstimmung im Freistaat Coburg. Mit Stimmenmehrheit entscheiden sich die Bürger für den Anschluß an Bayern.

1920

13.-17.März: Kapp-Lüttwitz-Putsch gegen die Reichsregierung zur Errichtung einer Militärdiktatur.

1920

Gründung des Landes Thüringen (01.05.1920) aus 7 Nachfolgestaaten ohne Anschluß des preußischen Regierungsbezirkes Erfurt.
Der Kreis Coburg entscheidet sich für Bayern.
Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen schließen sich dem Land Thüringen an.

1920

Die Altenburger Regierung übergibt die Leuchtenburg bei Kahla dem Jenaer „Zweigausschuß für deutsche Jugendherbergen”.

1920

Tagung des Reichsverbandes des Deutschen Handwerks in Jena.

1920

30.November: Im preußischen Thüringen tritt die Verfassung des Freistaates Preußen in Kraft.

1920/33

Schmalkalden ist als Landkreis eine preußische Enklave des Regierungsbezirkes Kassel.

1921

Gründung der Deutschen Kaliindustrie AG durch den Wintershall-Konzern, der in den nächsten Jahren die Kaligruben Bischofferode, Sondershausen und im Werratal erwirbt.

1921

Verabschiedung der Verfassung des Landes Thüringen.

1921

7.April: Gesetz über das Landeswappen mit sieben Sternen als Symbol für die im Land Thüringen aufgegangenen Staaten.

1921

7.Oktober: Bildung einer KPD-tolerierten SPD-USPD-Regierung unter August Fröhlich und dem Volksbildungsminister Max Greil (USPD/SPD), der eine entscheidente Schulrefom initiiert.

1922

Neue Kreisordnung und -einteilung Thüringens in 9 Stadtkreise und 15 Landkreise.

1922

15.Juli: Die NSDAP (National Sozialistische Deutsche Arbeiter Partei) wird im Land Thüringen verboten.

1922

24.September: Einweihung des von Gropius und den Bauhaus Werkstätten umgebauten Jenaer Stadttheaters.

1922

20.Dezember: Gründung der Thüringischen Staatsbank Weimar.

1923

Gründung der Reichszentralstelle für Erdbebenforschung in Jena.

1923

Juli/August: Demonstrations- und Kundgebungswelle der KPD in Thüringen darunter ein Reichskinderkongreß in Gotha (20.-23.Juli).

1923

Oktober/November: Höhepunkt der Inflation; wöchendliche Steigerungsraten der Geldentwertung und Teuerung von bis zu 600 Prozent.

1923

6.-8.November: Reichswehreinmarsch in Thüringen. Reichsexekution gegen die Thüringer SPD/KPD-Regierung.

1923

15.November: Reichsweite Einführung der Rentenmark als Beginn der zeitweise mit drastischem Sozialrechtsabbau und Massenarbeitslosigkeit verbundenen Währungsstabilisierung.

1923

14.Dezember: Landtagsauflösung.

1924

Rechtsbürgerliche Kreise inszinieren in Weimar eine betont republikdistanzierte „Reichsgründungsfeier”.

1924

Der Jenaer Neurologe Hans Berger legt mit der Entdeckung biolektrischer Ströme im menschlichen Gehirn und der Entwicklung des Elektroenzephalogramms die Grundlagen moderner neurologischer Diagnostik und der Neuropsychologie.

1924

10.Februar: Wahlen zum III. Landtag von Thüringen mit Wahlsieg des „Ordnungsbundes” ,35 Mandate (SPD 17, KPD 13, Völkische Liste 7); damit zieht erstmals eine völkisch-nationalsozialistische Gruppierung in den Landtag ein.

1924

6.Juli: In der Thüringer-Wald-Gemeinde Schnett gründen Kommunisten des Hildburghäuser Gebietes die erste Ortsgruppe des seit Ende Juli von Halle-Merseburg aus reichsweit organisierten Roten Frontkämpferbundes.
Am 22.August wird in Jena der Rote Jungsturm als Jugendorganisation des Roten Frontkämpferbundes gegründet.

1925

Zwischen Jena und Kahla erste UKW-Übertragung der Welt durch den Physiker Abraham Esau.

1925

Mantelverträge des Reichswehrministeriums mit den laut Versailler Vertrag für Rüstungsproduktion zugelassenen Unternehmen Zeiss (Jena), Rheinmetall (Sömmerda), Thiel (Rhula), Simson (Suhl) und Dixi-Fahrzeugwerke (Eisenach).

1925/26

Eröffnung der Zeiss-Planetarien in München und Jena.

1925

Gründung des NSDAP-Gaues Thüringen mit A.Dinter als Gauleiter und F.Saukel als Geschäftsführer.

1925

A.Hitler tritt erstmals öffendlich in Weimar (hier bis 1945 über 40 Aufenthalte) auf, im November auch in Jena und Gera.

1925

Das Weimarer Bauhaus löst sich unter dem Druck der Rechtskreise und der neuen Landesregierung auf und siedelt als kommunale Einrichtung nach Dessau um.

1925

12.April: In Elgersburg wird ein Kinderheim der Roten Hilfe Deutschlands durch deren Vorsitzenden Wilhelm Pieck eingeweiht.

1925

25.Mai: Eröffnung des Flughafens Erfurt-Ilversgehofen.

1926

Der Physiker Hans Busch entwickelt in Jena die Grundlagen der Elektronenmikroskopie.

1926/27

Gründung der Mercedes-Büromaschinen AG Berlin/Zella-Mehlis.

1927

30.September: Sauckel wird thüringischer NSDAP-Gauleiter.

1928

Die Bayrischen Motorenwerke (BMW) übernehmen die Dixi Fahrzeugwerke Eisenach.

1929

Umwandlung des Erfurter Pädagogicums zur Pädagogischen Akademie (1932 wieder aufgelöst).

1930

Wilhelm Frick (NSDAP) wird in Thüringen Innen- und Volksbildungsminister.

1930

25./26.September: Die Landesregierung verbietet den Landes- und Kommunalbeamten jegliche Betätigung für kommunistische Organisationen.

1931

Die Maxhütte Unterwellenborn wird Teil des Flick-Konzerns.

1932

Letzte freie Wahlen zum 6. Thüringer Landtag.

1933 – 1945
Thüringen in der Nationalsozialistischen Zeit

1932/33

Fritz Sauckel (NSDAP) wird Ministerpräsident, später Reichsstatthalter von Thüringen.

1933

Verlust der Thüringer Eigenstaatlichkeit.

1933

27./28.Februar: Reichstagsbrand und Verordnung „Zum Schutz von Volk und Staat”; die Verfassungs-Grundrechte werden außer Kraft gesetzt; Dauerausnahmezustand bis 1945; faktische Illegalität der KPD; Beginn von Massenverhaftungen und -internierung.
Den zuerst gegen führende Kommunisten, dann auch gegen andere Hitler-Gegner gerichteten Verhaftungswellen vom März bis Juni 1933 fällt ein großer Teil der KPD-Abgeordneten und Funktionäre zum Opfer (ca.1000, davon allein 106 in Erfurt).

1933

Amtsenthebung sozialdemokratischer Pädagogen, Beamter und Angestellter. Auflösung aller Arbeiter-Turn-und-Sportvereine im Land Thüringen.

1933

1.-3.April: Reichsweiter Boykott jüdischer Geschäfte durch SA und SS.

1933

2/10.Mai: Zerschlagung der Gewerkschaften, Besetzung der Gewerkschaftshäuser und Verhaftung von Gewerkschaftsfunktionären.

1933

Juni: Die Schulen des Landes Thüringen werden vepflichtet, ihre erbkranken und körperbehinderten Schüler zu melden.

1933

August: Gesetz über ein neues Thüringisches Landeswappen mit Hakenkreuz.

1934

Gesetz über den Neuafbau des Reiches; die Länder-Hoheitsrechte fallen an das Reich; Länderregierungen und Reichsstadthalter unterstehen der Reichsregierung; die preußischen Ministerien werden 1934/35 mit den Reichsministerien vereinigt.

1934

Ausschaltung der SA als eigenständige politische Kraft („Röhm-Putsch”).
Das KZ Sulza wird der SS unterstellt.

1935

„Arisierung” der Berlin-Erfurter Maschinenfabrik Henry Pels & Co. durch die Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken AG.

1935

Das Reichs-Arbeitsbuchgesetz zur Bindung der Arbeitskräfte an die Betriebe wird eingeführt.

1935

Einführung der zweijährigen Wehr- und der sechsmonatigen Arbeitsdienstpflicht für Männer.

1935

15.September: Verkündung der Nürnberger Rasse-Gesetze gegen jüdische Bürger.

1935

Weitere Enteignung „Arisierung” jüdischer Betriebe, Geschäfte und Privatvermögens. Wie der erzwungene Verkauf der „Berlin-Suhler Waffen- und Fahrzeugwerke” der Gebrüder Simson (Suhl).

1936

Der Inspekteur der Konzentrationslager, Theodor Eicke, stimmt der Verlegung des KZ Lichtenburg nach Thüringen und dem Aufbau eines neuen Massenlagers zu.

1937

16Juli: Erster Häftlingstransport und beginnenter Aufbau des KZ Buchenwald bei Weimar.
Das KZ wird unter den SS-Kommandanten Karl Koch (1937-41) und Hermann Pister (1941-45) zu einem Massenlager ausgebaut (mit bis zu 5000 Mann SS-Wachen).
Zunächst werden politische Häftlinge interniert, später kommen Kriminelle, „Zeugen Jehovas”, sog. Asoziale, Zigeuner, Juden und Homosexuelle hinzu. Ab 1939 erfolgen Masseneinlieferungen von Kriegsgefangenen, Zivilverschleppten sowie politischen Gegnern aus den okkupierten Ländern. Insgesamt werden hier und in den Außenlagern bis 1945 etwa 238 000 Menschen aus 35 Nationen gefangengehalten und über 56 000 Menschen ermordet.
Die Verbrennungsöfen des Krematoriums Buchenwald (wie die der übrigen Todes- und Vernichtungslager) werden von der Erfurter Firma Topf & Söhne geliefert.
Seit 1942 wird das Großlager mit seinen zeitweie 136 mitteldeutschen Nebenlagern in die Rüstungsproduktion der SS und privater Unternehmen einbezogen. Auf dem Ettersberg werden große Rüstungswerke der Gustloff-Stiftung und der SS errichtet.
Die von der SS eingerichtete innere Häftlingsverwaltung befindet sich ab 1942 weitestgehend in der Hand kommunistischer Funktionshäftlinge und eines illegalen Internationalen Lagerkomitees, die auch die Selbstbefreiung des KZ am 11.April 1945 vorbereiten und durchführen.

1938

„Arisierung” der Gothaer Waggonfabrik Orenstein & Koppel.

1938

Einführung eines land- und hauswirtschaftlichen „Pflichtjahres” für ledige Frauen unter 25 Jahren.

1938

2.März: Eine vom Gauwirtschaftsberater Eberhardt geleitete „Arisierungskommission” koordiniert die Enteignung jüdischen Vermögen und Betriebe im Gau Thüringen.

1938

13.-19.Juli: Im Rahmen der „Aktion Arbeitsscheue Reich” werden 2378 Männer, darunter viele durch Berufsverbote mittellos gewordene oder als „vorbestraft” eingestufte Juden, in das KZ Buchenwald eingeliefert.

1938

9/10.November: Von Goebbels organisierter reichsweiter Massenprogrom gegen Juden („Reichskristallnacht”). Auch in Thüringen werden die meisten Synagogen und viele jüdische Geschäfte zerstört.
Es folgt eine bis dahin beispiellose Diskreminierungs-, Ausgrenzungs-, Enteignungs- und Verhaftungswelle, in deren Verlauf über 26.000 jüdische Männer (davon 1200 aus Thüringen) in die KZ Buchenwald, Sachsenhausen und Dachau deportiert und häufig umgebracht werden. Wende der zur systematischen, bürokratisch organisierten „Entjudung” Deutschlands, die sich während des Krieges zum Holocaust steigert.

1939

1.September: Überfall auf Polen und Kriegsbeginn.

1940

Grundsatzberatung Sauckels mit Kreisleitern, Landräten und Wirtschaftsvertretern über die Wirtschafts-, Ernährungs- und Arbeitseinsatzlage im Gau Thüringen. Einsatz von Jugendlichen und Frauen in der Rüstungsindustrie Zwangseinsatz polnischer Arbeiter.

1941

Bruch des „Hitler-Stalin- Nichtangriffspakt” und Überfall auf die UdSSR.

1942

Januar: Beginn der Zusammenarbeit der kommunistischen Widerstandsgruppe um Theodor Neubauer und Magnus Poser.
Neubauer hat nach seiner Haftentlassung 1939 von Tabarz aus die Verbindung zu Widerstandsgruppen u.a. In Ruhla, Gotha, Eisenach, Erfurt, Langensalza und Mühlhausen hergestellt. Poser hat seit seiner Haftentlassung 1936 Untergrundstrukturen in Jena Bad Salzungen, Zelle-Mehlis, Suhl, Erfurt und Weimar geschaffen. Die Neubauer-Poser-Gruppe baut bis 1943 ein Verbindungsnetz in etwa 40 Thüringer Orten und mit überregionalen Kontakten zur Berliner Saefkow-Gruppe, der Danz-Schwantes-Gruppe (Magdeburg) und der Schumann-Engert-Kresse-Gruppe (Leipzig/Altenburg auf und führt zahlreiche Flugblatt- und Widerstandsaktionen gegen das Hitlerregime durch.
Neubauer und Poser werden am 14.7.1944 verhaftet. Poser kommt nach einem Fluchtversuch aus Weimarer Gestapohaft 1944 im KZ Buchenwald ums Leben. Neubauer wird 1945 hingerichtet.

1942

Befehle Himmlers zur Errichtung von SS-Rüstungbetrieben bei den KZ Buchenwald und Neuengamme.

1943

27.Januar: Verordnung über den „Arbeitseinsatz der nichtarbeitenden Bevölkerung in der Kriegswirtschaft” : Melde- und Arbeitsdienstpflicht für Männer von 16 bis 65 und Frauen von 17 bis 43 Jahren.

1943

Baubeginn für ein unterirdisches Raketenwerk (V2-Waffen) in Stollenanlagen nahe Nordhausen unter Regie der SS.
Gründung der „Mittelbau GmbH” und des Buchenwald-Außenlagers „Dora”.
Das Großprojekt wird zum Reichs-Testfall für den eigens gebildeten SS-Baustab und den Masseneinsatz von KZ-Häftlingen in der unterirdischen Rüstungsindustrie, „Dora-Mittelbau” zum berüchtigsten Todes- und Außenlager Buchenwalds. Insgesamt kommen in den für die Raketenwerke arbeitenden Lagern 1943-45 etwa 16.000 Menschen ums Leben.

1944

Umorganisation der preußischen Provinz Sachsen.
Zuordnung des preußischen Regierungsbezirkes Erfurt (incl. des Landkreises Schmalkalden) ab 01.07. zu Thüringen.

1944

18.August: Der seit 1933, zuletzt in Bautzen, inhaftierte KPD-Führer Ernst Thälmann wird auf Befehl Himmlers im KZ Buchenwald erschossen.

1944

Verordnung über die 60-Stunden-Arbeitswoche.

1944

November Im Gebiet des ehem.Truppenübungsplatzes Ohrdruf Errichtung des Sonderlagers III zum Bau unterirdischer Anlagen (für die Rüstungsindustrie oder Reichs-Dienststellen) im Jonastal. In diesem, neben „Dora” berüchtigsten Außenlager des KZ Buchenwald waren im Dezember bereits über 10.000 Häftlinge im Einsatz. Hier bzw. auf den Evakuierungsmärschen vom April 1945 kommen fast 7000 Häftlinge ums Leben.

1945

Schwere Zerstörungen Thüringer Städte durch Luftangriffe.

1945

1. April: Beginn der amerikanischen Besetzung Thüringens im Gebiet von Rhön und Werra und sukzessive Flucht der NS-Führungsclique.

1945 – 1949
Thüringen in der Nachkriegszeit

1945

April: Befreiung und Besetzung Thüringens durch amerikanische Truppen.

1945

4.April: Befreiung des KZ-Außenlagers Ohrdruf.

1945

11.April: Amerikanische Truppen besetzen das evakuierte KZ „Mittelbau-Dora” und die unterirdischen Raketen-Produktionsstätten bei Nordhausen.
Spezialeinheiten können hier komplette Raketen und umfangreiche Produktionsunterlagen als Kriegsbeute abtransportieren.

1945

11.April: US-Truppen entdecken und beschlagnahmen die in den Kalischächten bei Merkers ausgelagerten Goldreserven des Dritten Reiches.

1945

11.April: Selbstbefreiung des KZ-Buchenwald durch die vom internationalen Lagerkomitee geführten Häftlinge. Sie übernehmen die Kontrolle über das Lager und übergeben es den einrückenden US-Truppen.

1945

12.April: Freiheitsapell der überlebenden 21.000 Häftlinge des KZ Buchenwald.

1945

Der westalliierte Oberkommandierende Eisenhower besichtigt Merkers und das KZ-Außenlager Ohrdruf.

1945

16.April: Auf Befehl des Befehlshabers der 3. US-Armee, General Paton, besichtigen etwa 1000 Einwohner Weimars das KZ Buchenwald. Bis Ende Mai werden täglich mehrere Hundert Weimarer zu Aufräumungsarbeiten und zum Bergen der Leichen in das Lager befohlen.

1945

19.April: Trauerkundgebung der ehemaligen Buchenwald Häftlinge für die mehr als 56.000 Opfer des Lagers und seiner Außenkommandos.
„Schwur von Buchenwald” für eine antifaschistische Nachkriegsordnung.

1945

19.April: Der geflohene Gauleiter Sauckel wird von den Amerikanern verhaftet. Er wird in Nürnberg als Hauptkriegsverbrecher angeklagt, zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet.

1945

7.-9.Mai: Bedingungslose Kapitulation der Wehrmachtführung durch Jodl in Reims und Keitel in Berlin.

1945

9.Juni: Hermann L. Brill (ehem.Buchenwaldhäftling, SPD) wird von Colonel Hatch zum vorläufigen Regierungspräsidenten der „Provinz Thüringen” (Land Thüringen, Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Schmalkalden sowie die besetzten westsächsischen Kreise) ernannt und mit der Regierungsbildung beauftragt.

1945

23.Juni-1.Juli: Evakuierug von 84 leitenten Mitarbeitern der Jenaer Zeiss- und Schott-Betriebe sowie 80 Wissenschaftlern (18 Professoren) der Universität in die amerikanische Besatzungszone („we take the brain”- „wir nehmen uns die Köpfe”).

1945

1.-6.Juli: Besatzungswechsel: die amerikanischen Truppen rücken nach Westen ab, die sowjetischen schrittweise in Thüringen ein.

1945

8.Juli: Auf Grundlage eines Befehls der swjetischen Militäradministration (SMAD) werden in Thüringen antifaschistisch Parteien zugelassen.

1945

21.August: In das vom NKWD (sowj.Geheimdienst) im ehem. KZ Buchenwald eingerichtete sowj. Internierungslager („Spezlager Nr.2”) werden die ersten Häftlinge eingeliefert. Bis zur Auflösung des Lagers 1950 werden hier ca. 30.000 Häftlinge interniert, von denen etwa 7000 ums Leben kommen.

1945

28.August: Wiedereröffnung des 1942 geschlossenen Goethe-Nationalmuseums in Weimar.

1945

Das Obereichsfeld kommt unter sowjetische Verwaltung. Bildung eines Landkreises Eichsfeld. Nachfolgend Bildung von zwei Kreisen, Heiligenstadt und Worbis.
Im Juni Eingliederung mehrerer (altthüringischer) preußischer Gebietsteile nach Thüringen. Eingliederung der Städte Nordhausen und Mühlhausen in das Land Thüringen.

1945

Wiederaufnahme des Schulbetriebes in Thüringen.

1945

7.Oktober: Wiederbeginn der Hauptspielzeit des Deutschen Nationaltheaters Weimar (bis 1948 in der Weimarhalle).

1945

Erste „Freie Märkte” in Greiz, Erfurt, Suhl und Weimar.

1945

1.Dezember: Der Landessender Thüringen nimmt in Weimar seine Tätigkeit auf.

1945

15.Oktober: Wiedereröffnung der Universität Jena (als erste in der SBZ).

1945

16.November: 1. Nachkriegs-Sinfoniekonzert der Weimarischen Staatskapelle unter Hermann Abendroth.

1946

7.April: Gründung der SED Landesorganisation (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, Zusammenschluß von SPD und KPD) in Gotha.

1946

2.Mai: Gesetz über den Neuaufbau der Organisation der gewerblichen Wirtschaft in Thüringen.

1946

25.Mai: Wiedereröffnung der Staatlichen Hochschule für Musik in Weimar.

1946

24.August: Offizielle Wiedereröffnung der Staatlichen Hochschule für Baukunst und Bildende Künste Weimar.

1946

20.Oktober: Wahlen zum Thüringer Landtag (SED/VdgB 50,5%, LDP 25,7%, CDU 18,2%).
Annahme der Verfassung (20.12.).
Bestätigung der Landesbildung.

1947

30.Mai: Gesetz zur Überführung der Bodenschätze und der Bergbauindustrie in Volkseigentum.

1947

1.September: Flucht des thüringischen Ministerpräsidenten Paul in die amerikanische Besatzungszone. Auftakt einer Fluchtwelle aus Thüringen.

1948

24.-28.Juni: Währungsreform in der SBZ.

1949 – 1990
Thüringen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)

1949

7.Oktober: Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).
Eingliederung Thüringens in die neugegründete DDR.

1950

Erfurt wird Regierungssitz für Thüringen.

1950

15.Oktober: Wahlen zum zweiten Thüringer Landtag nach Einheitsliste.

1951

Erfurt wird Sitz des Thüringer Landtages.

1952

Mai/Juni: Der Regierungsbeschluß zur Schaffung einer Demarkationslinie zu den Westsektoren wird auch in Thüringen beschlossen (10m Streifen, 500m Sperrzone, 5km Sperrgebiet).
Aus dem „Grenzgebiet” werden 2724 Bürger zwangsaugesiedelt. In der Folgezeit verlassen etwa 1700 Thüringer das Land in Richtung Westsektoren.

1952

Auflösung des Landes Thüringen (25.07.1952); Bildung der DDR-Bezirke Erfurt, Gera und Suhl mit 32 Landkreisen und die vier Stadtkreise Erfurt, Gera und Weimar (1967 erhält Suhl den Status eines Stadtkreises).

1953

17.Juni: Nach Norm- und Preiserhöhungen kommt es zu zu spontanen Streiks und Protesten. Zentren der massiven Proteste sind Erfurt, Mühlhausen, Nordhausen, Sömmerda, Weimar, Gera und Jena.
Bei der Niederschlagung der Proteste durch sowjetisches Militär kommt es zu 3 Todesopfern.

1953

17./18.Juni: Ein schweres Unwetter mit Hagelschlag vernichtet im Bezirk Erfurt etwa 10.300 ha Getreide, Hackfrüchte und andere Kulturen. Am stärksten sind die Kreise Heiligenstadt, Sondershausen und Worbis betroffen.

1953

6.August: Bildung der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar zur Wahrung, Pflege und Verbreitung des kulturellen Erbes, insbesondere von Goethe und Schiller.

1953

16.September: Eröffnung der Hochschule für Elektrotechnik in Ilmenau.

1954

Der SC Turbine Erfurt wird erstmals DDR-Fußballmeister.

1954

Juni: Arnstadt feiert sein 1250jähriges Jubiläum – erste urkundliche Erwähnung im Jahre 704. Die Kreisstadt gilt als älteste Stadt in der DDR.

1954

Die Vertreter des hohen Kommissars der UdSSR und ihre Mitarbeiter in den thüringischen Bezirken Erfurt, Gera und Suhl stellen ihre Tätigkeit ein.

1954

11.-13.Juli: Große Gebiete entlang der Elster, von Elsterberg über Greiz, Berga, Weida, Gera und Krossen werden von einem verheerenden Hochwasser überflutet. Einheiten der Sowjetarmee, NVA (Nationale Volksarmee), den Kampfgruppen, FDJ-Brigaden (Freie Deutsche Jugend) aus den Bezirken Erfurt, Suhl und Magdeburg, sowie zalreicher engagierter Bürger kämpfen gegen die Wassermassen. Die Bereitschaft der Bevölkerung in bezug auf Geld-,Sach- und Lebensmittelspenden ist groß.

1955

24.April: Der SC Turbine Erfurt wird erneut DDR-Fußballmeister.

1955

Mai: Schillerehrung in Weimar und Jena aus Anlaß des 150.Todestages des Dichters.

1955

8.September: Inbetriebnahme des Fernsehsenders auf dem Großen Inselsberg am Rennsteig im Thüringer Wald.

1956

29.Juni: Rückgabe von etwa 300 000 Bänden der Landesbibliothek Gotha durch die UdSSR.

1956

Juli: Heftige Unwetter führen in einigen Gegenden des Bezirkes Erfurt zu Hochwasserschäden und bereiten große Probleme bei der Bergung der Ernte.

1956

22.Oktober: Am Geburtstag von Franz Liszt erhält die Hochschule für Musik in Weimar den Namen des Komponisten verliehen.

1957

16.Juni: Eröffnung des Inlandflugverkehrs durch die Luftfahrtgesellschaft der DDR. Die erste Maschine der Strecke Berlin-Erfurt landet auf dem Erfurter Flughafen.

1958

14.September: Vor über 80.000 Menschen wird auf dem Ettersberg bei Weimar die „Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald” eingeweiht.
Sie dient der Erinnerung an die Greul der Nazis und dem Gedenken an die über 56.000 ermordeten Häftlinge im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald.

1959

Nach dem V.Parteitag der SED wird der „Eichsfeldplan” (1959-1965) zur wirtschaftlichen Förderung des industriell rückständigen Eichsfeldes (Kreise Heiligenstadt und Worbis) im Bezirk Erfurt beschlossen. Kernprojekt ist die Errichtung einer Baumwollspinnerei und Zwirnerei zur Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung.

1959

Schiller-Festwoche der DDR aus Anlaß des 200. Geburtstages des Dichters in Weimar.

1960

7.August: Ausscheidungswettkämpfe der Leichtathleten der DDR und BRD für die Olympischen Sommerspiele in Rom im Erfurter Georgi-Dimitroff-Stadion (heute Steigerwald-Stadion). Die 14 Wettkämpfe werden vor 40.000 Zuschauern ausgetragen.

1961

28.April: Eröffnung der ersten Internationalen Gartenbauausstellung (iga) der sozialistischen Länder in Erfurt. Die Ausstellung auf dem Gelände der ehem. Citadelle Cyriaksburg wurde in tausenden freiwilligen Aufbaustunden (NAW) durch die Erfurter Bevölkerung gestaltet.

1961

13.August: Die DDR-Regierung baut in Berlin und entlang der Staatsgrenze zur BRD die Grenzbefestigungen aus – Mauerbau. Die Errichtung des „Antifaschistischen Schutzwalles” wird mit der Sicherung der DDR vor imperialistischer Spionage und Sabotage begründet.
Mit dem Ausbau der Grenzanlagen wird auch in Thüringen das Grenzregime verschärft und die Lebensbedingungen der Menschen in den Grenzgebieten verschlechtern sich weiter. Am 3.Oktober erfolgt eine erneute Welle an Zwangsumsiedelungen aus Thüringer Grenzregionen.

1963

19.Mai: Dem Sportklub „Motor Steinach” gelingt als erste Manschaft aus dem Bezirk Suhl der Sprung in die Fußball-Oberliga.

1963

Oktober: Die Hochschule für Elektrotechnik Ilmenau wird der Status einer „Technischen Hochschule” verliehen.

1963

Oktober: Der erste Mensch im Weltall, der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin besucht bei seinem DDR Aufenthalt die thüringer Städte Erfurt, Gera und Suhl.

1964

23.Februar: Aus Anlaß der 15. Deutschen Meisterschaften in den nordischen Skidisziplinen wird vor 40.000 Zuschauern die neue Sprungschanze im Kanzlersgrund bei Oberhof auf den Namen „Schanze am Rennsteig” getauft.

1964

19.April: Shakespeare-Festwoche aus Anlaß des 400.Geburtstag des englischen Dramatikers und des 100jährigen Jubiläums der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft in Weimar.

1965

1.Januar: Der VEB Carl Zeiss Jena wird Leitbetrieb des wissenschaftlichen Gerätebaues/Optik in der DDR. Einleitung des Umbaues des Betriebes zu einem Kombinat. Das Kombinat VEB Carl Zeiss Jena umfaßte im Herbst 1986 24 Betriebe mit etwa 69.000 Arbeitern, Wissenschaftlern und Ingenieuren.

1966

19.Juli: Unwetter ziehen über Thüringen hinweg. Besonders stark betroffen ist die Gemeinde Küllstedt (Bezirk Erfurt, Kreis Worbis).

1967

27.März: Auf der Wartburg bei Eisenach findet eine Festveranstaltung zum 900jährigen Wartburgjubiläum statt. Persönlichkeiten aus 16 europäischen Staaten nehmen an der Veranstaltung teil.

1967

April: Auf dem VII.Parteitag der SED wird eine stärkere Industrieorientierung (insbesondere auf den Gebieten Mathematik und Naturwissenschaften) und die Zentralisierung universitärer Forschungseinrichtungen (3.Hochschulreform) gefordert.

1968

5.Oktober: Das Eckhoftheater im Schloß Friedensstein in Gotha wird wieder eröffnet.

1968

23.November: Das erste Schuhkombinat der DDR, das Kombinat „Paul Schäfer” in Erfurt, wird gegründet und spezialisiert sich auf Damenschuhe.

1969

2.Januar: Bildung des Großbetriebes VEB Fahrzeug- und Jagtwaffenwerk „Ernst Thälmann” Suhl mit 8000 Beschäftigten.

1969

1.April: Das Kombinat Zentronik Zella-Mehlis wird gegründet. Es handelt sich um das wichtigste Kombinat für den Bereich Elektronik in der DDR.
Ihm gehören u.a. an: VEB Büromaschinenwerk Sömmerda, Rechenmaschinenwerk Meiningen/Zella-Mehlis. 1978 wird es in das Kombinat Robotron eingegliedert.

1969

5.September: In Erfurt wird die Vereinigung der Pädagogischen Institute Erfurt und Mühlhausen zur Pädagogischen Hochschule „Dr. Theodor Neubauer” vollzogen.

1969

20./21.Oktober: In Pößneck wird langhaarigen Jugendlichen auf Anweisung des 1.und 2. Sekretärs der SED-Kreisleitung zwangsweise die Haare geschnitten. Das Vorgehen der Funktionäre steht im Wiederspruch zur offiziellen Politik der SED und führt zu Unruhen in der Bevölkerung. Die Funktionäre werden abgelöst.

1970

Der härteste Winter seit Jahren mit Schneemassen und hohen Verwehungen hat besonders den Bezirk Erfurt im Griff. Einheiten der Sowjetarmee und NVA werden zum Räumen von Straßen eingesetzt, in den Betrieben werden Sonderschichten gefahren um u.a. die Energieversorgung aufrecht zu erhalten. Am 6. März ist keine Gemeinde mehr von der Außenwelt abgeschnitten.

1970

19.März: Treffen zwischen dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Willi Stoph, und dem Bundeskanzler der BRD, Willy Brandt, in Erfurt, zur Verbesserung der innerdeutschen Beziehungen. Die Erfurter Bevölkerung ließ sich von den Polizeiabsperrungen nicht aufhalten und begrüßten Brandt auf dem Bahnhofsvorplatz vor dem Hotel „Erfurter Hof”.

1972

Auf einer Tagung in Neudietendorf bei Erfurt wird in einem Grundsatzpapier die „Offene Arbeit” unter dem Dach der evangelischen Kirche begründet und soll Jugendlichendie Möglichkeit einer freien Meinungsbildung ermöglicht werden. Das Zentrum der „Offenen Arbeit” in Braunsdorf entsteht bei Pfarrer Walter Schilling, der DDR-weit als Hauptrepräsentant dieser Bewegung gilt.

1976

4.Oktober: Der neue „Rennsteig-Express” wird auf dem Bahnhof in Suhl vorgestellt. Er befährt die Strecke Berlin-Halle-Erfurt-Oberhof-Suhl-Meinigen.

1976

19.November: Vom Staatsicherheitsdienst werden etwa 50 Jenaer Mitglieder der „Jungen Gemeinde” inhaftiert und in der Mehrzahl in die BRD ausgebürgert.

1977

23./24.Juni: Auf Beschluß der SED erfolgt die Gründung der Kombinates Mikroelektronik Erfurt, dem 22 Betriebe mit 52.000 Beschäftigten angehören.

1978

1.Januar: Eingliederung des Kombinates Zentronik in das Kombinat Mikroelektronik Dresden.

1978

14.Mai: Auf dem Pessefest der Zeitung „Das Volk” kommt es auf der Erfurter „iga” zu handfesten Auseinandersetzungen zwische Jugendlichen und der Polizei. Auf Festnahmen folgen Geld- und Freiheitsstrafen.

1980

Auf einer SED-Tagung in Gera stellt Erich Honecker an die neue SPD/FDP Regierung der BRD Bedingungen für eine Normalisierung der zwischenstaatlichen Beziehungen. Die „Geraer Forderungen” umfassen die Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft, den Austausch von Botschaftern, die Regelung des Grenzverlaufs auf der Elbe und die Auflösung der zentralen Erfassungsstelle in Salzgitter.

1981

13.November: Festwoche zum 150jährigen Bestehen des Meininger Theater.

1981

Dezember: Starke Schneebruchschäden im Bezirk Suhl. Die Bruchmenge entspricht dem fünfachen Jahreseinschlag bzw. 10% aller lebenden Holzvorräte des Bezirkes.

1982

12.Januar: Die „Junge Gemeinde” Jena initiiert einen „Appell für Abrüstung” der durch den „Berliner Appell” von Havemann und Eppelmann weitergeführt wird. In Jena werden acht Beteiligte verhaftet.

1983

7.Februar: 100jähriges Jubiläum des Oberhofer Brandleitetunnel unter dem Rennsteig. Der über 3 km lange Tunnel wird täglich von 35 Personen- und 32 Güterzügen befahren.

1983

21.April: Festakt auf der sanierten Wartburg zum 500. Geburtstag des Reformators Martin Luther.

1986

11.Februar: Aus dem Kombinat Mikroelektronik wird das Forschungszentrum Dresden herausgelöst und von Carl Zeiss Jena übernommen was in der Folgezeit zu Konkurenz bei der Herstellung von Speicherschaltkreisen führt. In Erfurt werden Chipfabriken gebaut.

1988

Juni: 21 Ausreisewillige besetzen den Erfurter Dom und drohen mit Hungerstreik. Der Staat bewilligt die sofortige Ausreise in die BRD.

1988

12.September: Das Kombinat VEB Carl Zeiss Jena stellt das erste Funktionsmuster eines IBM-Speichechips vor.

1988

14.August: Das Kombinat Mikroelektronik Erfurt stellt das erste funktionsfähige Muster eines in der DDR hergestellten 32-Bit-Mikroprozessors vor.

1989

Oktober/November: Von Leipzig ausgehend wird auch Thüringen von Massendemonstrationen und -protesten erfasst, die den Untergang der DDR einleiten. Bei den friedlichen Demonstrationenf fordern die Menschen unter dem Motto „Wir sind das Volk” mehr Demokratie, freie Wahlen, Reisefreiheit und Meinungsfreiheit.
26.10.: erste Großdemonstration in Erfurt mit etwa 25.000 Teilnehmern.
Größte Kundgebungen in Erfurt am 3. und 9.11. mit 80.000 bis 100.000 Teilnehmern auf dem Domplatz. Große Demonstrationen und Kundgebungen finden in Jena, Gera, Suhl, Nordhausen und Heiligenstadt statt.

1989

9.November: Die Staatsgrenze der DDR zur BRD wird geöffnet.

1990

Die ehemalige staatstragende Partei SED bildet sich in SED-PDS (PDS-Partei des Demokratischen Sozialismus) um, später nur PDS.

1990

18.März: Volkskammerwahlen in der DDR. Das konservative Wahlbündnis „Allianz für Deutschland” aus CDU, DSU und DA erringen einen hohen Sieg.

1990

Juli: Die Kreise Altenburg und Schmölln (Bezirk Leipzig/Sachsen) sprechen sich für eine Eingliederung in ein zukünftiges Land Thüringen aus

1990 –
Thüringen in der Bundesrepublik Deutschland (BRD)

1990

3.Oktober: Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der BRD. Auf dem ehemaligen Gebiet der DDR werden fünf Länder gebildet:
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.

1990

11.Oktober: Die Verträge über die Eingliederung der Kreise Altenburg und Schmölln in das Land Thüringen werden unterzeichnet.

1990

14.Oktober: Neubildung des Landes Thüringen, Hauptstadt wird Erfurt.
Die Landesfarben sind weiß-rot, als Landeswappen wird der Thüringer Löwe mit acht umgebenden Sternen bestimmt (Symbol für die Thüringer Gründungsstaaten).
25.10.: Konstituierende Sitzung des Thüringer Landtages im Nationaltheater Weimar.

1992

8.Juli: Mit der Verabschiedung des Thüringischen Hochschulgesetz darf sich die Technische Hochschule Ilmenau „Technische Universität” nennen.

1993

25.Oktober: Verabschiedung der Verfassung des Freistaates Thüringen auf einer Sondersitzung auf der Wartburg bei Eisenach.

1994

16.Oktober: Wahlen zum Thüringer Landtag: CDU 42%, SPD 29%, PDS 16,5%.

1999

12.September: Wahlen zum Thüringer Landtag: CDU 51 %, PDS 21,3%, SPD 18,5%. Wahlbeteiligung unter 60%.

2003

5.Juli: Eröffnung des Rennsteigtunnels auf der A71, mit fast 8 km der längste Autobahntunnel Deutschlands.

Quellen:
  • Prof.Dr.Jürgen John, Dr.Reinhard Jonscher, Dr.Heinz Mestrup, Prof.Dr. Axel Stelzner: Geschichte in Daten- Thüringen, Fourier Verlag GmbH 2003
  • Prof.Dr. Axel Stelzner: Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 2005
  • Sylvia Weigelt: Thüringen um 1200, Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 2007
  • http://www.thueringen.de/de/kulturell/geschichte/

 

Letzte Aktualisierung ( 16. 10. 2014 )